Eine Marcelli geht aufs Ganze
bewegte.
Also wenn er sich nicht plötzlich in einem alternativen Universum befand, was, zum Teufel, ging dann hier vor sich?
Er erkannte das Mädchen nicht, das ihm am Abendbrottisch gegenübersaß. Es sah aus wie seine Tochter, aber es klang nicht wie sie. Außerdem lächelte dieses Kind. Bis zu diesem Augenblick hätte er nicht einmal sagen können, ob Kelly überhaupt Zähne hatte.
»Ich bin froh, dass du Spaß hattest«, erwiderte er vorsichtig.
Francescas Lächeln schien zu sagen: »Ich hab's dir doch gesagt.« Sie zwinkerte ihm zu. »Die Grands lieben Kelly. Ich fürchte allerdings, sie könnte von dem ganzen Wangenkneifen blaue Flecken zurückbehalten.«
Kelly rieb sich die Wange. »Grandma Tessa kneift wirklich doll zu, aber sie ist trotzdem nett.«
»Das finde ich auch.« Sam füllte Lasagne auf. »Immerhin haben wir ihr dieses köstliche Abendessen zu verdanken.«
»Sie hätten uns was für die ganze Woche mitgegeben, wenn ich sie gelassen hätte«, sagte Francesca. »Als ich andeutete, dass du niemanden hast, der kochen kann, dachte ich, Grandma Tessa zieht hier gleich ein.«
»Grammy M hat die Scones gebacken«, erklärte Kelly. »Sie sind echt gut. Und die Kekse erst. Wir haben noch einen Kuchen als Nachtisch mitgebracht.«
Sam schüttelte den Kopf. Francesca konnte sich brüsten, soviel sie wollte, er würde sich nicht beschweren. Sie hatte hundertprozentig recht gehabt. Kelly war durch die großmütterliche Zuneigung und den Nachmittag in der Familie Marcelli wie ausgewechselt.
Er lächelte seine Tochter an. »Heute sind mehrere Kartons ins Büro geliefert worden. Ich schätze, es handelt sich um deine Sachen. Ich habe sie bereits in dein Zimmer gebracht.«
Kellys Augen weiteten sich. Sie sprang auf und zögerte dann. »Darf ich aufstehen?«
Sam wäre beinahe vom Stuhl gefallen. »Äh, sicher.«
Sie flog förmlich aus der Küche und die Treppe hinauf.
Verwirrt schaute Sam Francesca an. »War sie eben wirklich höflich?«
Francesca grinste. »Ich weiß, es ist unglaublich. Wie sich herausstellte, hat sie ihre guten Manieren die ganze Zeit vor uns verborgen. Du hättest hören sollen, wie sie mit den Grands gesprochen hat. Sie hat sogar Ma'am gesagt.«
»Ich bin beeindruckt.«
»Und ich begeistert. Ich denke, das ist ein großer Durchbruch, Sam. Kelly hatte Spaß, aber viel wichtiger noch: Sie hat sich entspannt. Sobald sie sich völlig sicher fühlt, wirst du ein ganz anderes Kind kennenlernen.«
»Das wäre wundervoll. Nun erzähl mal, wie lief es mit deiner Familie?«
Sie tupfte sich den Mund mit der Serviette ab. »Wie erwartet. Sie haben schon das Geschirr für uns ausgesucht, aber noch nicht das Besteck.«
»Wie geht es dir damit? Du hättest Kelly nicht mitnehmen müssen. Was nicht heißen soll, dass ich dir für die Verwandlung nicht dankbar bin.«
Sie seufzte. »Ich sage mir, es ist für einen guten Zweck. Und das ist es ja auch. Doch es gab viele Fragen und wüste Spekulationen.«
»Das tut mir leid.«
»Ist ja nicht deine Schuld.« Sie lächelte. »Das habe ich ganz allein meinem Genpool zu verdanken.«
»Aber ich bin dir was schuldig. Kelly ist jetzt ein ganz anderes Kind, und ich würde vieles geben, damit das so bleibt.« Er lachte leise. »Na, komm schon, nenn mir deinen Preis.«
Er erwartete, dass sie ihn aufziehen oder zweideutige Angebote machen würde. Doch stattdessen schaute sie ihn entschuldigend an. »Es ist leider nichts, was sich mit Geld lösen ließe. Meine Familie gibt jedes Jahr am vierten Juli eine große Party. Meine Mom hat dich und Kelly dazu eingeladen. Kelly hat schon in deinem Namen angenommen.«
Das machte Sam nicht das Geringste aus. »Das klingt doch nett. Vorausgesetzt, ich kann meinen Großvater mitbringen. Ohne Elena wäre er sonst ganz alleine.«
»Kein Problem. Es sind nur die zweihundert engsten Freunde eingeladen.« Sie schluckte. »Die Sache ist nur die, meine Familie denkt jetzt, wir beide wären mehr als nur Freunde. Deshalb solltest du darauf gefasst sein, dass sie alle möglichen Kuppelversuche starten werden.«
Er lächelte. »Meinst du damit, dass sie mir vorschwärmen, wie wundervoll du bist?«
»Nein, sie werden eher deine letzten beiden Steuererklärungen sehen wollen, deine Zähne kontrollieren und dich dazu bringen, dich auf ein Hochzeitsdatum festzulegen.«
»Ah, ganz alte Schule, hm?«
»Den Begriff wirst du danach ganz neu definieren.«
»Damit komme ich schon klar.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das sagst du
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