Eine Mittelgewichts-Ehe
schuldig.« Buzzard rang einen sehr körperbetonten, aggressiven Kampf. »Ich war der Sache einfach überhaupt nicht gewachsen«, sagte George James Bender. Trainer Severin Winter stimmte zu. »George war nicht er selber. Ich glaube, er hat sein Pulver am Abend zuvor verschossen.« Winter bezog sich auf Benders Halbfinalsieg gegen Hiroshi Matsumoto von der Oregon State. Trainer Winter kündigte den Reportern in Stillwater seine Rücktrittsabsichten an. Zurück auf dem Campus, bestritt er, daß Benders Niederlage im Finale irgendeinen Einfluß auf seine Entscheidung gehabt habe. »Ich denke schon seit einiger Zeit daran, abzutreten. Ich möchte mehr Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern verbringen und meine Studien für die Deutsche Abteilung fortsetzen.« Auf die Frage, ob er bei der Mannschaft bleiben würde, bis ein neuer Trainer gefunden werden könne, sagte Winter ja. »Ich hoffe, auch weiterhin von Zeit zu Zeit in die Ringerhalle zu kommen«, sagte Winter, »bloß um ein bißchen rumzukugeln.« Bender hatte nichts als Lob für Severin Winters Trainingsarbeit.
»Er hat dazu beigetragen, mich ins Finale zu bringen«, sagte Bender. »Er hat mich dorthin gebracht, und es lag an mir, es zu packen. Es tut mir leid, daß ich ihn im Stich gelassen habe.« Trainer Winter schüttelte den Kopf und lächelte, als er gefragt wurde, ob er meine, daß Bender ihn im Stich gelassen habe. »Wir lassen nur uns selber im Stich«, sagte Winter. »Wir sollten versuchen, diese ganze Verantwortung, die wir anderen Menschen schuldig zu sein glauben, auf ein Mindestmaß zu beschränken.«
Eine eigenartige Bemerkung für eine Sportseite.
»Unglaublich!« sagte ich zu Utsch. »Wie war der Punktestand? Die blöde Zeitung gibt nicht mal den Punktestand.«
»Buzzard hat in der letzten Runde zwölf zu fünf geführt, als er Bender geschultert hat.«
»Ein Gemetzel«, sagte ich. »Ich glaube es nicht. Bender muß krank gewesen sein.«
Ich konnte den Blick gelangweilter Überlegenheit sehen, den Utsch plötzlich aufsetzte, ehe sie das Gesicht abwandte. Sie hatte Angst, daß ich es gesehen hatte, und das hatte ich auch.
»Was ist los?« fragte ich sie. »Was ist da draußen passiert?«
»Bender hat seine Hochform nicht erreicht«, sagte Utsch, immer noch mit dem Rücken zu mir. »Genau wie die Zeitung schreibt - er hat sein Pulver am Abend zuvor verschossen.«
»›Sein Pulver verschossen!‹« Diese widerliche Sportlersprache!
»›Ich war der Sache einfach nicht gewachsen‹«, zitierte Utsch Benders Worte, doch plötzlich brach sie in Gelächter aus. Der Ton ihres Gelächters gefiel mir nicht; mißtönend und höhnisch, war es nicht ihr Ton.
»Du hast mit Edith gesprochen«, sagte ich. »Was ist passiert?«
»Du hättest gern mit ihr gesprochen, stimmt's?« sagte Utsch.
»Egal«, sagte ich. »Was hat sie gesagt?«
Utsch ist nicht rachsüchtig, und ich war überrascht, ihr Gesicht so plötzlich entschlossen zu sehen, es mir heimzuzahlen. Was heimzuzahlen? »Edith war wütend, daß Severin sie dazu gebracht hat, mitzukommen«, sagte sie.
»Siehst du?« sagte ich. »Was habe ich dir gesagt?«
»Halt's Maul«, sagte sie; sie war hitziger, als ich sie je erlebt hatte. »Wenn du die Geschichte hören willst, dann halt's Maul.«
»Okay.«
»Diese Geschichte wird dich begeistern«, sagte Utsch; in ihrer Stimme lag eine Gemeinheit, die ich noch nie gehört hatte. »Es ist genau deine Art von Geschichte.«
»Erzähl sie schon, Utsch!«
»Edith war wütend, daß er ihr nicht vertraute, wütend, daß er sie wegen dir nicht drei Tage und drei Nächte hierlassen wollte. Er hat gesagt, er vertraut Edith, aber nicht dir; deswegen wollte er, daß sie mitgeht.«
»Was ist da der Unterschied?« sagte ich. »Wenn er ihr wirklich vertrauen würde, käme es nicht drauf an, ob er mir vertraut oder nicht, stimmt's?«
»Halt's Maul«, sagte Utsch. Sie war aufgedreht und schien drauf und dran, hysterisch zu werden. »Edith nahm es übel, was Severin aus ihrer Unabhängigkeit gemacht hatte - hat sie zumindest gesagt«, fuhr Utsch fort. »›Ich wollte ihm beibringen, daß er mir nicht sein Leben aufzwingen kann und mir nicht die Freiheit lassen, mein eigenes zu leben‹, so hat sie es formuliert. ›Natürlich in vernünftigem Rahmen; ich hatte die Grenzen, die er gezogen hat, immer akzeptiert‹, hat sie mir gesagt. ›Als er deshalb sagte, mit der ganzen Sache müßte Schluß sein, haben wir alle Schluß gemacht.‹ Davon hat sie es die ganze
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