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Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten.

Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten.

Titel: Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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meine Meinung, als ich den Namen des Autors hörte, der diesen Stoff verarbeitete und dem auch die Leitung der Sendung anvertraut war: Giorgio Vecchietti. Persönlich war ich ihm noch nie begegnet, doch war ich sehr gut mit seinem Bruder bekannt, einem Theatermenschen, der seine Komödien unter dem Künstlernamen Massimo Dursi herausbrachte. Es hieß, Vecchietti sei ein Gentleman und ein guter Journalist, also jemand, mit dem man reden konnte. Und das stellte eine gewisse Garantie für die Ausgewogenheit der Reportage dar. Außerdem erzählte man sich, daß er ein waschechter Bologneser, also ein geselliger Mensch war, der keinen Hehl daraus machte und sich die gute Küche schmecken ließ. Mein Interesse an ihm gründete in allererster Linie auf der Tatsache, daß er als blutjunger Mann Mitdirektor der Zeitschrift Primato an der Seite von Giuseppe Bottai gewesen war, der zu der raren Sorte faschistischer Parteibonzen mit Intelligenz und Kultur gehörte.
     Dieser Zeitschrift, die seinerzeit zum Glück ihren Weg in den einzigen Kiosk meines verlassenen sizilianischen Dorfs fand, verdanke ich in gewisser Weise meine Bildung: Ganze Nächte schlug ich mir um die Ohren, weil ich in die Lektüre von Essays, Erzählungen und Gedichten daraus vertieft war, und verdarb mir ziemlich das Augenlicht. Ich erinnere mich, wie ich nach der Lektüre der Rezension des Ernst-Jünger-Buchs Auf den Marmorklippen von Giaime Pintor wie betäubt durch die Straßen des Dorfs schwankte, während über mir ein Bombenhagel aus der Luft niederging und die Leute schrien, man müsse sich im Luftschutzkeller in Sicherheit bringen; außerdem erinnere ich mich, daß die Debatte über den Existentialismus, an der sich Abbagnano, Paci, Della Volpe und andere beteiligten, auf mich wie ein leichtes Fieber verbunden mit Hautreizungen wirkte.
     Als ich Vecchietti dann persönlich kennenlernte, begann ich in den Arbeitspausen, ihn über Personen und Ereignisse aus seiner Zeit bei Primato auszufragen, und vielleicht brachte ihn meine nicht nachlassende Neugier dazu, sich auch für mich zu interessieren. Jedenfalls begannen wir, zusammen auszugehen und über dies und jenes zu plaudern – gewiß nicht wie Kumpels (der Altersunterschied zwischen uns war einfach zu groß), aber dennoch in sehr freundschaftlichem Einvernehmen. Eines Abends erzählte er mir beim Essen eine Sache, die ihm vor Zeiten zugestoßen war und die ich hier wortwörtlich wiedergebe:

    »Wie du weißt, war ich eine Zeitlang Direktor der Nachrichtensendung des Zweiten Fernsehkanals, also dem, der nicht katholisch ausgerichtet war. Ich hatte vor, eine modernere und lebendigere Nachrichtensendung als die des Ersten Kanals zu machen, der von Haus aus regierungstreu ist. So begann ich, die Nachrichten aus dem Programm zu nehmen, die mir sekundär und ohne Belang für die Nation erschienen. Beispielsweise schaffte ich die Reportagen ab, die sich auf den ›Bandschnitt bei Eröffnungen‹ oder auf die ›Legung eines Grundsteins‹ bezogen, denn das bedeutete, daß kostbare Minuten der Nachrichtensendung einem Untersekretär gewidmet waren, der den Grundstein für den Bau des städtischen Tierheims irgendwo am Ende der Welt legte, oder einem bekannten Parlamentsabgeordneten, der die Eröffnung eines neuen Saumpfads zwischen zwei lieblichen, aber leider völlig abgeschiedenen Ortschaften in den Friauler Bergen feierte. Es handelte sich um Beiträge, die ganz eindeutig auf Anregung eines Lokalpolitikers zustande gekommen waren, der auf diesem Weg sein eigenes Image als Politmensch aufpolieren wollte. Das zog zwar einige Beschwerden nach sich, aber mehr auch nicht. Eine andere Art von Reportagen, die ich aus den Nachrichten nahm, hatten zum Thema: ›Brillante Operation der Guardia di finanza‹ oder so ähnlich. Die Bildsequenz war stets die gleiche: Ein Schnellboot der Guardia di finanza flankierte ein Wasserfahrzeug, Schiff oder Fischkutter oder was auch immer es war, die Beamten stürmten an Bord, und aus dem Laderaum tauchten Kisten mit Schmuggelzigaretten auf – merkwürdigerweise immer von derselben Marke (doch das wurde mir erst nach der Begegnung, von der ich dir noch erzählen werde, bewußt) –, die dann beschlagnahmt wurden. Wenn ich solch einen Beitrag strich, würde sich keiner beklagen, und in der Tat beklagte sich niemand: Die Beiträge verschwanden, ohne Aufsehen zu erregen.
    Einige Zeit später befand ich mich zu Fuß auf dem Nachhauseweg in der Nähe des Pantheon. Es war ein

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