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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ändern ließ?«
    »Ja.« Ein schwacher Widerhall ihrer früheren Schlagfertigkeit kehrte zurück, und der Hauch eines Lächelns streifte ihr Gesicht.
    »Meine Schwägerin hat ihren Mann ermordet. Und ich glaube, sie tat es deshalb, weil sie dahintergekommen ist, daß ihr Sohn – wie meiner vermutlich ebenfalls – von ihm sexuell mißbraucht wurde. Einen Anhaltspunkt hat sie mir dafür allerdings nicht geliefert.«
    Lovat-Smith blickte zu Alexandra hoch, dann stand er, wenn auch widerstrebend, auf.
    »Das ist eine reine Mutmaßung der Zeugin, Euer Ehren, kein Fakt.«
    »Er hat recht, Mr. Rathbone«, meinte der Richter ernst. »Die Geschworenen werden Mrs. Erskines letzte Bemerkung aus dem Gedächtnis streichen. Es war ihr persönlicher Rückschluß, sonst nichts; sie kann die Situation völlig mißverstanden haben. Sie dürfen es nicht als Tatsache zur Kenntnis nehmen. Und Sie, Mr. Rathbone, haben Ihre Zeugin absichtlich dazu verleitet. Sie sollten es eigentlich besser wissen.«
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Euer Ehren.«
    »Fahren Sie fort, Mr. Rathbone, und bleiben Sie beim Thema.«
    Rathbone neigte gehorsam den Kopf.
    »Mrs. Erskine, wissen Sie, wer Valentine Furnival mißbraucht hat?«
    »Nein.«
    »Sie haben ihn nicht gefragt?«
    »Wo denken Sie hin! Natürlich nicht!«
    »Haben Sie mit Ihrem Bruder darüber gesprochen?«
    »Nein! Mit niemandem.«
    »Auch nicht mit Ihrer Mutter oder Ihrem Vater?«
    »Nein – mit keiner Menschenseele.«
    »Waren Sie sich bewußt, daß Ihr Neffe Cassian Carlyon mißbraucht worden ist?«
    Sie errötete schuldbewußt und sagte mit leiser, gepreßter Stimme. »Nein. Es hätte mir eigentlich auffallen müssen, aber ich dachte, es läge an der Trauer um seinen Vater – und an der Angst, daß seine Mutter dafür verantwortlich war und er sie vielleicht auch noch verlieren würde.« Sie warf Alexandra einen bedrückten Blick zu. »Ich habe mich nicht soviel um ihn gekümmert, wie ich hätte tun sollen. Dafür schäme ich mich sehr. Er schien lieber mit seinem Großvater oder meinem Mann allein sein zu wollen. Ich dachte nun, ich dachte, das lag daran, daß seine Mutter seinen Vater umgebracht hatte und er Frauen gegenüber…« Sie brach niedergeschlagen ab.
    »Verständlich«, bemerkte Rathbone ruhig. »Aber wenn Sie mehr Zeit mit ihm verbracht hätten, hätten Sie wahrscheinlich bemerkt, ob er ebenfalls…«
    »Einspruch!« rief Lovat-Smith prompt. »Dieses ganze Gerede über sexuellen Mißbrauch entspringt bloßen Vermutungen. Wir wissen überhaupt nicht, ob mehr dahintersteckt als die krankhafte Phantasie einer altjüngferlichen Hausangestellten und eines unreifen Mädchens in der Pubertät, die beide das, was sie da gesehen haben wollen, total mißverstanden haben können und aufgrund ihrer blühenden, naiven Vorstellungskraft zu diesem scheußlichen Schluß gekommen sind. Und das völlig zu Unrecht.«
    Der Richter seufzte. »Mr. Lovat-Smiths Einspruch ist buchstäblich korrekt, Mr. Rathbone.« Sein entnervter Tonfall machte indes mehr als deutlich, daß er die Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht einen Moment teilte. »Seien Sie in Zukunft bitte in der Wahl Ihrer Worte etwas vorsichtiger. Sie dürften sehr wohl in der Lage sein, Mrs. Erskines Befragung ohne derartige Fehler durchzuführen.«
    Rathbone neigte abermals gehorsam den Kopf.
    »Hat Ihr Ehemann, Peverell Erskine, viel Zeit mit Cassian verbracht, seit er im Haus der Carlyons wohnt?«
    »Ja. Das hat er.« Ihr Gesicht war totenblaß, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
    »Danke, Mrs. Erskine. Ich habe keine weiteren Fragen an Sie, aber bitte behalten Sie Platz. Vielleicht hat Mr. Lovat-Smith noch etwas auf dem Herzen.«
    Damaris blickte den Staatsanwalt an.
    »Vielen Dank, Herr Kollege«, gab dieser zuckersüß zurück.
    »Haben Sie Ihren Bruder getötet, Mrs. Erskine?«
    Erschütterung machte sich im Saale breit. Der Richter runzelte finster die Stirn. Einer der Geschworenen begann zu hüsteln. Irgendwo auf der Galerie stand jemand auf.
    Sie war fassungslos. »Nein – selbstverständlich nicht!«
    »Hat Ihre Schwägerin diesen angeblichen, verdammenswerten Mißbrauch Ihnen gegenüber irgendwann einmal erwähnt, egal ob vor oder nach dem Tod Ihres Bruders?«
    »Nein.«
    »Haben Sie irgendeinen Grund zu der Annahme, daß ihr je etwas Derartiges in den Sinn gekommen ist? Ich meine selbstverständlich andere, als Ihnen mein verehrter Herr Kollege Mr. Rathbone in den Mund gelegt hat?«
    »Ja. Hester Latterly

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