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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Körper mit den vermeintlichen Bewegungen des Zimmers in Einklang zu bringen. »Mein Opfer für deine Ehre widerstrebt dir also«, griff er sie an und versuchte dabei, ihr mit einem anschuldigenden Blick zu begegnen. Doch dieser Aufgabe war er in dem jetzigen Zustand kaum gewachsen, und er beließ es dabei, seinen Blick unruhig durch, den Raum schweifen zu lassen. »Ich und Vater wollen nichts anderes, als dich anständig verheiratet sehen und dich sicher wissen vor den Angriffen herumziehender Schelme und Glücksritter.«
    »Meine Ehre?« höhnte Erienne. Die Arme in die Hüften gestemmt, betrachtete sie ihren Bruder mit einem Blick voller Gelassenheit und Mitleid. »Solltest du dir die Mühe machen, dich zu erinnern, Farrell Fleming, dann weißt du: Es war Vaters Ehre, die du verteidigtest, nicht meine.«
    »Oh!« Wie ein kleiner junge, der bei einem Streich ertappt wurde, verhielt er sich demütig und zugleich um Verzeihung bittend. »Ja, ja, es war Vater.«
    Er sah auf seinen lahmen Arm herab, schlenkerte ihn nach vorn, um ihre Aufmerksamkeit auf ihn zu ziehen und bei ihr so viel Mitleid wie möglich zu erzeugen.
    »Ich glaube, irgendwie ging es auch um mich, denn ich trage ja seinen Namen: Fleming«, dachte Erienne laut. »Und nachdem Christopher Seton ihn in den Schmutz zog, ist es schwierig, die bösen Zungen und den Klatsch zu vergessen.«
    Gedankenvoll starrte sie wieder hinaus in die regennasse Landschaft jenseits der nassen Scheiben. Sie schenkte ihrem Bruder wenig Aufmerksamkeit, der behutsam, wenn auch schwankend, seinen Weg zur Karaffe mit dem Whisky fand, die er auf einem kleinen Tisch entdeckt hatte. Zu ihrer großen Enttäuschung sah sie, daß die Brücke immer noch nicht verwüstet war; der beste Beweis dafür war der einsame Reiter, der über ihre Kopfsteine daherkam. Der Mann schien nicht in großer Eile zu sein. Er ritt in gleichmäßigem Trab vor sich hin, als wenn Wind und Wetter ihm nichts hätten anhaben können. Erienne wünschte, ihr wäre genauso gelassen zumute. Mit einem tiefen Seufzer sah sie sich nach Farrell um und stampfte voller Zorn mit dem Fuß auf. Er hatte inzwischen ein Glas gefunden und versuchte nun mit seiner gesunden linken Hand den Stöpsel aus der Karaffe zu ziehen.
    »Farrell! Hast du noch nicht genug gehabt?«
    »Nanu, es war der gute Name von Vater, den ich zu verteidigen versuchte«, murmelte er, während er sich weiter bemühte, die Karaffe zu öffnen. Seine Hand zitterte, als er das Glas vollschüttete. Die Erinnerung an das Duell plagte ihn. Immer wieder hörte er den ohrenbetäubenden Knall seiner Pistole, und er sah das Erstaunen und Entsetzen auf dem Gesicht des Unparteiischen, der noch immer mit dem weißen Tuch in seiner erhobenen Hand dastand. Auf ewig war dieser Anblick seinem Gedächtnis eingeprägt; doch damals, als es geschah, fühlte er eine seltsame Mischung von Schrecken und aufglühender Lust, als sein Gegner zurücktaumelte und nach seiner Schulter griff. Schnell sickerte das Blut durch Setons Finger, und Farrell hatte in eiskalter Erwartung darauf gehofft, daß er zusammensank. Statt dessen richtete der Mann sich wieder auf, kam zu sich, und die Welle der Erleichterung, die Farrell eben überkommen hatte, wurde jäh von kaltem Schweiß zurückgeworfen. Das volle Ausmaß seiner Dummheit, abzufeuern, ehe das Signal gegeben wurde, wurde ihm schlagartig klar, als Setons Waffe sich langsam hob, und die Mündung der Pistole sich mitten auf seine Brust richtete.
    »Ohne auch nur die geringste Duellerfahrung hast du einen Mann gefordert. Und das alles nur um ein Kartenspiel«, schalt ihn Erienne.
    Das Dröhnen in Farrells Kopf hinderte ihn daran, die Worte seiner Schwester zu begreifen. Das Bild, das sich langsam vor seinem inneren Auge entfaltete, ließ ihn erstarren. Er sah nur die gähnende Öffnung, die ihn an jenem frühen Morgen bedrohte, hörte nur das dumpf dröhnende Pochen seines Herzens, spürte nur das schmerzvolle Ziehen in seinen Eingeweiden, dieses Entsetzen, das ihn sogar jetzt noch quälte, wenn er erwachte. An jenem kühlen Morgen brannten die Schweißtropfen in seinen Augen, aber er wagte noch nicht einmal zu blinzeln; er hatte davor Angst, daß die leiseste Bewegung ihm die tödliche Kugel bringen würde. Diese zerrende Panik durchdrang ihn so tief, sie riß an seinen Nervenenden, bis er mit einem Aufschrei hilfloser Wut und Angst seinen Arm hochriss und seinem Gegner die leere Waffe entgegenschleuderte. Dabei war ihm noch nicht einmal

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