Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Studie in Scharlachrot

Eine Studie in Scharlachrot

Titel: Eine Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
es scheint, daß auch er sich geirrt hat. Sie haben hier und da Hinweise fallen lassen und scheinen mehr zu wissen als wir, aber allmählich habe ich das Gefühl, wir haben ein Recht darauf, Sie geradeheraus zu fragen, wieviel Sie über diese Angelegenheit wissen. Können Sie den Mann benennen, der es getan hat?«
    »Ich kann nicht umhin, festzustellen, daß Gregson recht hat, Sir«, bemerkte Lestrade. »Wir haben uns beide bemüht, und beide sind wir gescheitert. Mehr als nur einmal haben Sie, seit ich im Zimmer bin, bemerkt, daß Sie alle Indizien besitzen, die Sie brauchen. Sie wollen sie uns doch sicher nicht länger vorenthalten.«
    »Jede Verzögerung bei der Festnahme des Mörders«, bemerkte ich, »könnte ihm die Zeit verschaffen, die er braucht, um eine weitere Scheußlichkeit zu begehen.«
    In dieser Weise von uns allen bedrängt, zeigte Holmes Merkmale der Unentschlossenheit. Er ging weiterhin im Raum auf und ab, das Kinn auf der Brust und die Brauen herabgezogen, wie er es zu tun pflegte, wenn er tief in Gedanken versunken war.
    »Es wird keine weiteren Morde geben«, sagte er schließlich; er blieb jäh stehen und sah uns an. »Diese Überlegung können Sie außer acht lassen. Sie haben mich gefragt, ob ich den Namen des Mörders kenne. Ich kenne ihn. Die bloße Kenntnis seines Namens ist aber eine Kleinigkeit, verglichen mit der Möglichkeit, ihn in die Hände zu bekommen. Ich erwarte, das sehr bald zu können. Ich habe alle Hoffnungen, es mittels meiner eigenen Vorkehrungen zu bewerkstelligen; es ist dies aber eine Sache, die äußerst sorgsamer Handhabung bedarf, wir haben es nämlich mit einem gerissenen und verzweifelten Mann zu tun, der, wie zu beweisen ich die Gelegenheit hatte, von einem weiteren Mann unterstützt wird, der ebenso schlau ist wie er. Solange dieser Mann keine Ahnung davon hat, daß jemand über Hinweise verfügt, gibt es eine gewisse Chance, seiner habhaft zu werden; wenn er aber auch nur den leisesten Verdacht hätte, würde er seinen Namen ändern und im Nu zwischen den vier Millionen Bewohnern dieser großen Stadt verschwinden. Ohne einen von Ihnen in seinen Gefühlen verletzen zu wollen, muß ich doch feststellen, daß ich der Meinung bin, diese Leute seien der offiziellen Polizei mehr als nur gewachsen, und das ist der Grund, aus dem ich nicht um Ihre Hilfe gebeten habe. Sollte ich versagen, wird mich natürlich wegen dieser Unterlassung die ganze Schuld treffen, aber ich bin bereit, das auf mich zu nehmen. Im Augenblick bin ich willens, zu versprechen, daß ich mich mit Ihnen in dem Moment in Verbindung setzen werde, in dem ich dies tun kann, ohne meine eigenen Kombinationen zu gefährden.«
    Gregson und Lestrade schienen mit dieser Versicherung keineswegs zufrieden zu sein, ebensowenig wie mit der schmähenden Anspielung auf die Kriminalpolizei. Gregson war bis zu den Wurzeln seines Flachshaares errötet, während die Knopfaugen des anderen vor Neugier und Abneigung glitzerten. Keiner von ihnen hatte jedoch Zeit zu sprechen gefunden, als an die Tür geklopft wurde und der Sprecher der Straßenbettler, der junge Wiggins, seine unscheinbare und unappetitliche Gestalt in den Raum einbrachte.
    »Bitte sehr, Sir«, sagte er, wobei er seine Stirnlocke berührte, »ich hab den Wagen unten.«
    »Guter Junge«, sagte Holmes mild. »Warum fuhren Sie eigentlich nicht dieses Modell bei Scotland Yard ein?« fuhr er fort, während er ein Paar stählerner Handschellen aus einer Schublade holte. »Sehen Sie nur, wie prächtig die Feder funktioniert. Sie schnappen im Nu zu.«
    »Das alte Modell ist gut genug«, bemerkte Lestrade, »solange wir den Mann finden können, dem wir sie anziehen wollen.«
    »Sehr gut, sehr gut«, sagte Holmes lächelnd. »Der Kutscher könnte mir überhaupt auch mit meinen Kisten helfen. Sei so gut, ihn heraufzubitten, Wiggins.«
    Ich war überrascht, daß mein Gefährte redete, als wolle er eine Reise antreten, da er mir nichts davon gesagt hatte. Im Zimmer stand ein kleiner Handkoffer, er zog ihn hervor und begann, die Riemen anzuziehen. Er war damit noch immer beschäftigt, als der Kutscher den Raum betrat.
    »Helfen Sie mir doch eben mit dieser Schnalle, Kutscher«, sagte Holmes; er kniete neben dem Koffer und wandte nicht einmal den Kopf.
    Der Mann trat hinzu, mit einer etwas mürrischen, trotzigen Haltung, und senkte seine Hände, um zu helfen. In diesem Moment hörte man ein scharfes Klicken, das Klirren von Metall, und Sherlock Holmes sprang wieder auf

Weitere Kostenlose Bücher