Eine skandaloese Liebesfalle
Auszeit gönnen - dieses Leben begann seinen Tribut von ihm zu fordern.
Aber Freddies Antwort verschaffte Vere den Ansatzpunkt, auf den er gewartet hatte. „Denkst du, ich sollte Mrs Canaletto einen Antrag machen? Sie kennt mich schon mein ganzes Leben.“
„Nein! rief Freddie entsetzt und wurde sogleich über und über rot im Gesicht. „Was ich sagen wollte, natürlich liebt sie dich, aber nur als Bruder. “
„Verflixt. Was ist mit dir? Denkst du, sie liebt dich auch nur wie einen Bruder?“
„Ich ... äh ... hm ...“
Während Vere eine große Begabung zum Lügen und Verstellen hatte, konnte bei Freddie davon keine Rede sein. Er war ein völlig hoffnungsloser Fall, wenn es darum ging, irgendwelche Ausflüchte zu finden.
„Ich weiß es nicht genau“, antwortete er schließlich. „Warum findest du es nicht heraus? Sprich sie direkt darauf an“, schlug Vere unbekümmert vor. „Ich hab’s: Wir fragen sie beide. Wie soll ich sonst wissen, ob sie nicht am Ende doch seit Jahren eine geheime Schwäche für mich hat?“
Kingsley, gelangweilt von seiner Zeitung, kam zu ihnen und fragte Vere nach einer Zigarette. Freddie wurde dadurch der Notwendigkeit, seinem Bruder eine Antwort zu geben, enthoben.
Aber Vere hatte bereits genügend Antworten bekommen.
Die Liebenswürdigkeit ihrer Gäste überwältigte Elissande schier. Sie waren so froh, sie kennenzulernen, so dankbar, dass sie ihnen ihr Heim öffnete, und so entzückt, dass sie mit so kurzer Vorbereitung in dem Stil und mit den Annehmlichkeiten untergebracht wurden, die sie gewohnt waren.
L’affair des rats war in der Tat eine traumatische Erfahrung gewesen, gestand man Elissande einhellig. Aber sie waren jünger und konnten schneller vergessen als
Lady Kingsley. Sie hielten dieses Erlebnis für etwas, das einem nur einmal im Leben passierte. Miss Kingsley amüsierte es, als sie daran erinnert wurde, wie sie einfach nicht hatte aufhören können zu schreien. Hätte Lord Vere es ihr im Nachhinein nicht erzählt, sie hätte nicht mehr gewusst, dass er ihr eine Ohrfeige hatte geben müssen, um sie aus ihrer Hysterie zu holen. Miss Beauchamp berichtete, wie sie nahe einer Ohnmacht war, als Lord Vere kam, um sie zu retten. Als sie von ihm ins Freie getragen wurde, hätte sie sich die ganze Zeit an seine Rockaufschläge geklammert.
Ihr heiteres Lachen erstaunte Elissande. Sie schienen ihr so gar nicht wirklich, diese rosigen, robusten jungen Frauen, denen Ängste, Sorgen und Nöte völlig fremd waren, als wäre ihnen nie der Gedanke gekommen, dass Spaß und Vergnügen Folgen nach sich ziehen könnten und daher genauso wenig offen gezeigt werden sollten wie Elend und Kummer.
Sie wusste kaum, was sie mit der fröhlichen Gesellschaft anfangen sollte. Daher verlegte sie sich auf das, was sie beherrschte - und lächelte. Was zur Folge hatte, dass ihre Gäste großes Aufhebens um sie machten. Ihre Zähne, die bei ihrem Lächeln zu sehen waren, wurden bewundert. Aber auch um ihren Teint, unbeeinträchtigt von Aufenthalten unter freiem Himmel, von Ausritten, Bootsfahrten oder häufigem Tennisspiel, wurde sie beneidet. Und um ihr Teekleid ebenfalls, das sie, wie Miss Kingsley erklärte, auf einer Schneiderpuppe in Madame Elises Salon in der Regent Street gesehen hatte, wobei ihre Mutter sich aber geweigert hatte, es ihr zu kaufen. Elissande fragte sich, wie lange Miss Kingsleys Interesse an Mode wohl anhalten würde, wenn sie gezwungen wäre, die neuesten Kreationen zum täglichen Nachmittagstee mit Elissandes Onkel zu tragen.
„Es ist eine wahre Schande, dass Sie vergangene Saison nicht in London waren“, erklärte Miss Beauchamp. „Ach,
all diese herrlichen Jubiläumsfeierlichkeiten! “
„Zu viele“, bemerkte Miss Duvall. „Mir taten dauernd die Füße weh vom vielen Tanzen. “
„Und ich muss mindestens zwanzig Pfund zugenommen haben“, verkündete Miss Melbourne, die schlank und rank wie eine Gerte war.
„Miss Edgerton, hören Sie nicht auf Miss Melbourne“, verlangte Miss Kingsley. „Jedes Mal, wenn sie einen Schluck Wasser trinkt, schwört sie, jeden Augenblick würden die Seitennähte ihres Kleides platzen. “
„Meine Güte“, erwiderte Elissande. „Dann müssen die Herren ja geradezu Schlange stehen, um ihr etwas zu trinken zu besorgen. “
Die jungen Damen schauten Elissande einen Moment lang erstaunt dann, dann brachen sie in Gelächter aus, vor allem Miss Melbourne, die unter der Macht ihrer Belustigung fast vornüber gefallen
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