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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Kreditkarte bezahlt, weil ich kein Bargeld mehr hatte. Sie können das alles nachprüfen.«
    »Das werde ich«, Bodenstein ließ sich seine Enttäuschung über das erweiterte Alibi nicht anmerken. »Wo waren Sie übrigens gestern Nacht?«
    »Gestern Nacht?«, Helfrich blickte ihn überrascht an. »Wann?«
    »Zwischen ein und vier Uhr morgens.«
    »Wo soll ich denn Ihrer Ansicht nach gewesen sein?«, die Andeutung eines Lächelns erschien in seinen Mundwinkeln.
    »In einer Folterkammer«, entgegnete Bodenstein. »Mit Ihren Verbindungsbrüdern.«
    Der Ausdruck der Genugtuung in Valentin Helfrichs Augen war Bodenstein Antwort genug. Er hatte erfahren, was er wissen wollte.
     
    Hans Peter Jagoda sackte in sich zusammen wie ein Luftballon, dem man die Luft herausgelassen hat, als Bodenstein und Pia ihn am späten Nachmittag mit der Aussage von Anna Lena Döring konfrontierten. Er hatte mittlerweile erfahren, dass Oberstaatsanwalt Hardenbach vor seinem Freitod ein schriftliches Geständnis abgelegt und ihn damit schwer belastet hatte. Seine Gläubiger, die er mit den kompromittierenden Sexfilmen erpresst hatte, hatten sich zusammengeschlossen und eine Anklage wegen Betruges und Erpressung gegen ihn eingereicht; die Insolvenz der JagoPharm war nicht mehr aufzuhalten, und Jagoferonil, das Medikament, in das er alle Hoffnungen gesetzt hatte, würde nur noch dem Insolvenzverwalter Geld einbringen. Jagoda hatte begriffen, dass es keinen Zweck mehr hatte, zu schweigen und zu leugnen, und so hatte er beschlossen, reinen Tisch zu machen. Er gab zu, dass die JagoPharm tatsächlich ursprünglich nur gegründet worden war, um ordentlich abzukassieren, und dass es deswegen zwischen ihm und Döring zu einem Streit gekommen war. Über die komplizierten Einzelheiten wollte Bodenstein nichtswissen, das würde in den nächsten Wochen und Monaten Sache der Staatsanwaltschaft und des Betrugsdezernates sein. Ihn interessierte lediglich, ob Isabel versucht hatte, Jagoda mit den Schwarzweißfotos zu erpressen.
    »Nein«, sagte Jagoda nach einem kurzen Blick auf die Bilder. »Ich habe diese Fotos noch nie gesehen. Weshalb sollte man mich mit diesen Bildern erpressen können?«
    »Sind Sie ganz sicher?«, fragte Bodenstein beharrlich nach.
    »Natürlich bin ich das«, Jagoda fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Warum sollte ich Sie jetzt noch anlügen? Es ist doch vorbei.«

Donnerstag, 8. September 2005
    Bodenstein parkte auf dem Parkplatz vor den historischen Gebäuden von Schloss Bodenstein, stieg aus und öffnete die hintere Klappe, um den Hund herauszulassen. Bei gutem Wetter und an Wochenenden war der Parkplatz überfüllt, denn Schloss Bodenstein, das am unteren Ende des Tales lag, das bis nach Ruppertshain führte, war ein beliebtes Ausflugsziel für Erholungssuchende aus Frankfurt und der Umgebung. In den letzten Jahren hatten sein Vater und sein Bruder, der eine äußerst geschäftstüchtige Frau geheiratet hatte, einiges dafür getan, um Schloss Bodenstein noch attraktiver und vor allen Dingen lukrativer zu machen. Neben dem traditionsreichen Reitbetrieb war die Waldgaststätte oberhalb des Gutshofes wieder belebt und gut verpachtet worden, und im Innenhof fanden regelmäßig kulturelle Veranstaltungen statt. Das Schloss selbst, in dem Bodenstein aufgewachsen war, beherbergte ein Restaurant der gehobenen Klasse, dessen Küchenchef im vergangenen Jahr mit Gault-Millaut-Kochmützen und Michelin-Sternen ausgezeichnet worden war. Bodenstein hatte keine Lust, seinen Bruder zu treffen. Er wollte mit seinen Gedanken allein sein, ging daher am Hoftor vorbei und wählte den asphaltierten Weg zum Schloss und zur Wegspinne, von der aus geschotterte Feldwege nach Fischbach und nach Ruppertshain führten. Der Hund flitzte begeistert über die abgeernteten Felder, erfreut über den unerwartetenSpaziergang nach Tagen der Vernachlässigung. Bodenstein schlug den Weg Richtung Ruppertshain ein. Wie immer, wenn sich ein Fall in einer Sackgasse befand, hoffte er, durch einen Fußmarsch ein wenig Klarheit in seine Gedanken bringen zu können. Gestern Abend war er noch ins Krankenhaus nach Höchst gefahren, in der Hoffnung, mit Döring sprechen zu können, aber der Mann stand noch unter Schock und dem Einfluss starker Beruhigungsmittel. Die belgische Polizei hatte Maurice Brault wegen Kindesentführung verhaftet, und die Staatsanwaltschaft hatte bereits einen Auslieferungsantrag gestellt. Behnke, Hasse und Ostermann hatten alle Gäste

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