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Eine undankbare Frau

Eine undankbare Frau

Titel: Eine undankbare Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Mädchen sich verlieben und das sie abends mit ins Bett nehmen. Er wusste, dass dieses Tier ihm noch nützlich sein würde. Man muss langfristig denken, Johnny, sagte er sich, folge einfach deinen Impulsen und kaufe dieses niedliche Häslein. Er ging zur Kasse und bezahlte. Der Kauf bedeutete allerdings eine ziemlich massive Vermögenseinbuße. Nachdem er Gorillamaske und Hase unter dem Mopedsitz verstaut hatte, fuhr er weiter nach Bjørnstad, zum Haus seines Großvaters. Kaum war er in die Rolandsgate eingebogen, sah er das Mädchen mit dem roten Zopf. Es saß diesmal nicht auf dem kleinen Hügel, sondern auf einem blauen Fahrrad der Marke Nakamura. Er registrierte, dass es einen Pullover mit einem Aufdruck auf dem Rücken trug. Blaskapelle Hauger-Schule, stand darauf. Ach was, dachte er, du spielst also in der Schulkapelle. Das ist ja gut zu wissen.
    »Fischmaul«, johlte es.
    Er beschloss, es zu ignorieren. Auch wenn es ihm große Mühe kostete, seine Wut unter Kontrolle zu halten. Kein Öl ins Feuer gießen, dachte er, noch nicht. Ich bin etwas Besonderes. Ich bin geduldig. Natürlich schnappe ich mir diese Rotzgöre, wenn es so weit ist, die wird es mir noch büßen. Er fuhr vor dem Haus des Großvaters vor und stellte die Suzuki ab. Bevor er ins Haus ging, holte er die Post aus dem Briefkasten. Der alte Mann saß im Sessel und hatte die Füße auf dem Schemel liegen. In dem kleinen Zimmer herrschte eine glühende Hitze.
    »Hallo, Opa«, rief er. »Hier ist die Post!«
    Henry hob die Hand zum Gruß. Seine Stirn war mit Schweißperlen bedeckt. Er hatte versucht, seine Strickjacke abzustreifen, aber das war ihm nicht gelungen.
    »Wir müssen ein bisschen lüften«, sagte Johnny. »Es ist viel zu warm hier drin.«
    Henry schüttelte den Kopf.
    »Sonst kommen die Wespen rein«, klagte er. »Und um diese Jahreszeit sind die giftig.«
    »Dann müssen wir eine andere Lösung finden«, meinte Johnny. »Du kannst hier nicht sitzen, wenn es so heiß ist, davon kriegst du so einen schweren Kopf. Sieh mal, die Kontoauszüge sind gekommen. Wollen wir die mal durchsehen?«
    Er öffnete den Umschlag mit dem Zeigefinger und hielt dem Großvater den Auszug hin.
    Auf dem Konto hatte es kaum Bewegung gegeben, und der monatliche Sparbetrag war im Laufe der Jahre zu einer beträchtlichen Summe angewachsen.
    »Neunhundertdreiundsiebzigtausend, Opa. Mann, hast du viel gespart.«
    Henry starrte die vielen Zahlen aus zusammengekniffenen Augen an. Plötzlich sah er besorgt aus.
    »Es ist schön, dass ich ein paar Kronen vererben kann«, sagte er. »Aber ich habe große Angst, dass deine Mutter alles für Wodka ausgibt. Und dass du von dem Geld gar nichts hast. Von neunhunderttausend kann man furchtbar viel Wodka kaufen.«
    Er saß da, mit dem Kontoauszug auf dem Schoß und einer tiefen Furche auf seiner Stirn.
    »Wie können wir sie nur enterben, Johnny, hast du einen guten Vorschlag?«
    Johnny Beskow dachte lange nach.
    »Sie wird erst enterbt, wenn sie krepiert«, sagte er niedergeschlagen.
    Er faltete den Auszug zusammen und steckte ihn wieder in den Umschlag. Und versank dann in seinen Gedanken.
    »Diese blöde Kuh hat mir heute übrigens wieder etwas hinterhergerufen«, sagte er nach einer Weile. »Diese Else Meiner. Sie hat mich Fischmaul genannt.«
    Henry grinste breit und zeigte seine gelben Zähne.
    »Ja, hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geschaut?«, fragte er.
    »In den Spiegel? Warum fragst du?«
    »Die Frage ist doch, siehst du aus wie ein Fisch?«
    »Natürlich tue ich das nicht«, widersprach Johnny.
    »Nein, eben. Und warum regst du dich dann so auf? Wenn es gar nicht stimmt, was sie sagt?«
    »Sie ist in der Blaskapelle der Hauger-Schule«, sagte Johnny.
    »Ich weiß. Ich kann ihre Trompete hören. Sie übt manchmal abends. Ich habe schon Bravura und den Einzugsmarsch der Bojaren gehört. Sie ist ziemlich gut, kann ich dir sagen.«
    »Üben die in der Schule?«, fragte Johnny. »Ich meine, in der Hauger-Schule?«
    »Davon gehe ich aus. Donnerstags, glaube ich. Ich habe sie auf ihrem Fahrrad gesehen, mit dem Trompetenkasten auf dem Gepäckträger. Sie bleibt dann zwei Stunden weg. Sie ist wie du«, sagte er, »sie fährt mit ihrem Rad überallhin. Ich glaube, hier drinnen summt etwas … Kannst du mal nachsehen, ob hier eine Wespe ist? Bei dem Geräusch irre ich mich nie.«
    Johnny stand auf und überprüfte jeden Winkel, hob die Vorhänge hoch und sah unter den Sofakissen nach.
    »Das ist eine Schmeißfliege«,

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