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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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August«, Pia griff in die vorderen Hosentaschen der Jeans, »und einen Autoschlüssel.«
    Sie reichte den Schlüssel mit dem Porsche-Emblem ihrem Chef.
    »Ich glaube immer weniger an Selbstmord«, sagte Bodenstein. »Wenn jemand mit fünftausend Euro in der Hosentasche sein Auto volltankt, drei Päckchen Zigaretten kauft und Kleider in die Reinigung bringt, dann hat er nicht vor, sich umzubringen.«
    »Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen MTK-IK 182«, verkündete Schöning gerade, »ist auf eine Isabel Kerstner zugelassen. Wohnt in Kelkheim. Feldbergstraße 128.«
    »Das ist sie«, sagte Bodenstein. »Sie hatte einen Porscheschlüssel in der Hosentasche.«
    »Na, also«, begann Schöning, aber Bodenstein ließ ihn nicht weiterreden.
    »Wir fahren gleich mal hin«, sagte er. »Außerdem rufe ich den diensthabenden Staatsanwalt an. Wir brauchen auf jeden Fall eine Obduktion der Leiche.«
     
    Die Nachricht vom Freitod Hardenbachs war die Topmeldung bei allen Radiosendern. Auf der Pressekonferenz hatte Kriminaldirektor Nierhoff nicht viel mehr als die Tatsache mitgeteilt, dass Hardenbach nach dem derzeitigen Stand derErmittlungen durch eigene Hand aus dem Leben geschieden war, aber wie Bodenstein es nicht anders erwartet hatte, ergingen sich die Medien sofort in den wildesten Spekulationen.
    Das Haus in der Feldbergstraße 128 in Kelkheim war ein schmuckloses Haus aus den fünfziger Jahren, dem man durch den Anbau eines Erkers und eines Wintergartens eine individuelle Note zu geben versucht hatte. Unter dem Carport standen nur ein Mountainbike und zwei Mülltonnen. Der Vorgarten, der von einer ziemlich wild wuchernden Thujahecke umgeben war, wirkte ungepflegt. Der Rasen war lange nicht mehr gemäht worden, und in den Blumenbeeten hatte das Unkraut offenbar ungehindert eine Vormachtstellung erobern können. Vor der Haustür standen ein Kinderfahrrad und mehrere Schuhpaare. Bodenstein und Pia stiegen aus und blieben vor dem Holztor stehen, an dem die weiße Farbe abblätterte. »Dr. Michael Kerstner« stand auf einem bronzenen Schildchen neben der Klingel. Bodenstein zog die Post aus dem Briefkasten, einen ganzen Stapel Briefe und die Kelkheimer Zeitung samt Amtsblatt, ein Zeichen dafür, dass zumindest gestern niemand mehr die Post hereingeholt hatte. Bereits das zweite Mal an diesem Tag hatte er die unerfreuliche Pflicht, das Leben ahnungsloser Menschen an einem sonnigen Sonntagvormittag ohne Vorwarnung durch eine grausame Nachricht tief zu erschüttern.
    »Bringen wir's hinter uns«, entschlossen drückte er auf die Klingel. Nichts regte sich in dem Haus, auch nach einem zweiten und dritten Klingeln nicht.
    »Da brauche Se net zu schelle«, eine Stimme ließ sie herumfahren, »die sin beide net da.«
    Hinter der Hecke im benachbarten, penibel gepflegten Vorgarten tauchte das Gesicht einer älteren Frau mit schütterem, grauem Haar und einem faltigen Koboldgesicht auf, in deren Augen gleichermaßen Neugier und Misstrauen standen. Siezwängte sich durch eine Lücke in der Hecke und schüttelte missbilligend den Kopf, als sie das Unkraut und den ungepflegten Garten sah.
    »Die sind doch nie dahaam, die Kerstners«, sagte sie geschwätzig. »Wisse Se, der Herr Doktor, der fährt morgens in aller Herrgottsfrühe fott und haam kimmt der oft erst nach Mitternacht. Mein Mann, der Kalleinz, der hat gleisch gesaacht, so was macht 'ne Frau wie die net lang mit. Und so isses dann ja aach gekomme, gell? Seit die fott is mit dem Mädsche, is der Herr Doktor gar net mehr dahaam. Na ja, so sieht's hier ja aach aus. Des is e Schand!«
    »Seit wann isse denn fott, die Frau Kerstner?« Pia befleißigte sich mühelos der hessischen Mundart, und Bodenstein musste ein amüsiertes Grinsen unterdrücken.
    »So genau kann man des net saache«, die Alte bückte sich, um ein Unkraut neben ihren Füßen auszuzupfen. »Die war ja oft taachelang net dahaam. Der Herr Doktor, der hat sisch mehr um des Kind gekümmert wie die.«
    Es war eindeutig, wo die Sympathien der Nachbarin lagen.
    »Nackisch auf der Terrass hat se gern geleesche, wenn se net grad bei ihrem Gaul oder auf der Juchee war«, sie schnaubte verächtlich. »Und der arme Mann, der hat sich für se abgerackert, Taach und Nacht.«
    »Wissen Sie, wo wir Herrn Dr. Kerstner jetzt finden können?«, fragte Bodenstein höflich.
    »Ei, in seiner Klinik. Da isser doch immer. So ein fleißischer, netter Mensch, der Herr Doktor«, setzte die Nachbarin zu einer neuerlichen Tirade an, die

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