Die Vampirverschwoerung
Lucy Vega und ihre beste Freundin Sophia Hewitt durchquerten am Montagmorgen auf dem Weg zur Schule den ältesten Friedhof von Franklin Grove. Das vom Frost steife Gras auf dem Weg knirschte laut unter ihren schweren Stiefeln. Lucy vergrub die Hände in den Taschen ihres langen schwarzen Daunenanoraks, um ihre Finger warm zu halten.
Ich werde diesen Friedhof vermissen, wenn ich nach Europa ziehe, dachte Lucy.
Auch wenn es noch nicht ganz hell war, konnte sie weiter hinten die niedrige Silhouette von Brendans Familien-Gruft erkennen, wo sie und ihre Freunde so viel Zeit zusammen verbracht hatten. Jenseits des Friedhoftores leuchteten die Lichter der Häuser in der Nähe.
»Was für eine mördergeile Party!«, rief Sophia und unterbrach damit Lucys Gedanken.
Es schien Ewigkeiten her zu sein, aber erst am vergangenen Samstag war Lucys menschliche Zwillingsschwester Olivia feierlich in die Vampirgemeinschaft aufgenommen worden und es hatte eine kleine Feier gegeben.
»Jetzt ist es kein Geheimnis mehr, dass Olivia von uns Vampiren weië, fuhr Sophia fort. »Es steht schon im Vorld Vide Veb . Ist das nicht toll?«
Lucy verbarg den Mund unter ihrem schwarzen Strickschal und atmete aus, um ihren Hals zu wärmen.
Das ist nicht das Einzige, was nicht länger ein Geheimnis ist, dachte sie.
»Sophia«, sagte sie laut. »Ich muss dir etwas sagen.«
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Ein Schwall warmer Luft schlug Olivia Abbott entgegen, als sie eine der riesigen Eichentüren der Franklin-Grove-Schule aufzog. Während sie sich in der Eingangshalle umsah, nahm sie ihre Mütze ab und schwang sie an einer der rosa Troddeln, die von den Ohrenklappen herabhingen, herum. Sie sprang auf und ab, damit ihr warm wurde. Wegen einer Schulveranstaltung trug Olivia ihr Cheerleader-Outfit, aber trotz ihrer Leggings fühlte sie sich wie ein Eiszapfen.
Camilla, wo bist du?, dachte Olivia und hielt weiterhin nach ihrer Freundin Ausschau, während sie von einem Fuà auf den anderen hüpfte. Ich habe Wahnsinnsneuigkeiten!
Die Eingangstür ging auf und Olivia sah sich hoffnungsvoll um. Leider war es nur Charlotte Brown, Olivias unsympathische Cheerleading-Mannschaftskapitänin. Sie trug flauschige weiÃe Ohrenschützer.
»Hi, Charlotte«, grüÃte Olivia, ohne die Enttäuschung in ihrer Stimme verbergen zu können.
Charlotte lieà die Tür hinter sich zufallen, aber ihre Cheerleader-Kumpaninnen Katie und Alison schlüpften
gerade noch hinter ihr herein. Sie trugen ebenfalls flauschige Ohrenschützer.
»Oh, Olivia, mir ist so fürchterlich kalt!«, jammerte Charlotte.
»Uns ist auch kalt!«, sagten Katie und Alison, die ein Talent dafür hatten, immer dasselbe zu denken wie Charlotte.
»Dann geht ihr am besten gleich rein und wärmt euch auf!«, antwortete Olivia und knipste ihr Lächeln an. Ohne ein weiteres Wort gingen sie an ihr vorbei.
Ein Schüler nach dem anderen betrat die Schule. Und jedes Mal wenn die Eingangstür aufging, machte Olivias Herz einen Satz. SchlieÃlich entdeckte sie Camillas wippende blonde Locken.
»Camilla!«, rief Olivia.
»Hey«, sagte Camilla, als sie Olivia erblickte, und auf ihrem Gesicht erschien ein Lächeln. »Tut mir leid, dass ich ein bisschen spät dran bin. Du warst gestern am Telefon so aufgeregt. Was ist denn los?«
Olivia grinste. »Ich habe die gröÃte Neuigkeit der Welt!«
Camilla sah sie skeptisch an. »GröÃer als herauszufinden, dass du eine Zwillingsschwester hast?«
Olivia zog die Nase kraus. Da hatte Camilla allerdings recht. Olivia und Lucy hatten bis zu Olivias erstem Schultag in Franklin Grove vor ein paar Monaten noch nicht einmal gewusst, dass sie eine Zwillingsschwester hatten. Und irgendwie war diese ganze »Meine-Schwester-ist-ein-Vampir-Sache« auch eine groÃe Neuigkeit, aber davon wusste Camilla natürlich
nichts. Olivia war einer der ganz wenigen Menschen, die von der Existenz der Vampire wussten.
»Genau so groë, beschloss Olivia und zog Camilla hinter die riesigen Töpfe mit Farn, die in der Ecke der Eingangshalle standen. Dort holte sie tief Luft. »Du darfst es aber niemandem weitersagen«, betonte sie. »Versprochen?«
»Versprochen«, sagte Camilla feierlich. »Jetzt schieà endlich los!«
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»Ich sagâs dir doch gerade«, protestierte Lucy.
»Nein«, sagte Sophia. »Du versuchst es mir zu
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