Eine Mittelgewichts-Ehe
Zeit gehabt«, sagte Utsch.
»Weiter.«
»Na ja, nicht einmal als sie nach Stillwater gekommen sind, hat er sie tun lassen, was sie wollte. Sie wollte für einen Tag und eine Nacht nach Denver fliegen; sie ist nie in Denver gewesen. Aber Severin hat sie dazu gebracht, dazubleiben. Schließlich wollte sie sich in Stillwater bloß noch amüsieren, wie sie Lust hatte, anstatt jeden Tag zum Ringen zu gehen.«
»Und er hat sie nicht gelassen?«
»Hat Edith jedenfalls gesagt.«
»Lieber Himmel.«
»Also«, sagte Utsch, »hat sie beschlossen, ihm zu zeigen, daß, wenn er ihr nicht vertraute, sie nicht vertrauenswürdig sein würde. Sie hat ihn kalt erwischt.«
»›Kalt erwischt!‹« schrie ich. »Würdest du mit dieser Sprache aufhören, mit diesen grauenhaften Sportreporter-Sprüchen!«
»Bender war nach dem Halbfinale am Freitag erschöpft«, sagte Utsch. »Severin hat Edith gebeten, Bender ins Motel zurückzufahren; Severin hat gesagt, er würde sie dort treffen, wenn die restlichen Halbfinals vorbei wären. Sie hatten einen Mietwagen, und Bender kann nicht fahren.«
»Er kann nicht fahren?«
»Offensichtlich kann er eine ganze Menge nicht«, sagte Utsch.
Ich starrte sie an. »O nein«, sagte ich. »O nein, das nicht. Du lügst.«
»Ich hab's dir noch gar nicht erzählt«, sagte sie.
»Du lügst trotzdem!«
»Dann hat Edith gelogen«, sagte Utsch. »Sie hat Bender ins Motel zurückgebracht.«
»Nein.«
»Und sie hat ihn ins Bett gebracht.«
»Nein, nein ...«
»Offensichtlich«, sagte Utsch, und ihre Stimme - spöttisch - ahmte Ediths Stimme nach, »hat er nicht zu seiner Hochform gefunden, er war der Sache überhaupt nicht gewachsen.«
»Ich glaube kein Wort davon«, sagte ich. »Edith hat Bender verführt? Das gibt es einfach nicht!«
»Vielleicht hat sie ihm gesagt, es wäre eine Anweisung des Trainers«, sagte Utsch. »Vielleicht hat sie gesagt, es würde ihn entspannen. Jedenfalls hat sie mir gesagt, daß er nicht konnte.«
»Sie lügt«, sagte ich.
»Vielleicht schon«, sagte Utsch. »Ich weiß nicht.«
»Doch, du weißt es«, sagte ich. »Weiter.«
»Und Severin ist ins Motel zurückgekommen und hat sie zusammen erwischt.«
»Ich glaube kein ...«
»Und Bender hat wegen der ganzen Sache ziemlich den Schwanz hängen lassen.«
»›Den Schwanz hängen lassen!‹« rief ich. »Herrgottnochmal ...«
»Ich meine, er ist nicht imstande gewesen, es mit Edith zu machen, und er hat seinen Trainer im Stich gelassen ... Das war's wohl, was er gedacht hat.«
»So ein Scheiß!« brüllte ich.
»Und am nächsten Abend kurz vor dem Kampf hat Severin Bender gesagt: ›Ich hoffe, du kriegst den Arsch voll.‹ Und Severin hat auf dem Trainerstuhl gesessen und sich absolut ungerührt den Kampf angesehen. Da hat Bender natürlich verloren.«
»Und ich nehme an, Edith hat auf der Tribüne gesessen, ein Fähnchen geschwenkt und sich die Seele aus dem Leib gejubelt!« bellte ich. »Jetzt hör aber auf!«
»Weißt du, was Edith zu Severin gesagt hat?« fragte Utsch. »Sie hat gesagt: Jetzt sind wir quitt, wenn du immer noch meinst, daß es darauf ankommt, quitt zu sein.«
»Und ich nehme an, Severin hat beschlossen, daß er vom Ringen genug hat, und ist zurückgetreten?«
»Richtig.«
»Falsch«, sagte ich. »Edith ist eine lausige Geschichtenerzählerin, oder du bist eine.«
»Edith findet, daß du ein lausiger Schriftsteller bist«, sagte Utsch. »Sie glaubt nicht, daß du ihr irgendwas beibringen kannst.«
»Hat sie das gesagt?« fragte ich. Aber Utsch senkte bloß den Kopf und seufzte, und ich wußte, das war alles, was ich zu hören bekäme.
»Severin hat dir das gesagt«, sagte ich. »Edith würde das nicht von mir sagen.« Aber als Utsch das Gesicht hob, weinte sie.
»Verstehst du denn nicht?« fragte sie. »Es wird bloß häßlicher. Wir haben damit Schluß gemacht, aber wir können nicht damit Schluß machen. Es geht immer weiter und weiter. Du solltest das nicht zulassen.«
»Utsch, komm her«, sagte ich. Ich ging auf sie zu, aber sie rannte von mir weg.
»Du hast noch nicht mal gemerkt, was los ist!« brüllte sie.
»Was?«
»Ich kann nicht kommen«, schrie sie. Ich starrte sie an. »Ich kann nicht kommen!«
»Na ja, deswegen mußt du nicht herumbrüllen«, sagte ich. Sie rannte zur Tür hinaus in den Hof und kreischte: »Ich kann nicht kommen! Ich kann nicht kommen! Ich kann nicht kommen!« Dann ging sie in unser Schlafzimmer, fläzte sich auf unser Bett und weinte. Ich ließ sie
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