Eine skandaloese Liebesfalle
stattdessen für ein Lächeln, das alle Zähne zeigte und ihr jeweiliges Gegenüber blendete.
Lord Vere wirft ein ganz neues, ein erhellendes Licht auf die englisch-preußischen Beziehungen. Lord Vere weiß die Architekturgeschichte Europas spannend und kenntnisreich zu referieren. Lord Veres tief gehende und detaillierte Lektüre von Ovid hat uns viele Stunden faszinierender Gespräche beschert.
Sie gaben ein wunderbares Paar ab, im wortwörtlichen Sinn. Die Leute verließen ihren Tisch mit offenem Mund und kaum in der Lage, zu ihrem Platz zurückzufinden. Wer hätte gedacht, dass die Talente, die sie geschärft hatte, um die Lauterkeit ihrer Seele gegen ihren Onkel zu verteidigen, eines Tages auf einer so öffentlichen Bühne zum Einsatz kommen würden? Wenn es nicht so bizarr wäre, hätte sie es komisch gefunden.
„Mir hat es im Großen und Ganzen Spaß gemacht durchzubrennen. Ich hätte es schon viel früher tun sollen. Nachdem dies nun mit Lady Vere möglich wurde, realisierte ich es sofort“, erklärte ihr Ehemann, sobald er sich wieder hinsetzen konnte.
„Nun, ich denke, wir hätten es einen Tag früher tun können“, bemerkte Elissande kichernd.
„Das stimmt“, pflichtete er ihr bei. „Daran habe ich gar nicht gedacht. Warum bin ich eigentlich nicht darauf gekommen?“
„Aber es ist ja alles gut. Wir sind hier, wir sind verheiratet, und es könnte nicht wunderbarer sein.“
Ihnen gegenüber wechselten Lord Frederick und Mrs Canaletto freundlich ungläubige Blicke, als wunderten sie sich darüber, dass es so eine perfekte Verbindung für
Lord Vere geben konnte und tatsächlich auch gab. Lord Vere beugte sich vor, um sich noch eine Scheibe Sultaninenkuchen zu nehmen und - was sonst? - warf dabei das Sahnekännchen um.
Elissande begann eine ausgefeilte Choreografie hinter seinem Ungeschick zu erkennen, den sorgfältig gewählten Winkel seines Armes, die exakte Richtung seiner Bewegung, das überlegte Ausholen mit seinem Handrücken.
Es war ausgeschlossen, dass ein Mann klarer im Kopf war, wenn er betrunken war, nur, dass er weniger vorsichtig war und daher weniger hintergründig. Jemand, der erst vor Stunden nachdrücklich und ohne Zweifel daran zu lassen, sein Missfallen an ihr zum Ausdruck gebracht hatte, musste schon ein überragender Schauspieler sein, um jetzt den überglücklichen Ehemann zu geben.
Und um das zu erkennen, musste man selbst Schauspieler sein.
Als er in sein Stadthaus zurückkehrte, erwartete Lord Vere eine Nachricht von Mr Filbert - Filbert war eines der Pseudonyme, die Holbrook verwendete. Vere zog sich Abendkleidung an und sagte seiner Frau, er gehe in seinen Klub, traf sich aber mit Holbrook und Lady Kingsley im Haus hinter dem Fitzroy Square und arbeitete fieberhaft. Er kehrte erst gegen Mitternacht nach Hause zurück.
Seine Frau wartete in seinem Schlafzimmer auf ihn. „Das hier ist viel zu riskant“, erklärte sie erbost. „Darf ich dich daran erinnern, dass du erst letzte Nacht verwundet wurdest, weil du so lange unterwegs warst?“
Er hörte auf, sich seine Krawatte aufzubinden. „Ich ... äh, das habe ich vergessen“, antwortete er und wirkte verlegen.
Sie kam zu ihm und öffnete die Knöpfe seines Abendjacketts, streifte es ihm von den Schultern. „Du solltest nicht allein im Dunkeln unterwegs sein. Ich traue meinem Onkel nicht; er spielt nicht fair. Wenn er drei Tage sagt, würde er dich ohne irgendwelche Skrupel am Zweiten Tag entführen und mich dann zwingen, meine Tante gegen dich auszutauschen.“
„Würdest du das tun?“
Sie schaute ihn finster an. „Lass uns nicht über so unangenehme Hypothesen reden.“
„Aber du hast das Thema doch angeschnitten“, erwiderte er ernsthaft. „Ich dachte, du wolltest darüber sprechen.“
Sie atmete tief durch und machte zwei Schritte zurück. „Darf ich dich um einen Gefallen bitten?“
„Natürlich.“
„Können wir mit den Spielchen aufhören?“ Warnlampen leuchteten in seinem Kopf auf. Er schaute sie mit großen Augen an. „Wie bitte?“
„Wir sind zu Hause. Die Dienstboten sind im Bett. Außer uns beiden ist niemand hier“, sagte sie ungeduldig. „Du musst nicht weiter so tun als ob. Ich weiß, dass du nicht so ahnungslos, so blind deiner Umgebung gegenüber bist, wie du zu sein vorgibst.“
Sicherlich hatte er sich nicht so weit gehen lassen, dass sie das erraten konnte. „Das ist doch lächerlich. Willst du etwa andeuten, dass ich auf andere ahnungslos wirke, Madam? Ich möchte
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