Eine Rose im Winter
klar, daß die Pistole des anderen bereits über seinen Kopf hinaus zielte.
Eine weitere Schallexplosion zerfetzte an jenem frühen Morgen die Stille und begrub sie unter einem vielfältigen Echo; Farrells Aufschrei der Wut verwandelte sich in ein Kreischen aus schier endloser Qual. Der heftige Stoß, der seinen Arm durchbohrte, hinterließ einen Ausbruch von höllischer Pein, die in seinem Gehirn pochte. Noch ehe der Rauch sich auflöste, war er auf die kühle, taufeuchte Wiese gefallen, auf der er sich wand und vor Qual und Erniedrigung stöhnte. Eine große schattenhafte Figur näherte sich und stand dicht hinter dem knienden Arzt, der sich um seinen Arm bemühte. Durch den Schleier von Schmerzen erkannte er den Mann, der ihm die Qualen zugefügt hatte, wie er als Schatten vor dem verhangenen Licht der aufgehenden Sonne stand. Die Haltung von Christopher Seton beschämte ihn zutiefst, denn der Mann hielt nur ein Taschentuch auf die blutende Wunde; es war ihm, als wolle er ihn bewußt beschämen.
Trotz seiner Schmerzen war es Farrell klar, daß er durch diesen falschen Schuß mehr verloren hatte, weit mehr, als nur das Duell. Es war ein vernichtender Schlag, seine Reputation so vollkommen ruiniert zu haben. Niemand würde mehr die Forderung eines Feiglings annehmen; und vor der Verdammnis durch seine eigene Seele gab es keinerlei sichere Zuflucht.
»Die närrische Dummheit des Burschen hat die Wunde verursacht.« Setons Worte kamen zurück, um ihn zu quälen. Ein Winseln entrang sich seinen Lippen. Der Mann hatte es klar ausgesprochen. »Hätte er seine Pistole mir nicht entgegengeworfen, wäre meine nicht losgegangen.«
Der Unparteiische erwiderte in einem ähnlich kühlen Ton. »Er feuerte, ehe ich das Signal gab. Sie hätten ihn töten können, Mr. Seton, und kein Mensch hätte ein Wort darüber verloren.«
Setons Antwort kam knurrig. »Ich bin kein Kindermörder!«
»Ich versichere Sie, Sir, Sie sind in dieser Angelegenheit völlig schuldlos. Ich kann nur anraten, daß Sie sich von hier zurückziehen sollten, ehe der Vater des Jungen kommt und noch mehr Unheil anrichtet.«
Farrell dachte sich, daß der Unparteiische zu milde geurteilt und ihm zu leicht vergeben hatte. Der sehnliche Wunsch, ihm zu verstehen zu geben, daß er nicht des gleichen edlen Sinns war, marterte ihn, und er stieß eine Flut böser Flüche aus, ließ seinem hilflosen Zorn gegen ihn freien Lauf, anstatt die Wahrheit seiner eigenen Feigheit einzusehen. Sehr zu seinem Verdruss erreichte er mit seinen Beleidigungen nicht mehr als ein mildes Lächeln der Verachtung auf den Zügen seines Gegners, der davonschritt, ohne ihm noch einen weiteren Blick zu schenken, wie bei einem Kind, das zu beachten sich nicht lohnt.
Das quälende Bild schwand, und mit harten Tatsachen kehrte die Wirklichkeit zurück. Farrell sah das volle Glas vor sich an, aber seine zitternden Knie vermochten ihn kaum noch zu tragen, und so konnte er es sich nicht leisten, sich der Stütze seines heilen Armes zu versagen, um den Whisky an seine Lippen zu führen.
Die Worte Eriennes: »Du trauerst um deinen schrecklichen Verlust«, weckten endlich seine Aufmerksamkeit. »Und du bist bereit, deine Lebensjahre um zwei zu verkürzen. Es ginge dir weit besser, hättest du den Yankee in Ruhe gelassen, anstatt den wilden Hahn zu spielen.«
»Der Mann ist ein Schwindler, und das hab' ich ihm gesagt, jawohl, das hab' ich!« Farrell sah sich nach einer sicheren Stütze um und entdeckte gottlob einen Stuhl in seiner Nähe.
»Es waren Vaters Ehre und sein guter Name, die ich zu verteidigen suchte.«
»Verteidigen, bah! Deine Bemühung hat dich zum Krüppel gemacht und Mr. Seton hat nicht ein Wort seiner Verleumdungen zurückgenommen.«
»Das wird er noch!« brauste Farrell auf. »Er wird es tun, oder ich werde … ich werde …«
»Was wirst du?« fragte Erienne zornig. »Deinen anderen Arm verlieren? Du wirst dich umbringen lassen und immer noch glauben, daß du gegen einen Mann mit Christopher Setons Erfahrung antreten kannst.« Angewidert hob sie die Hand. »Was soll es, der Mann ist fast doppelt so alt wie du, und manchmal glaube ich, er hat doppelt soviel Geist wie du. Es war sehr dumm von dir, ihn anzugreifen, Farrell.«
»Der Teufel soll dich holen, Kleine! Du denkst wohl, die Sonne geht nur für deinen herrlichen Mr. Seton auf und unter.«
»Was sagst du da?« schrie Erienne auf; seine Anschuldigung hatte sie zutiefst verletzt. »Ich bin dem Mann niemals begegnet!
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