Eine Meerjungfrau am Haken
sie ein Fisch. Wo vorher Beine waren, schlängelte sich nun ein schimmernder grüner Schwanz. Seine Schuppen glitzerten im schwachen Licht des Morgens. Die Schwanzflosse wogte anmutig im Wasser. Wenn sie ihren Oberkörper drehte, sah sie eine glänzende Rückenflosse, die sich über den gesamten Schwanz bis hinunter zu der Stelle zog, an der einmal ihre Knöchel gewesen waren. An ihren Hüften konnte Sabrina die glitschigen, dünnen Schuppen spüren. Ihre Kanten waren so scharf, dass es nicht ratsam war, sie von unten nach oben zu streichen.
Mann, das ist echt cool!, dachte sie. Ich bin eine Meerjungfrau!
Sie brauchte etwas Zeit um festzustellen, welche Muskeln ihren Schwanz bewegten. Mit einer schnellen Bewegung katapultierte sie sich in Richtung Wasseroberfläche. Es ist wie Fliegen!, dachte sie und wollte gerade eine Rolle vorwärts machen, als sie ein Schrei aus ihren Träumen riss.
Sabrina sah sich um. Vier Meerkinder starrten sie an und kreischten: „Die Botschafterin der Verdammnis!“
Über der Freude hätte sie fast ihre Mission vergessen! „Ja, ich bin die Botschafterin der Verdammnis!“, verkündete sie unheilvoll. Ein wenig Fingereinsatz, und um sie herum blitzte und grollte es bedrohlich. Trotz des Ernstes der Lage hatte Sabrina ihren Spaß.
Die Meerkinder heulten verängstigt und schwammen eilig davon.
„He, wartet! Kommt zurück!“, rief Sabrina.
Amun Rahrah und seine Meermänner tauchten hinter einem Algenwald auf. „Halt, oder wir...!“ Der Sicherheitschef schaute sie überrascht an. „Ach, du bist es wieder.“
„Nun ist die Zeit der Prüfungen und des Leidens gekommen!“, rief Sabrina. „Ich bin die Botschafterin der Verdammnis. Gekommen, euch vor dem nahenden Ende zu warnen. Große Gefahr droht euch und allem, was euch lieb ist!“ Mit ein paar weiteren Blitzen unterstrich sie ihre Rede.
Amun Rahrah war nicht beeindruckt: „Entscheidest du dich vielleicht mal? Das letzte Mal hast du behauptet, du seiest nicht die Botschafterin der Verdammnis!“
Sabrina stemmte die Hände in ihre schuppigen Hüften. „Ich habe meine Meinung eben geändert!“
Stimmengewirr näherte sich und Amun Rahrah und seine Männer kreisten Sabrina ein. Als Sabrina die Menschenmenge sah, die von der Stadt geschwommen kam, entschied sie, dass es nun Zeit für ihre spektakuläre Show war. Dank ihres magischen Fingers blitzte und donnerte es, die Strömung verstärkte sich und das Meer leuchtete in gespenstischem Grün. Ich mach das wirklich gut, dachte sich Sabrina.
Auch die Keftiu waren mächtig beeindruckt. Die meisten zogen sich verängstigt zurück, und selbst einige von Rahrahs Männern wussten nicht so richtig, was sie tun sollten. „Ich bin die Botschafterin der Verdammnis!“, donnerte Sabrina wieder, diesmal mit magisch verstärkter Stimme.
Die Keftiu starrten die einzig nichtgrüne Meerjungfrau, die sie jemals gesehen hatten, ehrfürchtig an. Sabrina nutzte genau diesen Moment, um in die Stadt zu schwimmen.
Sie versuchte sich fieberhaft an die Bewegungen der Meerjungfrauen in den Comics ihrer Kindheit zu erinnern. Schließlich wollte sie anmutig und zugleich Furcht erregend wirken. Für Letzteres sorgte sie mit neuen Blitzen und ihrem Spruch „Ich bin die Botschafterin der Verdammnis!“ Das schien immer noch zu wirken, denn die Keftiu, an denen sie vorbeikam, wichen vor Angst zurück und folgten ihr in gebührendem Abstand.
Sabrina war überwältigt von der Stadt. Sie war wunderschön! Ein Labyrinth sich sanft um den Berg windender Straßen. Mit üppigen Pflanzen und Meerblumen in allen Farbtönen. Sämtliche Gebäude bestanden aus Lehm und Steinen, und zwischen ihnen spannten sich anmutige Arkaden. Die Keftiu brauchten zwar keine Brücken, dafür aber Fenster, und die gab es reichlich, in allen Größen und Formen. Hinter jedem Einzelnen offenbarten sich unglaublich geschmackvoll eingerichtete Räume. Wow, die Keftiu sind zwar groß im Meckern, aber sie sind die definitiven Könige der Architektur.
Eine ihr wohl bekannte Stimme erschallte: „Du da! Halt!“ Es war Ugawp. Neben ihm schwammen seine Frau Hyppshot und Phinikas mit den Schriftrollen. Sie musterten Sabrina misstrauisch. „Du bist doch die von gestern in der Luftblase, oder?“, fragte Ugawp. „Du warst verschwunden, bevor wir richtig in Schwung kamen. Als es Zeit für das Abendessen war, suchten wir nach dir, aber du warst weg.“
„Ja“, erklärte Sabrina, „Ich bin die Botschafterin der Verdammnis! Seht mich nun in
Weitere Kostenlose Bücher