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Eine tolle Zeit

Eine tolle Zeit

Titel: Eine tolle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Ich will dir ein paar hübsche Beispiele nennen. Um die Macht in der frühen Mittelmeerwelt zu stabilisieren, haben sie Kreta auf Kosten Griechenlands aufgebaut und dabei Athen zur Geisterstadt und Plato zum trivialen Fabulierer gemacht und die ganze griechische Kultur abgewertet.«
    »Sie haben Zeit für Kultur?« hörte ich mich fragen, und klatschte mir sofort in sanftem Tadel mit der Hand auf den Mund.
    »Aber Sie erinnern sich doch an die Dialoge, Jun ge«, bemerkte Sid. »Und schimpfen Sie nicht über Kreta – ich habe eine liebe keftische Freundin.«
    »Wie lange werde ich mich noch an Platos Dialoge erinnern? Und wer nach mir?« fragte Bruce herausfordernd. »Hier ein anderes Beispiel. Die Spinnen wollen Rom mächtig sehen, und bis jetzt haben sie Rom so sehr geholfen, daß es wenige Jahre nach dem Tode Julius Cäsars im Feuer germanischer uns parthischer Invasionen untergegangen ist.«
    Jetzt schaltete sich Beau ein. Fast alle hier in der Station lieben diese harten Diskussionen. »Sie vergaßen zu erwähnen, Sir, daß Roms kürzlicher Niedergang direkt auf die abscheuliche Dreier-Allianz zurückzuführen ist, die die Schlangen zwischen der klassischen Welt des Ostens, der moslemisierten Christenheit und dem marxistischen Kommunismus geschmiedet haben, wobei die Fackel der Macht in Richtung Zukunft über Byzanz und die Östliche Kirche weitergereicht werden soll, ohne daß sie je in die Hand des Westens und der Spinnen gerät. Das, Sir, ist der Dreitausendjahresplan der Schlangen, den wir bekämpfen, indem wir uns bemühen, Rom im alten Glanz wiedererstehen zu lassen.«
    »Bemühen ist das richtige Wort«, sagte Bruce heftig. »Und noch ein Beispiel. Um Rußland zu schlagen, haben die Spinnen England und Amerika aus dem Zweiten Weltkrieg herausgehalten und so für eine deutsche Invasion in der Neuen Welt gesorgt und ein Nazireich geschaffen, das sich von den Salzminen Sibiriens bis zu den Plantagen Iowas, von Nischnij Nowgorod bis nach Kansas City erstreckt!«
    Er hielt inne und meine Härchen begannen zu juc ken. Hinter mir sang jemand mit unheimlicher, tonloser Stimme, wie Schritte in hartem Schnee.
    » Salz, Salz, bringe Salz. Kein ›Peitsch‹, gnädige Herren. Salz, Salz, Salz. «
    Ich wandte mich um, und da walzte Doc mit winzigen Schritten auf uns zu, vorgebeugt, so daß die Enden seines Schals den Boden berührten, den Kopf seitlich hochgereckt. Er blickte durch uns hindurch.
    Ich wußte sofort Bescheid, aber Erich sagte leise: »So hat er zu meinen Landsleuten gesprochen.« Doc hatte seine letzten Monate in einem von den Nazis be triebenen Salzbergwerk verbracht.
    Er sah uns und richtete sich auf, schob sorgsam seinen Hut zurecht. Er runzelte angestrengt die Stirn, während mein Herz ein halbes dutzendmal schlug. Dann erschlaffte sein Gesicht, er zuckte die Achseln und murmelte: » Nitschewo. «
    »Uns ist es egal, Sir«, übersetzte Beau und fuhr, zu Bruce gewandt, fort: »Es stimmt, durch den Veränderungskrieg sind große Zivilstationen geschrumpft oder zerbrochen. Aber andere, die einmal im Aufkeimen zertreten wurden, sind seither aufgeblüht. In den 70er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts habe ich einen Mississippi bereist, der Grants Kanonenboote nicht kannte. Ich studierte Klavier, Sprachen und die Zu fallsgesetze bei den größten europäischen Meistern an der Universität Vicksburg.«
    »Und sie meinen, Ihre dürftige Dampfboot-Kultur ist ein Ausgleich für …« begann Bruce, doch: »Ich bitt’ Sie, nichts davon, Junge«, unterbrach Sid hastig. »Nationen gleichen einander ebenso wie Wahnsinnige oder Säufer, und ich trinke alle unter den Tisch, der mir da widerspricht. Hören Sie auf die Stimme der Vernunft: Nationen sind nicht so winzig, daß sie beim ersten Betasten ihrer Vergangenheit gleich schrumpfen und verschwinden, nein, auch nicht beim zehnten. Nationen sind Ungeheuer, Junge, mit Gedärmen aus Eisen und Nerven aus Messing. Verschwenden Sie Ihr Mitleid nicht darauf.«
    »Das stimmt wirklich, Sir«, hakte Beau nach, der nach dem Angriff auf seinen großen Süden noch kühler und bissiger geworden war. »Die meisten von uns treten in die Veränderungswelt mit der falschen Vorstellung ein, daß die geringste Veränderung in der Vergangenheit – ein verschobenes Staubkorn – die ganz Zukunft verändern muß. Es dauert seine Zeit, bis wir seelisch und intellektuell das Gesetz der Bewahrung der Realität akzeptieren: daß nämlich bei einer Veränderung der Vergangenheit die

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