Eine skandaloese Liebesfalle
Stunden vor Tagesanbruch so unwiderruflich zur Seinen gemacht hatte.
Außer dass er gar kein Trottel war. Er war zornig, unhöflich, und seine Sprache war sogar geradewegs abstoßend gewesen. Aber er war nicht dumm gewesen. Er hatte sehr klar erkannt, was sie ihm angetan hatte. Was die Frage nach sich zog: Hatte er ähnlich wie sie vorgegeben, jemand zu sein, der er gar nicht war?
Der Gedanke war gleichsam ein Haken, der durch ihr Herz ging.
Der goldene Schimmer seiner Haut, seine Bisse an ihrer Schulter. Die dunkle Erregung, die sie bei dem Gefühl erfasst hatte, ihn hart und fest in sich zu spüren.
Aber mehr als alles andere war da die rohe Kraft und Stärke, die er ausstrahlte.
Zieh dich aus.
Sie wollte, dass er es noch einmal sagte.
Sie hob die Hand, legte sie sich an den Hals, die Finger auf der Ader, die wie verrückt klopfte.
War es möglich - war es tatsächlich möglich, dass sie bei ihrer verzweifelten Wahl am Ende einen Mann be
kommen hatte, der so listenreich und klug wie Odysseus war, der wie Achilles aussah und wie Paris liebte?
Und ihr Onkel hatte gedroht, ihm bleibenden Schaden zuzufügen.
Nur zwei Tage blieben ihr noch.
Needham kam, verband Veres Arm und nahm beim Gehen sowohl das Bündel Briefe mit, die Vere aus Pallisers Safe entwendet hatte, als auch das Bündel mit der blutbefleckten Kleidung unter Veres Bett. Und alles, ohne ein einziges Wort darüber zu verlieren. Der gute alte Needham.
Am späten Nachmittag war Vere in der Lage, sein Bett zu verlassen, ohne unverzüglich den Wunsch zu verspüren, sich eine Pistole an den Kopf zu halten und abzudrücken. Er läutete nach Tee und Toast.
Als es jedoch an seine Tür klopfte, war die Person, die eintrat, seine Ehefrau - mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
„Wie geht es dir, Penny?“
Nein, das war nicht der Mensch, den er sehen wollte, nicht, wenn das Einzige, an was er sich erinnern konnte, war, wie er sich in ihrem weichen und überaus willigen Körper verloren hatte. Er konnte nur schlussfolgern, dass sie ihm bei der Versorgung seiner Wunde geholfen und er ihr aufgetragen hatte, Needham rufen zu lassen. Aber wie waren sie von einer Betätigung, die so gar nicht wollüstig war, wie das Verbinden einer Schusswunde, zu einer so leidenschaftlichen und zügellosen Vereinigung gekommen, dass sogar er bei der Erinnerung daran errötete?
Nun, es blieb ihm nichts anderes übrig, als so zu tun, als sei nichts gewesen.
„Oh, hallo, meine Liebe. Wie siehst du heute wieder bezaubernd aus, so frisch und liebreizend.“
Ihr Kleid war weiß, ein reiner, züchtiger Hintergrund für ihr unschuldiges Lächeln. Der modisch enge Rock schmiegte sich an ihre Hüften - wie es ihm schien, beinahe grimmig entschlossen ehe er weiter unten in sittsamere Falten fiel.
„Bist du sicher, dass es dir gut genug geht, etwas zu essen?“
„Ganz bestimmt. Ich bin halb verhungert.“
Sie klatschte in die Hände. Ein Zimmermädchen kam herein und stellte das Teetablett ab, knickste und ging wieder.
Seine Frau schenkte ihm eine Tasse ein. „Wie geht es deinem Arm?“
„Tut weh.“
„Und dein Kopf?“
„Tut auch weh. Aber es ist schon besser.“ Er trank durstig den Tee, den sie ihm anbot, gab sich Mühe, etwas davon auf seinen Morgenmantel zu kleckern. „Weißt du, was mir zugestoßen ist? Meinem Arm, meine ich. Mein Kopf tut immer höllisch weh, wenn ich so viel Whisky getrunken habe. “
„Ich dachte, es sei Rum gewesen, den du getrunken hast“, verbesserte sie ihn. „Und du hast erzählt, ein Droschkenkutscher habe auf dich geschossen.“
Das war dumm von ihm gewesen. Er hätte gar nicht erst eine Schusswaffe erwähnen sollen. „Bist du sicher?“, fragte er. „Ich kann Rum eigentlich gar nicht ausstehen.“ Sie goss sich selbst Tee in eine Tasse. „Wo warst du letzte Nacht?“, fragte sie leise und mit ehefraulichem Interesse. „Und warum warst du so spät noch unterwegs?“ Sie war gekommen, ihn auszufragen.
„Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.“
Sie schien gänzlich damit beschäftigt, Zucker und Sahne in ihren Tee zu rühren. „Du kannst dich nicht mehr daran erinnern, angeschossen worden zu sein?“
Nein, so ging es nicht. Er war viel besser, wenn er die Offensive übernahm. „Nun, du solltest doch aus erster Hand die schädliche Wirkung des übermäßigen Genusses von alkoholhaltigen Getränken auf das Erinnerungsvermögen kennen.“
„Wie bitte?“
„Kannst du dich an irgendetwas aus unserer Hochzeitsnacht
Weitere Kostenlose Bücher