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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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verstehen, dass es explizit Verunglimpfungen Allahs und des Propheten Mohammed sind, die Zorn erregen. Karikaturen Usama Bin Ladens dagegen gibt es zuhauf – aber es wäre sogar ausgesprochen unislamisch, sich hierüber in gleicher Weise zu erregen, da dies hieße, dass man Bin Laden auf eine Stufe mit dem Propheten erhöbe, und das gebührt nach islamischer Sicht keinem Menschen.
    Ich bin mir sogar fast sicher, dass Usama Bin Laden das genauso sehen würde. Zumal er in dieser Geschichte so schlecht gar nicht wegkommt.
     
    Der »meistgesuchteste Terroristenführer«, wie ihn manche Zeitungen ebenso gern wie grammatikalisch falsch bezeichneten, hielt sich nicht wirklich in einer unzugänglichen Höhle an einem unbekannten Ort versteckt, wie besagte Zeitungen hartnäckig kolportierten. Bei dem Unterschlupf Usama Bin Ladens handelte es sich vielmehr um ein kleines Gehöft im steinigen Niemandsland des Hindukusch, um das herum Ziegen grasten – oder es jedenfalls versuchten – und über dem sich ein weiter Himmel von unglaublichem Blau spannte. Und zumindest den Geheimdiensten war dieser Aufenthaltsort auch nicht ganz so unbekannt, wie der Öffentlichkeit gegenüber behauptet wurde. In ganz Afghanistan und Pakistan zusammen gab es kein Anwesen, auf dem so viele Hirten so wenige Ziegen hüteten – das fiel sogar auf Satellitenbildern auf.
    Die Hirten waren in Wirklichkeit natürlich Wachen, und die kamen eines Tages aufgeregt an. Da sei ein Mann, ein amerikanski, und er wolle den sheikh sprechen!
    »Kennen wir ihn?«, fragte Usama Bin Laden und strich sich nachdenklich durch den langen Bart.
    »Nein, sheikh. Ein Fremder.«
    Der Terroristenführer mit den sanften Augen überlegte einen Moment, dann befahl er: »Bringt ihn her. Bleibt an der Tür stehen. Wenn ich mich an den Turban fasse, hierher« – er zeigte die Stelle –, »dann erschießt ihn sofort.«
    Es würde wohl nicht nötig werden. Der Mann sah harmlos aus und wirkte in seinem anthrazitfarbenen dreiteiligen Anzug und mit dem dünnen Aktenkoffer in der Hand ausgesprochen deplatziert in dieser Gegend der Welt. Er schien eine erhebliche Strecke zu Fuß zurückgelegt zu haben, jedenfalls waren seine Schuhe staubig und zerkratzt, sein Hemd durchgeschwitzt, der Kragen verfärbt und der Anzug an einigen Stellen eingerissen.
    »Guten Tag, Scheich«, begrüßte er den Terroristenführer mit einer knappen Verbeugung. Sein schwarzes, gescheiteltes Haar klebte ihm am Kopf, das jungenhafte Gesicht wirkte matt. Er griff in seine Brusttasche (was die Zeigefinger der Wachen an der Tür nervös zucken ließ) und brachte eine Visitenkarte zum Vorschein. »Gestatten Sie? Mein Name ist Waits. Eduard Earnest Waits. Ich bin Rechtsanwalt.«
    Usama Bin Laden studierte die Karte. »Aus Boston, USA.«
    »So ist es. Studium in Washington, danach Partner einer New Yorker Sozietät, seit einigen Jahren alleiniger Inhaber einer Kanzlei, die sich auf Marken- und Urheberrecht spezialisiert hat – und dies, wie ich in aller Bescheidenheit hinzufügen möchte, überaus erfolgreich.«
    »Marken- und Urheberrecht«, wiederholte der Terroristenführer mit nicht geringer Verwunderung. Beinahe hätte er sich am Kopf gekratzt, unterließ es aber rechtzeitig, weil ihn der Mann zu neugierig gemacht hatte, als dass er ein Missverständnis hätte riskieren wollen. »Und was führt Sie dann hierher, wenn ich fragen darf?«
    »Ja. Das würde ich Ihnen gern erklären. Wenn ich mich vielleicht –«
    »Selbstverständlich«, nickte der Mann mit dem Turban hoheitsvoll und deutete einladend auf die Teppiche vor sich. »Nehmen Sie bitte Platz.«
    »Danke.« Der Anwalt ließ sich merklich ungeübt auf den Boden nieder, zog seinen Koffer neben sich und öffnete ihn, was die Wachen ein weiteres Mal die Waffen heben ließ. Doch der amerikanski zog nur einige mit bunten Diagrammen bedruckte Papiere heraus. »Um gleich zum Kern der Sache zu kommen: Meines Erachtens ist Ihnen, Scheich, nicht in vollem Umfang klar, wie viel Geld die Medien überall auf der Welt mit Ihrem Namen verdienen. Hier habe ich eine Statistik von Absatzzahlen, Einschaltquoten und Werbeeinnahmen, aufgegliedert danach, ob Ihr Name oder die Bezeichnung al-Qaida in den Schlagzeilen auftaucht oder nicht.« Er legte das Blatt vor den Terroristenführer hin. »Bitte sehr. Wie Sie sehen, bewirken Sie Gewinnsteigerungen von bis zu fünfzig Prozent. Ohne dass Sie etwas davon hätten, wohlgemerkt!«
    Usama – der Vorname bedeutete so viel wie »der

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