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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Löwe« – Bin Laden nickte. »Das ist der verachtungswürdige Kapitalismus, wie er im Land des Satans gepflegt wird.«
    »Kapitalismus, genau.« Der Anwalt nickte ebenfalls. »Was ich Ihnen dringend raten möchte, ist, die Markenrechte an Ihrem Namen sowie an dem von Ihnen populär gemachten Begriff al-Qaida zu erwerben. Das würde Ihnen ermöglichen –«
    Der Terroristenführer hob die Hand. »Sind Sie nur gekommen, um mir diesen Vorschlag zu unterbreiten?«
    Der Anwalt nickte. »In der Tat.«
    »Dann haben Sie eine große Mühe vergebens auf sich genommen.«
    »Vielleicht«, erwiderte der Mann, »sollten Sie mich erst einmal ausreden lassen. Es geht nur vordergründig um Geld. Sollten Sie, Scheich, geneigt sein, meinen Ausführungen noch einige Minuten Ihr Ohr zu leihen, werden Sie erkennen, dass es sich beim amerikanischen Rechtssystem im Grunde um die wirkungsvollste Waffe handelt, die es gibt.«
    Bei dem Wort »Waffe« hoben sich die ausdrucksvollen Augenbrauen des Terroristenführers. Er strich sich mit gespreizten Fingern durch den Bart und sagte schließlich: »Sprechen Sie weiter.«
    »Beginnen wir«, erläuterte der Anwalt, seine Ausführungen mit sparsamen Gesten unterstreichend, »mit Ihrem Namen. Faktisch – und das ist in Fragen des Wettbewerbsrechts von entscheidender Bedeutung – ist Ihr Name heute ein Markenzeichen von hoher Prägungskraft, vergleichbar mit Namen wie Walt Disney, McDonald’s oder Hewlett-Packard. All dies sind als Markenzeichen eingetragene Namen, die seither von Dritten nicht oder nur eingeschränkt verwendet werden dürfen. Bei dem Begriff ›al-Qaida‹ wird sich mit Aussicht auf Erfolg argumentieren lassen, dass es sich hierbei um Ihr geistiges Eigentum handelt, mithin also die Bestimmungen des international gültigen Urheberrechts zur Anwendung kommen müssen. Sowohl das Wettbewerbswie auch das Urheberrecht – und damit sind wir bei dem Punkt, der für Ihre Anliegen von Interesse ist – erlauben es, sich gegen missbräuchliche Benutzung geschützter Begriffe zur Wehr zu setzen. Konkret würden wir mit Abmahnungen und strafbewehrten Unterlassungserklärungen gegen alle vorgehen, die die dann Ihnen marken- und urheberrechtlich gehörenden Begriffe in entstellendem, herabwürdigendem oder sonstwie zu beanstandendem Sinne verwenden. Wir würden die notwendigen Prozesse durchfechten, um Schadensersatzzahlungen, Strafgebühren und eben die Unterlassung derartiger Äußerungen zu erreichen.«
    »Das hieße, wenn jemand etwas über uns und unsere Absichten berichtet, das uns nicht gefällt –?«
    »Kriegt er einen Prozess an den Hals, dass ihm schwarz vor Augen wird.«
    »Das würde funktionieren?«
    »Ohne Zweifel.« Der Anwalt spreizte die Finger. »Was Ihren Namen anbelangt, ist offensichtlich, dass er von Medien in Gewinnerzielungsabsicht verwendet wird. Zeitungen und Fernsehsender sind schließlich kommerzielle Unternehmen und daher kommerziellen Regeln unterworfen. Es ist allerdings nötig, deren Einhaltung einzuklagen – von selbst geschieht es nicht.«
    »Und was ist mit dem in Ihrem Land angeblich so hoch geschätzten«, begann Usama Bin Laden und verzog das Gesicht zu einem Ausdruck des Abscheus, »Recht auf freie Meinungsäußerung?«
    Der Anwalt unterzog den Zustand seiner Fingernägel einer eingehenden Betrachtung. »Nun, ich gebe zu, früher wäre das ein Problem gewesen. Aber inzwischen hat sich in dieser Hinsicht sehr viel sehr grundlegend gewandelt. Das Markenrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung haben miteinander gerungen, und das Markenrecht ist dabei, zu gewinnen.«
    Der Terroristenführer ließ sich das alles durch den Kopf gehen. »Was ist Ihr Interesse daran?«, fragte er schließlich. »Ich meine, was hätten Sie davon?«
    »Ich arbeite auf Provisionsbasis. Üblicherweise erhalte ich dreißig Prozent von allen erstrittenen Entschädigungszahlungen.«
    Der Mann mit dem Turban strich sich durch den Bart. »Zehn Prozent«, erwiderte er.
    »Fünfundzwanzig«, schlug der Anwalt vor. »Bedenken Sie, ich muss die Gehälter meiner Mitarbeiter bezahlen. Das sind alles hochqualifizierte Experten mit entsprechend hoch dotierten Anstellungsverträgen.«
    »Fünfzehn Prozent«, hielt der Mann mit dem Turban dagegen. »Wenn das Geschäft so profitabel ist, wie Sie sagen, machen Sie trotzdem einen guten Schnitt.«
    Sie einigten sich schließlich auf achtzehn Prozent. Während Usama Bin Laden die Vollmacht ausfüllte und unterschrieb, fragte er: »Warum

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