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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ganz andere Stadt. Ich hab’ in meinem eigenen Revier gewohnt und alle Zeit der Welt gehabt – bin immer zum Mittagessen und in den Teepausen heim. Hab’ selbst ein Auge auf meine zwei Mädels auf dem Schulhof gehabt.«
    Er unterbrach seine Überlegungen, als falle ihm plötzlich etwas ein.
    »Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem Sie die Seiten gewechselt haben, James. Das beste Beispiel für einen Bock, den man zum Gärtner gemacht hat, das mir je untergekommen ist. Ich bilde mir ein, daß ich durch unsere kleine Unterhaltung während der Zugfahrt nach Sheffield auch was dazu beigetragen habe – erinnern Sie sich noch? Nur wenige Wochen später – den Eindruck hatte ich zumindest – haben Sie genau die harten Fälle ins Gefängnis gebracht, die Sie bis dahin verteidigt hatten. Unter den gegebenen Umständen ganz verständlich. Jeder Kriminalinspektor, der nicht genügend Beweise hatte, wollte, daß Sie unterrichtet werden. Oben im Büro der Staatsanwältin hing ein Zettel mit der Aufschrift: James Knight beißt. Sie hatten eine ganz schöne Fangemeinde bei der Polizei, nachdem Sie sich für das einsame Leben des Anklägers entschieden hatten. Genau die Leute, die Ihnen vorher am liebsten den Kragen umgedreht hätten, haben sich Hals über Kopf in Sie verliebt. Und außerdem waren da noch die ganzen Fälle, die Sie für mich übernommen haben. Sie haben plötzlich ganz schön viel Arbeit bekommen.«
    Ich nickte. »Er ist immer noch da – der Zettel, meine ich. Ich habe mich erst kürzlich mit der Staatsanwältin unterhalten müssen, und da hat sie ihn mir gezeigt.«
    George hob das Kinn in Richtung Vincent. »Siehst du, jedesmal, wenn er den Mund aufmacht, wird ein bißchen klarer, wie weit er es geschafft hat. Er geht jetzt direkt ins Büro der Staatsanwältin, und sie küßt ihm die Füße.« Er lächelte, dabei kamen seine tabakgelben Zähne zum Vorschein. »Sie müssen ganz schön stolz sein, James, was?«
    »Nein, George, das wollte ich gerade sagen. Nur Verrückte sind stolz darauf, wenn sie Leute ins Gefängnis bringen – auch wenn es sein muß.«
    Er zündete seine Pfeife mit einem Gasfeuerzeug aus massivem Gold an, an das ich mich erinnerte, weil es so wenig zu ihm zu passen schien, und begann in seiner Tasche herumzusuchen. »Tja, nun zurück zu diesem Fall. Ich möchte sichergehen, daß wir über denselben Mann reden.«
    Ein unbeholfener Hinweis von einem scharfsinnigen Mann. Wurde George langsam alt? Ich nahm das schmale Päckchen Farbfotos, das er mir reichte. Wir konnten doch überhaupt nicht über einen anderen Mann reden, oder?
    Er musterte mich, während ich mir die Fotos ansah. Wenn er die altmodische Meinung vertrat, daß der Anblick des Opfers den Schuldigen aus der Fassung bringt, dann bestand ich diese Prüfung wohl mit Auszeichnung. Nach der ersten Leiche gibt es nichts Gewöhnlicheres mehr als den Tod.
    Auf den Bildern lag ein nicht mehr ganz junger Mann mit einem Gesicht, das nicht mehr zornig sein konnte, auf dem Boden, ein kleines, sauberes Loch in seiner Stirn. Wenn ich überhaupt überrascht war, dann darüber, wie harmlos er aussah. Die Fotos zeigten dasselbe Motiv aus verschiedenen Blickwinkeln. Auf manchen war zu erkennen, daß die Leiche auf einer Londoner Straße lag. Eine Weitwinkelaufnahme zeigte einen schockierten Passanten und ein Viertel eines Ford Cortina. Nach einem kurzen Blick darauf legte ich sie beide wieder unter den Stapel.
    Nur das letzte Foto war von einem lebendigen Menschen. Das Geräusch, das ich von mir gab – ich glaube, eine Mischung aus Schluchzen und überraschtem Keuchen –, schien mir von einem anderen zu kommen. Ich gab die Bilder zurück und nahm einen großen Schluck Brandy.
    »Tut mir leid, mein Alter«, murmelte George.
    Ich sah, daß Vincent etwas in sein Notizbuch kritzelte.
    »Setzen Sie sich«, sagte George, und ich gehorchte. »Sie sind ein sensibler Mensch. Nervös, fast ein Genie. Was für einen Mann wie den verstorbenen Oliver Thirst langweilig gewesen wäre, wäre die reinste Tortur für James Knight. Ich möchte rücksichtsvoll sein, aber ich brauche ein paar Antworten. Wenn wir’s nicht wären, dann jemand anders – das wissen Sie.«
    »Was wollen Sie wissen?«
    Er zündete seine Pfeife noch einmal mit dem goldenen Feuerzeug an und betrachtete es liebevoll eine Sekunde lang, bevor er es wieder in die Tasche steckte.
    »Es ist schon komisch mit euch Erfolgsmenschen. Ich hab’ mal einen Boxer gekannt – Amateurmeister im

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