Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
behauptete. Man hatte es umsichtig renoviert und modernisiert, ohne seinen Charakter zu zerstören. Sie liebte dieses Haus. Es bot ihr Geborgenheit und Schutz, und es war frei von den niederdrückenden Erinnerungen an die lange unglückliche Ehe ihrer Eltern, von denen das Heim ihrer Kindheit erfüllt gewesen war.
Mit Taschen beladen, ging Vince voraus. Anne trug Haley, die noch immer geschwächt war. Haley sah sich mit kritischem Blick um, musterte die geschwungene Treppe, mit dem Wohnzimmer auf der einen Seite und dem Esszimmer auf der anderen.
»Gibt es in eurem Haus Ungeheuer?«, fragte sie.
»Nein, Liebes. Hier gibt es keine Ungeheuer«, sagte Anne. »Hier bist du sicher. Kein Ungeheuer kann dir etwas tun.«
Das kleine Mädchen legte den Kopf an Annes Schulter und schob ihren Daumen in den Mund. »Ich bin müde.«
Anne trug sie nach oben in das kleine Gästezimmer neben dem großen Schlafzimmer. Das Zimmer, das sie bereits zum Kinderzimmer erklärt hatte. Die Wände waren hellblau gestrichen. Das breite Bett war zu groß für ein Kleinkind, aber Haley würde es hoffentlich das Gefühl vermitteln, sich mit ihren Stofftieren auf einer sicheren Insel zu befinden.
Sie war eingeschlafen, bevor Anne sie hingelegt hatte.
Anne deckte sie zu und strich ihr mit der Hand zärtlich über die dunklen Locken. Als sie sich umdrehte, lächelte Vince sie liebevoll an.
»Du bist ein Naturtalent«, sagte er leise und nahm sie in die Arme.
Anne erwiderte seine Umarmung. »Sie wird eine Weile schlafen. Lust auf Frühstück?«
Er liebkoste ihren Hals und murmelte: »Ich habe Lust auf dich zum Frühstück.«
»Du wirst dich wohl mit Rührei begnügen müssen«, sagte sie und entwand sich ihm. Sie gingen hinunter in die Küche, und Anne machte sich am Herd zu schaffen, während Vince Kaffee kochte. Sie genoss diese häuslichen Tätigkeiten mit ihm. Sie hatten einen guten gemeinsamen Rhythmus, so als wären sie schon seit Jahren zusammen und nicht erst seit ein paar Monaten.
»Wie kommt ihr mit den Ermittlungen voran?«, erkundigte sie sich.
»Sie sind immer noch dabei, die Vergangenheit des Opfers zu durchleuchten. Ich habe das Gefühl, dass sich da wesentlich mehr verbirgt, als es auf den ersten Blick scheint«, sagte er. »Marissa Fordham hat behauptet, dass sie aus Rhode Island stammt, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie jemals dort war. Und die Daten über sie hier in Kalifornien reichen nur bis 1981 zurück.«
»Haley wurde 1982 geboren«, sagte Anne.
»Ja. Wurde Marissa Fordham also nur zu dem Zweck erfunden, Haleys Mutter zu sein? Wer war sie vorher? Außerdem gibt es bislang auch keinen Anhaltspunkt, wer der Vater ist. Und die einzige Person, die uns das meiner Meinung nach sagen kann, ist verschwunden.«
»Freiwillig?«, fragte Anne vorsichtig, und eine leise Beklemmung erfasste sie.
»Ich weiß es nicht. Sieht so aus«, sagte Vince. »Aber ich muss zugeben, dass ich kein gutes Gefühl dabei habe. Ich glaube, die beiden jungen Frauen waren zusammen in irgendeine Sache verwickelt, und die hat eine von ihnen das Leben gekostet.«
»Und die andere wird vermisst.«
»Frag Haley nach ihr. Vielleicht kriegst du ja irgendetwas raus. Ihr Name ist Gina Kemmer. Ich glaube, dass Marissa und sie sich schon lange kannten.«
»Ist gut.«
Sie setzten sich an den Tisch im Frühstückszimmer, mit Blick auf den Garten. Anne stocherte in ihrem Rührei herum, Angst und Unruhe zerrten an ihren Nerven. Ihr Garten war von hohen Ligusterhecken umgeben, hatte jedoch keinen Zaun. Eine Frau wurde vermisst. Die einzige Zeugin eines Mordes lag einen Stock höher und schlief …
Ihr Herz schlug ein bisschen zu schnell.
»Soll der Deputy ins Haus kommen?«
»Nein«, flüsterte sie, ärgerlich auf sich selbst, weil sie die Angst zuließ.
»Nervös?«, fragte Vince.
»Sag jetzt nicht, dass du mich gewarnt hast.«
»Nein«, sagte er. »Iss dein Rührei, Mrs Leone. Ich will, dass du stark und gesund bist, um meine Kinder auszutragen.«
Sie mussten beide lächeln.
Der Pager neben Vinces Kaffeebecher begann zu piepsen. Er warf einen Blick auf das Display. »Tony. Ich muss los.«
41
»Wir können reingehen und uns vergewissern, dass sie nicht tot auf dem Boden liegt«, sagte Mendez. »Aber wir dürfen nichts mitnehmen – es sei denn, es handelt sich eindeutig um den Ort eines Verbrechens, und in diesem Fall will Worth, dass ich sie anrufe, damit sie herkommen und sich selbst davon überzeugen kann, dass ich nicht
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