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Eine unbegabte Frau

Eine unbegabte Frau

Titel: Eine unbegabte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burgess
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immer sofort die Neuen vom Personal kennenlemen, kaum daß sie angekommen sind.«
    »Danke«, sagte Gladys. Sie ging langsam die Treppen hinunter. Die Dame betrachtete mit leichter Neugier die kleine Person, der man ihre Mutlosigkeit ansah. »Fräulein Aylward... nicht wahr? Ich hoffe, Sie werden gern bei uns sein. Aber zuerst: Wieviel hat die Fahrt von daheim gekostet?«
    »Zwei Schilling neun Pence«, antwortete Gladys. Sie hatte den Sinn der Frage nicht erfaßt. Die Dame nahm ihr Portemonnaie heraus. »Ich bezahle meinen Mädchen immer die Fahrkarte, wenn sie die Stellung angetreten haben«, sagte sie. »Hier sind drei Schillinge. Die Haushälterin wird Sie später in Ihre Pflichten einweisen...«
    Wie von kleinen Düsenstößen fühlte sich Gladys vorwärts getrieben, als sie nun wieder die Treppen hinauflief. Fast übermütig legte sie die drei Münzen zu den anderen auf die Bibel. Das helle Silber hob sich hübsch von dem dunklen Ledereinband ab. Drei Schillinge und zweieinhalb Pence! Das wurde alles zurückgelegt für ihr Fahrgeld nach China. Im Geist war sie schon halb drüben! Jetzt kicherte sie leise in ihrem Krankenhausbett, denn ihr fiel ihr erster Besuch im Reisebüro ein. Der ältliche Angestellte in »Millers Reisedienst« am Haymarket war völlig überzeugt, daß es bei ihr nicht ganz stimmte. Seit langen Jahren hatte er die Leute über die Vorzüge weiter Reisen ins Ausland beraten, aber offenbar noch nie ein derart unsinniges Verlangen gehört. Hatte er ihr nicht geduldig erklärt, daß die billigste Schiffsreise, gleichgültig wohin in China, neunzig Pfund kostete? Hatte er nicht nebenbei mit aller Deutlichkeit bemerkt, daß zwar die billigste und schnellste Route der Landweg durch Europa, Rußland, Sibirien nach Tientsin mit der Transsibirischen Eisenbahn war (der Fahrpreis für diese Reise betrug nur siebenundvierzig Pfund und zehn Schillinge) —, daß dieser Weg jedoch hei der augenblicklichen politischen Lage nicht in Frage kam? Und trotzdem hatte es sich das junge Ding, das ihn über den Ladentisch hinweg so energisch anblickte, einfallen lassen, seine Worte absichtlich mißzuverstehen! Sie streckte ihm drei Pfundnoten entgegen, erwiderte, daß sie eine Fahrkarte für die Eisenbahn nehmen werde, und ob er, bitte, diese Summe als Anzahlung kassieren würde. Er hatte mit seinen langen dünnen Finger auf den Tisch getrommelt und seinen Kneifer geradegesetzt, um sie besser sehen zu können. Eine Reise um die Welt, eine Safari in Afrika, ein diskretes Wochenende in Le Touquet — das konnte er alles besorgen. Aber das... das!
    »Wie ich Ihnen schon sagte, meine Dame«, hatte er streng erwidert, »die Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn ist absolut unmöglich, weil an ihrem östlichen Ende ein Krieg zwischen Rußland und China im Gange ist!«
    »Ich kann wirklich nicht wegen so einem alten dummen Krieg zu Hause bleiben«, hatte sie ihm geantwortet. »Es ist doch der billigste Weg? Also, dann ist es genau, was ich brauche. Wenn Sie mich also bitte für eine Passage vormerken wollen, gebe ich Ihnen hier drei Pfund als Anzahlung, und jede Woche bringe ich Ihnen, soviel ich kann.«
    »Wir sind nicht geneigt«, hatte der Buchhalter entgegnet — und er wählte die Worte mit der pedantischen Sorgfalt, die ein Zeichen höchster Wut ist — »unsere Kunden am Zielort - - - tot abzuliefern!« Sie blickte zu ihm auf. Seine schlechte Laune machte ihr überhaupt nichts aus, sie blieb bei ihrer weiblichen Logik. »Oh, mir tun sie nichts«, sagte sie. »Ich bin ja eine Frau. Um mich wird sich keiner kümmern.«
    Es war drei Uhr nachmittags. Im Reisebüro Miller war es fast leer, so hatte er Zeit genug, sie nunmehr sanft und ohne Aufregung darüber zu belehren, von welcher Wichtigkeit für beide Heere, das russische und chinesische, diese Eisenbahnstrecke war. Die Chinesen wollten diese mandschurische Strecke bis zur Transsibirischen Eisenbahn in eigene Regie nehmen; ein Krieg ohne Kriegserklärung war um dieses Gebiet entbrannt. Niemand konnte die Verantwortung für die Sicherheit einer einzelnen jungen Frau übernehmen, selbst wenn sie mit jenem Zauberpapier bewaffnet war, das ein englischer Paß damals noch bedeutete.
    Als er seine Rede beendet hatte, sah sie ihn immer noch mit dunklen braunen Augen ruhig an. Die kleine Hand im abgetragenen Handschuh schob die drei Pfundnoten ihm zu. »Das ist sicher alles längst vorbei, bis ich das Geld zusammenhabe«, sagte sie. »Bestellen Sie mir bitte die Fahrkarte,

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