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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Fliegengewicht –, der hätte außerhalb des Rings nicht mal eine Maus erschreckt. Er hat seine ganze Energie ins Boxen gesteckt. Im Ring war er eine Killermaschine. Hätte Profi werden können, aber seine Frau wollte das nicht. Als er das Boxen aufgegeben hat, ist sie sofort mit einem anderen durchgebrannt. Große Männer haben große Schwächen, James. Erzählen Sie mir von der Amerikanerin.«
    »Da gibt’s nichts zu erzählen. Ich hab’ sie seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen. Das wissen Sie doch – Sie haben sich bestimmt mit ihr unterhalten.«
    »Aber es vergeht keine Stunde …?«
    »Ich hab’ schon seit Jahren nicht mehr an sie gedacht.«
    Er wirkte erleichtert.
    »Ich werde jetzt nichts mehr sagen, George. Entweder Sie machen die Sache richtig, oder Sie lassen die Finger davon.«
    »Wahrscheinlich hassen Sie sie – ich meine, wenn Sie an sie denken.«
    »Kein Kommentar.«
    Vincent, der zum Glück schon immer eine schwache Blase gehabt hatte, fragte, wo sich die Toilette befinde. George nahm die Pfeife aus dem Mund und starrte mich ziemlich lange an. Mir war das unangenehm, und ihm vermutlich auch. Es war, als habe man uns unerklärlicherweise die Gabe des Redens geraubt.
    »Möchten Sie den Garten sehen?«
    »Gute Idee«, sagte er.
    Vincent blieb, diplomatisch, wie er war, ziemlich lange in der Toilette. Ich führte George aus dem Arbeitszimmer und den Flur entlang zur Küche, wo ein Stapel schmutziger Teller und Becher darauf wartete, gespült zu werden, vorbei an ein paar leeren Weinflaschen.
    Der Garten hinter dem Haus war gerade so lang, daß das Bedürfnis der Edwardianer nach Privatsphäre und Auslauf für die Kinder befriedigt wurde: ungefähr zwanzig Meter. Aber es war zu viel, wenn man sich nicht fürs Gärtnern interessierte. Ich hatte einen Teich mit Goldfischen gleich neben dem Haus angelegt und den Rest verwildern lassen.
    »Hätte nie gedacht, daß Sie Goldfische mögen«, sagte George.
    »Eigentlich mag ich sie auch nicht. Mir sind Wildkatzen lieber. Ein großer Kater, der hier frei herumläuft, kommt hin und wieder vorbei und frißt sie. Manchmal beobachte ich ihn dabei. Ich denke mir, für ihn ist der Teich die Speisekammer. Ich fülle sie einmal im Monat auf.«
    Dies war einer meiner Standardzüge, der dazu diente zu amüsieren oder zu schockieren, je nach Gast. George nickte geistesabwesend, als habe er mir nur mit halbem Ohr zugehört. Wieder starrten wir einander an, als hätten wir die Sprache verloren.
    Vincent kam zurück.
    »Gehen wir, George?«
    Ein nüchternes Nicken. »Wenn du soweit bist.«
    George blieb an der Haustür stehen, um seinen Hut aufzusetzen. In der Parklücke, die er hätte nehmen können, stand jetzt ein verbeulter Lieferwagen ohne Fenster. Wahrscheinlich ruhte mein Blick ein wenig länger darauf als zu erwarten gewesen wäre.
    »Sie haben sich nicht verändert, James. Wissen Sie, an Leuten wie Ihnen habe ich schon immer etwas bewundert – übrigens nicht nur die Cleverness. Die Gefängnisse sind voll von Leuten, die nicht clever genug waren, als es darauf ankam. Der Teufel steckt im Detail. Und Sie haben ein erstaunliches Auge für Details. Es täte mir leid, wenn dieses Talent verschwendet würde. Wenn ich irgend etwas für Sie tun kann, irgend etwas …«
    »Tja … doch. Ich glaub’, ich ha-ha-ha-be …«
    Als Kind hatte ich gestottert. Durch die Wahl meines Berufes und dank meiner Willenskraft hatte ich diese Schwäche überwunden, doch jetzt kehrte sie plötzlich wieder. Ich versuchte es noch einmal. »Ich glaub’, ich ha-ha-ha-be alle Fotos von ihr verloren.« Ich wich seinem Blick aus.
    Er fischte den dünnen Stapel Fotos aus seiner Tasche und nahm das letzte davon.
    »Wenn Sie mir versprechen, sie nicht umzubringen, gebe ich Ihnen ihre Telefonnummer.«
    »Ich versprech’s.«
    Er kritzelte eine Nummer auf die Rückseite des Fotos und reichte es mir.
    »Es würde mich interessieren, was sie zu sagen hat.«
    »Sie glauben doch nicht, daß ich …?«
    Er hob einen Finger. »Sie brauchen Zeit zum Nachdenken. Sie haben die Hälfte Ihres Lebens damit verbracht, sich eine Karriere aufzubauen, und dieses Jahr werden Sie Kronanwalt. Wir wollen doch nicht, daß da was dazwischenkommt.«
    Ich nahm das Foto und sah George nach, wie er den kleinen Weg wieder hinunterknirschte. Er ging nicht beschwingt wie ein Sieger, sondern wirkte plötzlich müde.
    Vincent schloß sorgfältig das Tor hinter ihnen.

[2]
    Natürlich hatte ich keine Fotos verloren. Ich hatte

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