Eine Nacht ist nicht genug
nicht mehr zurücknehmen.“
„Ich weiß. Und jetzt kann ich dich nicht gehen lassen.“ Luca lächelte nicht, und sie sah ihm an, dass er noch immer Angst hatte. Wenn er sich von mir lösen könnte, würde er es tun, dachte sie.
Es musste ihr gelingen, dass sie beide Frieden fanden. „Hast du ein Foto von Nikki?“
Als Luca zögerte, drängte sie ihn sanft: „Bitte zeig es mir.“
Er öffnete eine Tür, und sie folgte ihm in ein Arbeitszimmer voller Bücherregale, Aktenschränke und hochmoderner Computer. Luca ging zum Aktenschrank und ging die sorgfältig abgelegten Mappen durch. Es versetzte Emily einen Stich ins Herz, dass er offenbar versucht hatte, seine Vergangenheit im wahrsten Sinne des Wortes wegzuschließen.
Ohne ihr in die Augen zu sehen, reichte Luca ihr dann ein Foto, einen losen, ungerahmten Schnappschuss.
Als Emily die hübsche junge Frau sah, atmete sie heftig ein. Dann kamen ihr wieder die Tränen, denn Nikkis Gesicht kam ihr sehr bekannt vor.
„Ja, sie war Pascals Tochter“, bestätigte Luca, der verstanden hatte, warum sie weinte. „Die Ähnlichkeit ist schließlich frappierend, stimmt’s?“
„Oh Luca, es tut mir so leid“, brachte Emily nur mühsam heraus, denn Mitleid und Reue schnürten ihr die Kehle zu. „Und ich habe auf diesem Abendessen bei dir zu Hause beharrt. Kein Wunder, dass du so angespannt warst!“
Luca lächelte fast. „Pascal drängt mich schon seit mehreren Jahren auf nicht sonderlich subtile Weise, endlich nach vorn zu blicken und weiterzuleben. Immer wieder macht er Bemerkungen darüber, wie toll es ist, Kinder zu haben.“
„Hat er denn noch mehr Kinder?“
„Nein. Er und seine Frau haben vor Nikkis Geburt jahrelang vergeblich versucht, Kinder zu bekommen. Sie hätten gern noch mehr gehabt, aber es sollte nicht sein.“
„Oh Luca.“ Jetzt verstand Emily, warum er Micaela und Ricardo so selbstlos geholfen hatte: damit sie das bekommen sollten, was seinen Freunden und auch ihm selbst versagt war.
„Wir sind uns sehr nahe, und das wird wohl auch immer so bleiben.“ Luca sah sie fragend an, als wolle er wissen, ob sie etwas dagegen hätte.
„Natürlich wird es das.“ Nikki würde die beiden Männer immer miteinander verbinden. Jetzt verstand Emily auch, was Pascal mit seinen Abschiedsworten gemeint hatte: „In seinem Leben herrscht schon seit zu langer Zeit Kälte.“ Der alte Herr wünschte Luca nicht nur Erfolg im Beruf, sondern auch ein erfülltes, glückliches Privatleben.
„Er hat sich in seiner letzten E-Mail nach dir erkundigt“, berichtete Luca lächelnd. „Ich glaube, du hast ihm gefallen.“
„Er mir auch.“ Emily sah noch einmal das Foto und dann Luca an. „Du solltest nicht den Fehler machen, die Gefühle der Vergangenheit mit denen der Gegenwart zu vergleichen, Luca. Du bist jetzt ein anderer Mensch. Nikki verdient diesen Platz in deinem Herzen. Und sie hätte sicher gewollt, dass du glücklich bist.“
Sie lehnte das Foto an eine Lampe auf dem Tisch. Luca sollte es sich aufhängen, und er sollte auch ein Bild von seiner Mutter haben. Ebenso wie sie ein Foto ihrer Eltern haben sollte.
„Auch durch Nikki hast du dich zu dem starken Mann entwickelt, der du heute bist und den ich liebe.“
„Ich bin nicht stark – ich bin ein schrecklicher Feigling gewesen und habe dir so wehgetan. Dieser Ausdruck auf deinem Gesicht …“ Er unterbrach sich. „Das hattest du nicht verdient. Und ich werde mein ganzes Leben darauf verwenden, es wiedergutzumachen.“ Er betrachte das Bild auf dem Schreibtisch und schien zu ahnen, was Emily vorhatte. Mit einer ganz neuen Zärtlichkeit sah er sie an. „Danke, dass du so großmütig bist.“
„Ich kann es mir leisten, das zu sein. Ich habe das Leben – und ich habe dich.“
Mit einem tiefen Seufzer legte Luca die Arme um sie und zog sie an sich. „Du hast mir so einen Schrecken eingejagt, Emily. Ich dachte, du wärst krank. Und ich glaubte, damit nicht umgehen zu können. Aber ich habe keine Wahl.“
Emily hatte noch ein letztes wichtiges Anliegen. „Ich weiß, was passiert, wenn jemand aufgibt, Luca. Ich habe es selbst miterlebt, wie ein Mensch gleichgültig dahinlebt und keinen Gedanken mehr an die verschwendet, denen er etwas bedeutet.“ Und wenn Luca das täte, fände sie es unverzeihlich. „Nikki und deine Mutter wären sehr wütend, wenn du nur ein halbes Leben führen würdest. Du solltest die beiden nicht mehr als Ausrede missbrauchen, sondern leben – mit mir zusammen
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