Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine schwimmende Stadt

Eine schwimmende Stadt

Titel: Eine schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
zu denken!
    – Aber sagen Sie mir, wie entstand eigentlich der Streit im Smokingroom?
    – Der Anlaß war ein bloßer Vorwand, eine Erörterung über das Spiel. So viel steht fest, wenn Fabian diesen Drake nicht kannte, so kannte er ihn um so besser. Der Name Fabian ist für ihn so viel wie ein Gewissensbiß, und er gedenkt, ihn mit dem Mann, der ihn trägt, aus der Welt zu schaffen.
    – Wer sind Harry Drake’s Zeugen? fragte ich.
    – Der eine ist jener Possenreißer ….
    – Doctor T ….?
    – Ja wohl, und der andere ein Yankee, der mir nicht bekannt ist.
    – Wann werden sie zu Ihnen kommen?
    – Ich erwarte sie hier.«
    Wirklich bemerkte ich in diesem Augenblick die beiden Zeugen, die auf uns zukamen. Doctor T …. setzte sich gewaltig in Positur und kam sich augenscheinlich sehr wichtig in der Mission vor, einen Schurken zu vertreten. Sein Begleiter war ein anderer Tischgenosse Drake’s, einer von jenen eklektischen Kaufleuten, die immer gerade das zu verkaufen haben, was man ihnen zu kaufen vorschlägt.
    Nachdem Doctor T …. mit Emphase gegrüßt hatte, was Hauptmann Corsican übrigens kaum erwiderte, nahm er das Wort und begann sehr feierlich:
    »Meine Herren, unser Freund Drake, ein Gentleman, dessen seine Sitten und Verdienste Jedermann zu würdigen weiß, hat uns zu Ihnen gesandt, um über eine höchst delicate Sache zu verhandeln, oder vielmehr, Hauptmann Mac Elwin, an den wir uns zunächst wandten, hat uns Sie Beide als seine Stellvertreter in dieser Angelegenheit bezeichnet. Ich hoffe, daß wir uns, wie es sich für honnete Leute paßt, mit Ihnen über die delicaten Punkte unserer Mission vereinigen werden.«
    Wir antworteten nicht und überließen es der honneten Persönlichkeit, mit »Delicatesse« weiter zu schwatzen.
    »Meine Herren, fuhr Doctor T …. fort, es bedarf natürlich keiner weiteren Erörterung darüber, daß das Unrecht auf Seiten des Hauptmann Mac Elwin ist. Der Herr hat ohne Grund, ja sogar ohne Vorwand die Ehrenhaftigkeit unseres Freundes Harry Drake in einer Spielfrage angegriffen und ihm sodann, ohne jede Herausforderung, die schwerste Injurie zugefügt, die einem Gentleman füglich widerfahren kann ….«
    Diese süßlichen Redensarten wurden endlich dem Hauptmann zu viel; er biß sich ungeduldig auf den Schnurrbart und rief, indem er barsch dem Doctor das Wort abschnitt:
    »Zur Sache, mein Herr, wenn ich bitten darf; die Angelegenheit ist so außerordentlich einfach, daß langes Reden darüber vollständig überflüssig wird. Hauptmann Mac Elwin hat die Hand gegen Herrn Drake erhoben, und Ihr Freund sieht die Ohrfeige als genossen an, er ist also der Beleidigte und verlangt Genugthuung; folglich steht die Wahl der Waffen ihm zu. Nun?
    – Hauptmann Mac Elwin nimmt an? … fragte Doctor T …., der durch Corsican’s Ton etwas aus dem Concept gebracht war.
    – Alles.
    – Unser Freund Harry Drake wählt den Degen.
    – Gut. Wo soll die Begegnung stattfinden? In New-York?
    – Nein, hier an Bord.
    – An Bord, gut, wenn Ihnen daran liegt. Wann? morgen früh?
    – Heute Abend um sechs Uhr, hinter dem großen Deckzimmer, das um die Zeit unbesucht ist.
    – Es ist gut.«
    Und Hauptmann Corsican nahm mich am Arm und drehte, ohne weiteren Blick oder Gruß, Doctor T …. den Rücken zu.
Dreißigstes Capitel.
Eine Leiche an Bord.
    Ein Aufhalten der Entwickelung war bei dieser unglücklichen Geschichte unmöglich geworden. Nur wenige Stunden noch trennten uns von dem Augenblick, wo die beiden Feinde sich gegenüber stehen sollten. Weshalb diese Ueberstürzung? Warum wartete Harry Drake nicht mit dem Duell, bis sein Gegner und er gelandet waren? Schien ihm dies von einer französischen Gesellschaft gemiethete Schiff ein günstigerer Boden für diese Begegnung, die ein Kampf auf Leben und Tod werden sollte? oder hatte Drake vielleicht ein geheimes Interesse, Fabian auf die Seite zu schaffen, bevor wir den Fuß auf amerikanischen Continent setzten und Ellen’s Anwesenheit an Bord offenbar wurde? Ja, das mußte es sein!
    »Nach Allem, was geschehen ist, liegt bitter wenig daran, sagte Hauptmann Corsican. Je eher die Geschichte jetzt zu Ende kommt, desto besser.
    – Soll ich Doctor Pitferge bitten, dem Duell in seiner Eigenschaft als Arzt beizuwohnen?
    – Ja, Sie werden wohl daran thun.«
    Corsican verließ mich, um wieder zu Fabian zu gehen. Gleich darauf hörte ich die Schiffsglocke läuten, und der Steuermann theilte mir auf mein Befragen mit, daß das Begräbniß des armen

Weitere Kostenlose Bücher