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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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überprüft, die am Abend des 27. August bei Jagoda zu Gast gewesen waren. Unabhängig voneinander gestand jeder von ihnen ein, von Jagoda erpresst worden zu sein, und sie bestätigten, dass ihr Gastgeber den ganzen Abend über das Haus nicht verlassen habe. Auch Marianne Jagoda war bis mindestens ein Uhr dabei gewesen. Bodenstein beobachtete beim Laufen seinen Hund, der in weiten Kreisen über die Äcker rannte. Irgendwann in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war Friedhelm Döring aus seinem Haus entführt worden. Die Spurensicherung hatte bei einer gründlichen Überprüfung Fußspuren im Garten gefunden, einen heruntergedrückten Maschendrahtzaun, Reifenspuren auf dem Waldweg hinter Dörings Grundstück und zwei benebelte Rottweiler. Für Bodenstein stand fest, dass Rittendorf hinter der Aktion steckte. Allein hatte er das nicht bewältigen können, deshalb fiel sein Verdacht auf Clasing und Helfrich als Mittäter. Die drei hatten Rache an Döring genommen, für all das, was Anna Lena widerfahren war. Aber wenn sie auf diese sicherlich höchst strafbare Art und Weise nicht erfahren hätten, wo Döring seine Frau versteckt gehalten hatte, dann wäre sie wahrscheinlich jetzt tot. Das hatte Teddy van Eupen zugegeben. Ein Verdacht gegen Helfrich oder Rittendorf wegenMordes an Isabel Kerstner ließ sich auf jeden Fall nicht erhärten, beide hatten für den Zeitpunkt, als Isabel gestorben war, ein Alibi. Was war mit Florian Clasing? Nein, Unsinn. Der bekannte Strafverteidiger würde sich niemals auf eine solche Unternehmung einlassen. Bodenstein hoffte verzweifelt auf eine Inspiration, einen Gedankenblitz, eine Erkenntnis, die ihm seinem Ziel, einen Mörder zu finden, näher bringen konnte. Langsam ging er alles durch, was er bisher in Erfahrung gebracht hatte, rief sich Tatsachen und Personen vor Augen, fragte sich, wer am meisten vom Tod der jungen Frau profitiert hatte. Da waren Döring und Jagoda, die zweifellos beide einiges zu verlieren gehabt hatten, Kerstner, der jahrelang gedemütigt worden war, und Valentin Helfrich, der seine Schwester aus nachvollziehbaren Gründen von Herzen gehasst hatte. Diese vier Personen waren diejenigen, die das offensichtlichste Interesse an Isabels Tod haben konnten, aber was war mit den vielen Menschen, denen die junge Frau in ihrer Gedanken- und Rücksichtslosigkeit ebenfalls Leid, Schmerz und Kummer zugefügt hatte? Wer konnte schon beurteilen, was einen Menschen dazu brachte, einen anderen umzubringen? Nach außen hin mochte der Grund wie eine Lappalie wirken, für den Menschen, der aus Verzweiflung, Zorn oder Hilflosigkeit zum Mörder wurde, mochte es einer Katastrophe gleichkommen. Bodensteins Gedanken wanderten zu Robert Kampmann, der fürchten musste, Isabel könnte ihre gemeinsamen Geschäfte seiner Kundschaft preisgeben. Ein Alibi hatte er nicht. Was war mit Frau Kampmann, der eifersüchtigen Ehefrau? Bodenstein fiel ein, dass er mit ihr noch überhaupt nicht gesprochen hatte, dabei waren die Spannungen zwischen ihr und ihrem Mann kaum zu übersehen. Und welche Rolle spielte Marianne Jagoda? War sie wirklich so ahnungslos, was den Tod ihrer Eltern anging? Das Handy summte mitten in seine Gedanken, und Bodenstein kramtees aus der Tasche seiner Jeans. Es war Pia Kirchhoff, die ihm verkündete, dass man vor einer halben Stunde Philipp Döring am Frankfurter Flughafen verhaftet hatte.
    »Wir können ihn allerdings nicht lange festhalten«, ihre Stimme klang bedauernd. »Er hat einen Diplomatenpass.«
    »Das habe ich befürchtet«, sagte Bodenstein. »Ich komme sofort. Hat er etwas über das Mädchen gesagt?«
    »Bis jetzt noch nicht. Aber noch etwas: das Labor hat festgestellt, dass die Fingerabdrücke und das Haar in Isabels Porsche von Kampmann stammen.«
    »Ich bin in einer halben Stunde da«, Bodenstein steckte sein Handy ein, pfiff seinen Hund zurück und machte auf dem Absatz kehrt.
     
    Philipp Döring alias Felipe Durango war ein gutaussehender Mann mit einem markanten, männlichen Gesicht und einem durchaus sympathischen Lächeln. Seine Gesichtszüge ähnelten denen seines Vaters, aber er besaß nicht dessen aggressives Selbstbewusstsein. Er war schlank und sonnengebräunt, trug einen teuren Designeranzug und eine Philippe Patek am Handgelenk.
    »Sie können mich hier nicht festhalten«, stellte er zu Beginn des Gesprächs klar. »Ich besitze diplomatische Immunität.«
    Pia machte eine Miene, als würde sie ihm am liebsten ins Gesicht schlagen, aber Bodenstein

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