Eine skandaloese Liebesfalle
dazwischenlagen.
Er blickte zu Angelica. Sie hatte den Kopf gesenkt, ihre Aufmerksamkeit ganz ihrem Buch gewidmet. Sie machte sich sogar am Rand Notizen. Das hier war keine versuchte Verführung.
„So, ich denke, das reicht für heute“, erklärte er und klappte sein Skizzenbuch zu. „Ich gehe mal kurz nach draußen.“
Angelica würde niemals sagen, dass sie Freddie schon immer geliebt hatte. Für immer, das hätte die Jahre ihrer Kindheit mit eingeschlossen. Nein, ihre Liebe hatte einen genau bestimmbaren Beginn, damals war sie siebzehn und er achtzehn gewesen.
Er war heimgekehrt nach seinem ersten Jahr in Oxford. Und sie, fest entschlossen in diesem Sommer zu Lady Margaret Hall zu stoßen, hatte sich auf eine Picknickdecke gelegt, nicht weit von der Stelle entfernt, wo er stand und die Uferböschung des River Stour malte. Sie hatte ihm alle möglichen Fragen zu Oxford gestellt, die ihr nur einfielen, und seine Arbeit kommentiert. (Sie malte zwar nicht selbst, aber sie hatte ein ausgezeichnetes Auge. Sie war außerordentlich stolz auf die Tatsache, dass sie diejenige war, die ihm vier Jahre zuvor erklärt hatte, dass man nicht einfach reines Weiß für Glanzlichter verwendete, sondern eine hellere Schattierung der Farbe dessen, was man hervorheben wollte.)
Sie hatte einen saftigen Pfirsich gegessen und Kieselsteine in den Fluss geworfen, der an dieser Stelle kaum breiter als eine Badewanne war, und ihm gesagt, er müsse mehr Blau in das Grün mischen, wenn er den richtigen Farbton des tiefdunklen Sommerlaubs treffen wolle. Sie war sich nie sicher gewesen, ob er diesen besonderen Rat gehört hatte, weil er nichts darauf erwiderte, sondern einfach den Katzenzungenpinsel, mit dem er gerade gemalt hatte, zwischen die Zähne klemmte und sich einen angeschrägten Pinsel nahm.
In diesem Moment hatte sie der Blitz der Erkenntnis getroffen. Sie starrte ihn an, als hätte sie ihn nie zuvor gesehen. Ihr ältester Freund war erwachsen geworden, und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als der Katzenzungenpinsel zu sein und den festen Druck seiner Zähne zu spüren.
Aber während sie immer eine selbstsichere und auch gebieterische Freundin gewesen war, die sich stets darauf verlassen hatte, dass ihre Freundschaft alle Ratschläge und Kritik, die sie auf ihn abfeuerte, schadlos überdauern würde, hatte sie sich als Verführerin als hoffnungsloser Fall erwiesen.
Er bemerkte die neuen Kleider und frivolen Hüte gar nicht, die sie gekauft hatte, um ihn zu bezirzen. Er hatte nicht begriffen, dass ihre Bemühungen, ihn zu einem besseren Tänzer zu machen, dazu gedacht waren, ihm einen Anlass zu bieten, sie zu küssen. Und wenn sie ausführlich über einen anderen Mann gesprochen hatte, in der Hoffnung, in Freddies Brust Eifersucht zu wecken, hatte er sie nur zweifelnd angesehen und sie gefragt, ob das nicht genau der Mann war, den sie vor Kurzem nicht hatte ausstehen können.
Die bessere Vorgehensweise wäre es vermutlich gewesen, ihm ihre Liebe einfach zu gestehen und sich unumwunden zur Bewerberin um seine Hand zu erklären. Aber je mehr ihrer raffinierten Versuche, sein Herz zu gewinnen, scheiterten, desto feiger wurde sie. Und gerade, als sie zu der Überzeugung gekommen war, dass er sich vielleicht nicht in eine unabhängige Frau verlieben könne, musste er den Reizen der zauberhaften und wagemutigen Lady Tremaine erliegen, die auf niemandes Meinung etwas gab, außer es war ihre eigene.
Als Lady Tremaine Freddie verlassen hatte, um zu ihrem Ehemann zurückzukehren, war Angelicas Chance endlich gekommen. Er war verzweifelt. Er war verwundbar. Er brauchte jemanden, der Lady Tremaines Platz in seinem Leben einnahm. Aber als sie ihn aufsuchte, war ihr dummerweise ein „Ich hab’s dir ja gesagt“ herausgerutscht, worauf er sie in unmissverständlichen Worten aufgefordert hatte, ihn doch bitte in Ruhe zu lassen.
Sie zog sich weiter an, bis sie vollkommen angekleidet war. Er stand vor dem Atelier, wartete auf sie. Während der vier Jahre, die sie fortgewesen war, hatte er den Babyspeck verloren, den er noch gehabt hatte, als er vierundzwanzig war. Und auch wenn er nie so perfekt gemeißelte Züge wie Penny haben würde, so fand sie ihn einfach wunderschön; sein Gesicht war so sanft wie sein Wesen.
Selbst als er noch pummeliger war, hatte sie ihn unglaublich attraktiv gefunden.
„Darf ich dir eine Tasse Tee anbieten?“, fragte er.
„Du darfst“, antwortete sie. „Aber hattest du mich nicht um einen Gefallen
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