Eine Marcelli geht aufs Ganze
gebrauchen. Hatte er das sagen wollen? Oder war es noch schlimmer? Wollte er ihr sagen, dass er nicht vorhatte, irgendetwas mit ihrem Baby zu tun zu haben?
»Ich komme schon klar.« Sie erhob sich. »Du musst dich nicht darum kümmern.«
Er runzelte die Stirn. »Ich werde zu meiner Verantwortung stehen.«
Seiner Verantwortung. Weil er natürlich kein Baby haben wollte.
»Wie lange weißt du es schon?«, fragte er.
Sie war so in dem Gefühl der Zurückweisung gefangen, dass sie ihm antwortete, ohne darüber nachzudenken. »Ungefähr fünf Wochen.«
Die Stille, die im Raum hing, wirkte auf einmal dunkel und bedrohlich. Instinktiv trat Francesca einen Schritt zurück.
Sam rührte sich nicht, aber das bedeutete nicht, dass er noch immer der gleiche fürsorgliche Mann war, den sie zu lieben gelernt hatte. Er schien größer zu werden, wütender. Die winzige Hoffnung, an die sie sich bis jetzt geklammert hatte, erstarb, als sie sah, wie sein frustrierter und verwirrter Gesichtsausdruck sich in Abscheu und Verachtung verwandelte.
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte sie schnell. »Verdammt, Sam, sieh mich nicht so an. Ich bin hier nicht der Feind. Ich habe es dir nicht erzählt, weil Kelly gerade mal zwei oder drei Wochen bei dir war. Du standest immer noch unter Schock und brauchtest nicht noch etwas, worüber du dir Sorgen machen musstest.«
»Die Worte klingen richtig«, sagte er leise. »Vernünftig. Du hast an meine Gefühle gedacht. Das weiß ich zu schätzen.«
»Hör auf«, verlangte sie. »Du musst nicht sarkastisch werden.«
»Dann sag mir, was sonst. Du hast mich angelogen. Du hast mich hintergangen.«Sie erkannte die Gefahr, die in seiner Art des Denkens lag. »Ich habe nicht gelogen.«
»Du hast mir die Wahrheit vorenthalten. In meinen Augen besteht da kein großer Unterschied.« Wütend funkelte er sie an. »Du belügst mich seit Wochen. Ich habe dich in mein Haus gelassen, in mein Leben, in mein Bett. Ich habe mit dir Liebe gemacht. Ich dachte, du wärst anders. Ich dachte, du wärst nicht wie Tanya, aber verdammt, ich habe mich geirrt. Sieht so aus, als wenn ich ein weiteres Glückslos gezogen hätte.«
Die Gemeinheit seiner Anschuldigungen erschütterte sie bis ins Mark. »Nein! Das stimmt nicht. Ich bin für dich da gewesen. Ich habe mich gut um dich und Kelly gekümmert. Das habe ich nicht verdient.«
»Was hat dich dazu gebracht, es mir schließlich zu erzählen? Brauchst du Geld?«
Es war, als hätte er sie geschlagen. »Wie kannst du es wagen, mir so was zu unterstellen?«
»Ich kann alles sagen, was ich will, verdammt noch mal. Wenn ich an all die Male denke, an denen ich auf deinen Rat gehört habe. Als wenn du wüsstest, wovon, zum Teufel, du überhaupt redest. Als wenn du nicht ganz eigene Pläne verfolgt hättest.«
Er kam auf sie zu, was sie zurückweichen ließ, bis sie gegen den Herd stieß. Einen halben Meter vor ihr blieb er stehen und ragte drohend vor ihr auf.
»Du bist eine elende Lügnerin, und wenn du auch nur eine Sekunde lang glaubst, du kannst das Kind gegen mich verwenden, hast du dich geirrt. Es ist mir egal, was dafür nötig ist, aber du wirst nie wieder ein Stück von meiner Tochter oder von mir zu sehen bekommen.«
Entsetzen bezeichnete nicht ansatzweise, was sie fühlte. Was war mit dem Baby? Was mit ihren und Sams Gefühlen? Er mochte sie – dessen war sie sich sicher gewesen. Wie konnte sich das so schnell ändern?
»Du irrst dich«, sagte sie. »Was mich angeht. Was das alles angeht.«
»Raus.«
Er drehte sich um und verließ die Küche. Francesca starrte ihm hinterher. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, und dann war es auch egal, weil sie nicht eine Sekunde länger in diesem Haus bleiben konnte. Sie rannte ins Foyer, wo sie ihre Handtasche fand. Sie nahm sie, rannte nach draußen und schwor sich, nie wieder zurückzukehren.
Kelly hielt sich am Treppengeländer fest. Ihr Knöchel pochte, aber das war nicht der Grund, weshalb sie sich nicht bewegen konnte. Nichts war mehr gut. Und vielleicht würde es auch nie wieder gut werden.
Sie hatte sich auf den Weg nach unten gemacht, um sich bei Sam und Francesca zu entschuldigen. Sie hatte alles wiedergutmachen wollen. Stattdessen hatte sie deren Streit mit angehört. Es war ein schlimmer Streit. Schlimmer als alles, was jemals zwischen Tanya und ihren Freunden abgegangen war.
Francesca war schwanger. So viel hatte Kelly verstanden. Und wenn Francesca ein Kind bekam, brauchte sie Kelly nicht mehr als
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