Eine Spur von Lavendel (German Edition)
für ihn so typischen Falten, die Alexander stets an ein tollpatschiges Hundebaby denken ließen. „Habt ihr euch in der Zeit eurer Freundschaft auch noch mit anderen Leuten getroffen, Alex?“
„Nein, ich muss dich enttäuschen. Nicht zusammen. Ich hatte zwar zu dem einen oder anderen Kollegen von der Bereitschaftspolizei einen ganz guten Draht, Frank jedoch nicht. Er hielt sich gern aus allem heraus. Die meisten Kollegen hielten ihn schlichtund ergreifend für arrogant und ziemlich selbstgefällig.“ Alexander verzog den Mund. „Im Grunde hatten sie sogar recht mit dieser Einschätzung.“
Lindemann nickte. „Ja, das bestätigen auch unsere Ermittlungen. Du hast also auch keinen Namen für uns, oder?“
„Leider nein. Die einzigen Leute, die ich mit Frank Michaelsen in Verbindung bringen kann, sind seine Mutter und sein älterer Bruder Walter. Sonst habe ich niemanden kennengelernt. Frank konnte gleichzeitig introvertiert und verrückt sein – kurz gesagt, ein komplizierter Typ. Frag mich nicht, warum gerade ich so gut mit ihm ausgekommen bin, keine Ahnung.“
Eine Weile saßen die beiden Männer schweigend da und starrten vor sich hin. Dann stand Lindemann auf und reckte sich.
„Okay, Alex, trotzdem danke.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dir wirklich weitergeholfen habe.“
„Ich weiß nicht so recht, Alex. Mein Bild von Michaelsen ist doch etwas klarer geworden.“ Lindemann stieß ein unwilliges Schnauben aus und deutete dann ein Grinsen an, bevor er weitersprach. „Verdammt, Hellberg, ich wünschte wirklich, ich hätte in diesem Fall mein Superhirn zur Verfügung.“
Der Bereitschaftsleiter spielte damit auf den Spitznamen an, den die Presse Alexander verpasst hatte, nachdem er einige Jahre zuvor den brutalen Mord an einem bekannten Modeschöpfer aufgeklärt hatte. Alexander war bei den Ermittlungen über ein ganz bestimmtes Detail gestolpert, das alle anderen Kollegen zuvor übersehen hatten – und das nur, weil er seinem Instinkt gefolgt war. Diese besondere Spürnase bestätigte sich immer wieder in Alexanders täglicher Arbeit, und den albernen Spitznamen nahm er unterdessen sogar von seinen Kollegen kommentarlos hin. Auch wenn er sich manchmal zwingen musste, einfach darüber hinwegzuhören.
Alexander erhob sich nun ebenfalls. „Wie hat er eigentlich seine Frau kennengelernt?“, fragte er, ohne auf die letzte Bemerkung seines Vorgesetzten einzugehen.
Lindemann schüttelte den Kopf. „Auch so ein totes Gleis,Alex. Es war auf einer Party. Eine Freundin von ihr wurde volljährig. Eine andere Bekannte hatte ihn mit zur Geburtstagsfeier gebracht. Natürlich sind wir der Sache sofort nachgegangen, doch auch diese Frau hatte ihn erst einen Abend zuvor in einer Diskothek kennengelernt. Später hatte auch sie keinen Kontakt mehr zu ihm. Nur diese Linda Michaelsen wurde ihn offenbar nicht mehr los.“
Alexander stolperte über die unüberhörbare Ironie in der Stimme seines Kollegen. „Hab ich da was nicht mitbekommen?“
„Wie du weißt, bin ich seit dreiundzwanzig Jahren verheiratet, Alex. Glaub mir, die Ehe der Michaelsens war alles andere als glücklich.“ Er schüttelte den Kopf. „So ein zartes Persönchen.“
Alexander blieb stumm. Linda Michaelsen besaß anscheinend ein großes Talent dafür, in einem Mann den Beschützerinstinkt zu wecken. Ihm war es ja schließlich ganz ähnlich gegangen. Seit seinem Besuch in ihrem Hause dachte er viel an sie, obwohl er sich ständig bemühte, diese lästigen Gedanken abzuschütteln. Sie hatte etwas in ihm angerührt, und dieses Etwas ließ gleichzeitig einige Alarmglocken in seinem Polizistenkopf schrillen. Nein, Frank Michaelsen und er hatten wirklich noch nie den gleichen Geschmack in Bezug auf Frauen gehabt. Doch offenbar gab es jetzt eine Ausnahme, denn Linda Michaelsen gefiel ihm sogar außerordentlich gut. Irritiert bemerkte er, dass er sich fast dafür schämte.
„Du hattest ihr doch deine Hilfe angeboten. Hat sie sich daraufhin eigentlich mal bei dir gemeldet?“ Lindemanns Frage riss ihn aus seinen Gedanken.
„Nein, hat sie nicht.“
„Vielleicht solltest du es noch einmal versuchen, Alex.“
Alexander schüttelte vehement den Kopf. Ohne es zu wissen, hatte Bernd Lindemann einen ziemlich wunden Punkt angesprochen. Tagelang hatte er sich mit der Frage herumgeplagt, ob er Linda Michaelsen anrufen sollte oder besser nicht. Erst in der vergangenen Nacht, als er wieder einmal schlaflos in seinem Bett lag, hatte er
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