Eine skandaloese Liebesfalle
gemacht, über die Kunstzeitschriften, die sie von ihren Familienferien in Frankreich mitgebracht hatte.
Er war nie in der Lage gewesen zu malen, wenn jemand neben ihm stand - mit Ausnahme von ihr. Sie war von Anfang an dabei gewesen, gewöhnlich mit einem dicken Wälzer auf dem Schoß, ganz in ihre eigenen Gedanken versunken. Von Zeit zu Zeit las sie ihm etwas laut aus ihrem Buch vor, etwa über den wissenschaftlichen Hintergrund, warum Bleizucker in Ölfarben dazu führte, dass fertige Gemälde rasch nachdunkelten. Einmal rezitierte sie ein pikantes Sonett von Michelangelo an einen schönen jungen Mann, gab einen Bericht über den berüchtigten Salon des Refusés von 1863 wieder, jenen Salon, den die Maler ins Leben riefen, die nicht an der Pariser Weltausstellung teilnehmen durften, da ihre Werke zurückgewiesen wurden.
Auf gewisse Weise also war er es gewohnt, mit ihr in der Nähe zu arbeiten.
Bis auf den Umstand, dass sie jetzt nackt war.
Sie lag auf dem Bett, das er von seinen Dienern in seinem Atelier hatte aufstellen lassen, auf der Seite, mit dem Rücken zu ihm, den Kopf in die Hand gestützt, und las in dem Buch Kunstschätze in Großbritannien.
Ihr Haar fiel ihr in einem üppigen Durcheinander auf die Schultern, es war Umbrabraun, durchzogen von einem natürlichen Sienarot. Ihre Haut schimmerte, als leuchtete sie von innen. Die Weichheit ihres Pos ließ ihn seinen Stift fester fassen. Und das, bevor er ihre Brüste betrachtete und das schattige Dreieck zwischen ihren Schenkeln, das er in dem Spiegel sehen konnte, den sie an strategisch wichtiger Stelle platziert hatte.
Er musste sich nahezu minütlich daran erinnern, dass er Kunst schuf und die Schönheit an sich feierte. Die Attraktivität ihres Körpers war ebenso Teil der Natur wie die Rinde einer Birke oder die im Sonnenlicht glitzernde Wasseroberfläche eines Sees im Sommer. Es sollte ihm keine Schwierigkeiten bereiten, ihn als Form und Farbe, als Spiel mit dem Licht zu bewundern ...
Dennoch hätte er am liebsten seinen Stift hingeworfen und wäre zu dieser besonderen Kombination aus Form, Farbe und Lichtspiel gegangen und ...
Stattdessen blickte er auf sein Skizzenbuch. Nicht, dass es ihm viel half. Er hatte bereits mehrere Zeichnungen angefertigt, eine allgemeine Skizze der Szene an sich, eine Studie ihres Profils und ihrer Haare, eine ihrer Mitte und eine von dem, was er im Spiegel sah.
„Weißt du, Freddie“, sagte sie, „bevor ich nach England zurückkam, war ich davon überzeugt, deine Erfahrung mit Lady Tremaine hätte dich grüblerisch und verbittert werden lassen. Aber du bist derselbe Mann, der du immer warst.“
Es war typisch für Angelica, unerwartete Themen anzusprechen. Er blickte auf die leere Leinwand.
„Es ist lange her, Angelica. Vier Jahre.“
„Aber hast du dich vollkommen von ihr erholt?“
„Es war ja schließlich keine Krankheit.“
„Dann davon, sie verloren zu haben?“
„Sie war ja nie wirklich mein. “Er wählte einen spitzen Bleistift aus seiner Schachtel. „Ich denke, ich wusste von Beginn an, dass unsere gemeinsame Zeit begrenzt war, sozusagen nur geborgt.“
Mit Lady Tremaine war er glücklich gewesen, aber dieses Glück war nie ganz frei von Schatten gewesen. Als sie sich mit ihrem Ehemann wieder versöhnt hatte, war er am Boden zerstört gewesen, aber nicht gekränkt. Ihre Entscheidung bedeutete für ihn keinen Verrat, sondern schlicht das Ende einer wunderbaren Zeit in seinem Leben.
Er schlug eine neue Seite in seinem Skizzenbuch auf und zeichnete Angelicas wohlgeformte Kurven. Dabei wünschte er sich, seine Hände wären seine Stifte, sodass er, während das Bild entstand, mit ihnen über ihre kühle, glatte Haut fahren könnte.
Lady Tremaine hatte ihm einmal gesagt, Angelica sei in ihn verliebt. Es geschah nur selten, dass Freddie Lady Tremaines Aussagen bezweifelte, aber diese hatte sie geäußert, als sie beschlossen hatte, sich mit ihrem Ehemann zu versöhnen, als sie sich zweifellos wünschte, dass
Freddie auch jemanden fände, mit dem er glücklich sein konnte. Egal mit wem.
Wenn Angelica in ihn verliebt war, dann hatte sie jedenfalls nie ein Wort darüber verloren, so viel stand fest. Und sie war keine Person, die ihre Worte auf die Goldwaage legte, wenn sie mit ihm sprach. Und selbst wenn Lady Tremaine recht gehabt hätte, inzwischen waren vier Jahre vergangen, eine lange Zeit, in der selbst standhafte Gefühle ins Wanken geraten konnten, besonders wenn viele Meilen
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