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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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verkauften. Er war groß, breitschultrig und schlank. Mit schwarzem Haar, vollen, harten Lippen und spöttischen Augen.
    Und so nackt wie in der Stunde seiner Geburt.
    Das leise, kaltherzige Lachen passte zum Ausdruck seiner Augen. Fein, weiß und perfekt blitzten die Zähne im Mondlicht. Es war sicher herrlich, er zu sein und zu jeder Mahlzeit frisches Fleisch zu kriegen.
    »An Ihrer Stelle würde ich nicht lachen«, sagte Nell.
    »Nun, aber das müssen Sie mir wenigstens erlauben. Im Übrigen befinde ich mich leicht im Nachteil, wie Sie sehen.«
    Sie blickte nach unten. Nein, er war nicht nur
leicht
im Nachteil. Ein schwacher Trost, dass er bei dem Licht wahrscheinlich nicht sah, dass sie rot wurde.
    »Gefällt Ihnen, was Sie sehen?«, murmelte er.
    Vielleicht war es doch hell genug. Hatte dieser Mann etwa Freude daran, hier splitternackt zu stehen, während eine Kanone auf sein hübsches Gesicht gerichtet war? »Wollen Sie mich ablenken?«
    »Daran sollten Sie wohl keinen Zweifel hegen«, antwortete er.
    Nell nickte. Sie konnte sich vorstellen, dass er seinen Körper dabei für nützlich hielt. Zwar hatte sie schon ein paar solcher Fatzkes von Weitem gesehen, aber die waren eher weich und schwabbelig gewesen. Der hier nicht.
    Außerdem hatte er nicht einmal im Entferntesten Mums Alter.
    Eine Erinnerung zog deutlich herauf.
Lord Rushden hat Sport nicht geliebt
, hatte ihre Mutter jenes eine Mal gesagt, als sie über ihn gesprochen hatte.
Die meiste Zeit verbrachte er im Inneren des Hauses. Er nahm kaum Anteil an der Arbeit auf seinen Besitzungen. Wahrscheinlich war deshalb so viel Sünde in ihm, nichts liebt der Teufel mehr als untätige Hände.
    Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Mum hatte sich nie darauf verstanden, Dinge zu beschreiben. Zweifellos hätte sie vergessen können zu erwähnen, dass ihr Liebhaber großartig aussah und den Körper eines Boxers hatte. Aber um ausgerechnet diesen Körper mit Mums Beschreibung zusammenzubringen, brauchte Nell etwas mehr Fantasie, als ihr zur Verfügung stand.
    Verdammter Mist!
    Das war nicht der richtige Lord.
    Er legte den Kopf etwas schief. Die Haltung eines Mannes, der über etwas nachdachte. Sie hob die Pistole höher. »Versuchen Sie es gar nicht erst«, warnte sie.
    »Oh, niemals«, sagte er leichthin. »Sie werden feststellen, dass ich selten etwas versuche.«
    Der Typ redete ziemlich viel Unsinn mit seiner hochtrabenden, affektierten Stimme. »Wer sind Sie?« Und was zum Teufel sollte sie mit ihm machen? Sie konnte ja schlecht ihren Fehler zugeben und einfach zur Tür hinausspazieren.
    Seine dunklen Brauen wanderten nach oben. »Meine Liebe. Wollen Sie damit sagen, Sie haben nicht einmal meinen Namen in Erfahrung gebracht, bevor Sie beschlossen, mich zu erschießen?« Er lachte wieder. »Dieser Tag wird immer besser.«
    Es gab nicht viele Männer, die mit einer Pistole vor der Nase noch so herablassend waren, aber sie hätte sich denken können, dass die paar sich alle hier in Mayfair aufhielten. »Besonders schlau sind Sie wohl nicht, oder? Da ich die Waffe habe, sollten Sie derjenige sein, der vor mir katzbuckelt.«
    »Katzbuckelt?«
    Verflucht!
Plötzlich war er viel näher als vorher. Nell sprang einen Schritt zurück. »Keine Bewegung!«
    Langsam hob er die Hände. »In Ordnung«, sagte er. »Ich bin eine Statue.«
    »Statuen bewegen sich nicht«, sagte sie kurz. Seine Hände blieben an ihrem Platz. »Viel besser. Und vielleicht sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass ein paar wirklich hübsche Statuen keine Köpfe haben.«
    Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. »Sicher. Ich behalte das im Hinterkopf.«
    Langsam holte sie Luft. »Sie sind nicht Lord Rushden.«
    Sein Zögern war nur kurz, aber sie bemerkte es trotzdem. »Der bin ich in der Tat.«
    »Sie sind nicht alt genug!«
    »Ah. Begehrten Sie möglicherweise, den vorigen Titelträger zu sprechen?«
    Mums Unterricht war zumindest für eines gut gewesen. Die meisten Leute aus Bethnal Green hätten diesen Kerl nicht verstanden. Hätte Nell nicht so viele Nächte über Büchern zugebracht, die sie sich kaum leisten konnten, ginge es ihr genauso. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie der neue Earl of Rushden sind?«
    »Genau.«
    Nell rührte sich nicht. Sie wartete, bis die Tragweite dieser Nachricht bei ihr ankam. Es traf sie so hart wie ein Faustschlag von Michael und hatte in etwa die gleiche Wirkung. Auf den ersten Schmerz folgte eine Welle so dunkler Hoffnungslosigkeit, dass sich ihr Griff

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