Eine Nachbarin zum Verlieben
ruhig bleiben. Tiiiief durchatmen. „Genau. Wenn das möglich ist. Für mich ist es zu spät, um etwas anderes zu arrangieren. Ich muss spätestens um halb zwölf im Auto sitzen. Und …“
„Ganz ruhig, Amanda. Entspann dich. Molly ist bei mir gut aufgehoben. Das weißt du genau. Also mach dir keine Gedanken.“
Keine fünf Minuten später standen Mutter und Tochter vor seiner Tür. Amanda trug ein Outfit, in dem er sie noch nie gesehen hatte: ein strenges dunkelblaues Kostüm mit knielangem Rock und einer blütenweißen Bluse, kaum Make-up. Sie sah makellos aus, wie eine Gouvernante aus alten Kinderbüchern. Sogar ihr Haar hatte sie erfolgreich in einer Hochsteckfrisur am Hinterkopf gebändigt. Es saß so straff, dass er Angst hatte, sie würde Kopfschmerzen bekommen.
Sie lächelte, doch das Lächeln wirkte fremd. Ganz anders als das, das er kannte. „Danke, Mike.“ Mehr brachte sie nicht heraus.
„Soll ich vielleicht besser mitkommen?“, fragte Mike besorgt, als er sah, wie schlecht es ihr ging.
„Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Ich brauche nur jemanden, der sich um Molly kümmert.“ Sie warf ihrer Tochter ein gequält-aufmunterndes Lächeln zu. „Damit sie sich nicht zu Tode langweilt, während ich bei diesem dummen kleinen Treffen bin.“
Es war kein dummes kleines Treffen, aber Mike verstand sofort. Das war die Geschichte, die sie Molly erzählt hatte.
„Ich garantiere, dass sich Molly bei uns nicht langweilen wird.“ Mike zwinkerte der Kleinen verschwörerisch zu. „Nicht wahr, Molly? Und mach dir keine Sorgen wegen der Zeit, Amanda. Ich muss heute nirgends mehr hin.“
Sie atmete tief durch, dankte ihm noch einmal und drückte ihm ihren Hausschlüssel in die Hand, für den Fall, dass Molly etwas brauchte. Dann küsste sie ihre Tochter zum Abschied auf die Stirn und lief eilig zu ihrem Wagen.
Mike wandte sich Molly zu. Heute war anscheinend Katzentag. Sie trug ein T-Shirt, auf dem süße Katzenkinder in Pastellfarben herumtollten. Unter dem Arm trug sie zwei Katzenstofftiere, und über ihrer Schulter hing eine Handtasche in Form eines Katzenkopfs.
In der Tasche befanden sich zwei Lollis. Einen gab sie sofort Teddy – das hatte ihre Mutter ihr wohl eingeschärft –, damit sie selbst den anderen haben durfte.
Mike ging in die Knie, um sich mit Molly unterhalten zu können. „Im Augenblick tun Teddy und ich etwas, das dir wahrscheinlich keinen Spaß macht. Wir holen nämlich unsere Wurmfarm aus dem Keller, weil die Würmer jetzt so groß sind, dass sie auch im Werkzeugschuppen leben können. Und wir haben endlich genug, um die Frösche im Wassergarten damit füttern zu können. Allerdings sind das schmutzige Dinge, auf die du vermutlich keine Lust hast.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Aber du könntest dich doch auf die Terrasse setzen und uns zusehen, bis wir fertig sind? Ich verspreche, dass wir so schnell machen, wie wir können. Danach duschen Teddy und ich, wir ziehen uns saubere Sachen an und gehen alle drei Eis essen. Oder in die Bücherei. Oder ins Kino. Oder in den Park. Oder …“
„Einkaufen“, ergänzte Molly.
Das hatte eigentlich nicht auf seiner Liste der möglichen Programmpunkte gestanden, aber er nickte trotzdem. „Ich hatte gehofft, dass du das vorschlagen würdest.“
„Ich will eigentlich gar nichts machen. Meine Mom wollte nicht zu diesem blöden Treffen gehen. Aber ich kann hier warten.“
Sie setzte sich auf einen der Terrassensessel, schlug geziert die Beine übereinander und gab den Männern mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie weiterarbeiten sollten.
Mike zögerte. Vielleicht sollte er sie besser zum Reden bringen, wenn sie so aufgewühlt war. Aber dazu fehlten ihm die Informationen. Er kannte Mollys – und Amandas – Situation einfach nicht gut genug.
Doch glücklicherweise waren seine Sorgen überflüssig, denn keine zwei Minuten später stand Molly, eine ihrer Stoffkatzen unter dem Arm, schon bei ihnen am Wassergarten.
„Mike, deine Steine liegen falsch.“
Er hatte den nierenförmigen Wassergarten mit Steinen umrandet. Einerseits, um die Folie zu fixieren, andererseits, um dem Projekt ein fertiges Aussehen zu verleihen. „Wie meinst du das?“
„Du hast sie nicht schön hingelegt. Es sieht nicht richtig aus.“
Stirnrunzelnd betrachtete er seinen selbst gestalteten Miniteich, bevor er die kleine Diva fragte: „Wie hättest du es denn gemacht?“
Sie zeigte es ihm, und zu seiner Verblüffung hatte sie völlig recht.
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