Eine Welt für Menschen
die Oberfläche des Teiches kräuselte. Sie war wie ein Teil der Staffage eines billigen Bühnenbilds.
Ein Gesicht schob sich über den Rand der Wolke und blickte herab, das Gesicht eines Mannes.
»Tajsa, du hältst dich nicht an die Regeln«, sprach der Mund.
Die Fremde neben Ashley sprang auf.
»Verzeiht!« rief sie mit lauter Stimme. »Ich habe es nicht absichtlich getan. Es war etwas in mir, das …«
Von da an ging alles sehr schnell. Zuerst verschwand die kleine rosafarbene Wolke mit dem männlichen Gesicht, das über ihren Rand lugte. Dann war mit einemmal Tajsa nicht mehr da. Ashley Bannister war inzwischen aufgestanden, und als er sich umsah, entmaterialisierten die Büsche mit ihren Hunderttausenden von Blüten.
Es wurde dunkel. Ashley verlor den Halt. Und als er die Augen wieder aufmachte, lag er in seiner Koje. Das Chronometer zeigte 5:04 Uhr Bordzeit. Er hatte es tatsächlich fertiggebracht, sechs Stunden lang zu schlafen.
Er lag still, als ihn die Erinnerung an seinen Traum überkam. Was anderes als ein Traum hätte es sein sollen? Es gab keine Frauen, die so unvergleichlich schön waren wie Tajsa, keine rosafarbenen Wolken, die schneller als der Wind durch die Lüfte segelten und über deren Ränder hinweg Männergesichter in die Tiefe spähten. Es gab keine Ashley Bannisters, die sich fließend in einer Sprache auskannten, die sie zuvor nie gehört hatten.
Immerhin – es war ein angenehmer Traum gewesen, dachte Ashley. Er schwang die Beine über den Rand der Koje und stemmte sich in die Höhe.
Da sah er die grellviolette Blüte auf dem Boden liegen.
Gegen Mittag wurde Neptun gesichtet. Begeisterung brach aus; aber sie war, wie Ashley Bannister registrierte, von eigentümlich verhaltener Art. Es war natürlich, daß die Menschen an Bord der CONQUEST sich auf die Rückkehr zur Erde freuten – aber was für eine Erde würde das sein, auf der sie ihr mächtiges Raumschiff absetzten? Sie waren zehn Jahre unterwegs gewesen, wenn sie den Ablauf der Zeit mit den Borduhren maßen. Aber auf Terra waren inzwischen sechs Millionen Jahre vergangen. Mehr wahrscheinlich. Die Hinweise häuften sich, daß die Entfernung zwischen Milchstraße und NGC 3031 größer war als die drei Millionen Lichtjahre, mit denen man ursprünglich gerechnet hatte.
Seit etlichen Stunden waren Radiomeldungen unterwegs zur Erde, die die Rückkehr der CONQUEST verkündeten. Wegen der großen Entfernung war mit dem Empfang einer Antwort vor Ablauf von anderthalb Tagen nicht zu rechnen. Aber würde es überhaupt eine Antwort geben? Lebten noch Menschen auf der Erde? Verstanden sie die Sprache, die an Bord der CONQUEST gesprochen wurde?
Im Lauf der vergangenen Monate hatte sich die Aufmerksamkeit eines Teils der Besatzung immer mehr aufs Spekulieren konzentriert. Spekuliert wurde darüber, wie es auf der um wenigstens sechs Millionen Jahre älteren Erde aussehen mochte, welche Lebensformen es dort gab und ob es der CONQUEST gelingen würde, eine neue menschliche Zivilisation zu errichten. Das war eine der fest umrissenen Aufgaben der Expedition, und sie war mit den entsprechenden Voraussetzungen ausgestattet – von dem Vorrat an Haus- und sonstigen Tieren über den ausgedehnten Maschinenpark bis zu den genetischen Kenntnissen, die erforderlich waren, um Komplikationen bei der Entstehung einer neuen Version »Homo sapiens« aus nur dreitausend Ureltern zu vermeiden.
Ashley Bannister war nicht optimistisch, was die Zukunft anging. Die Besatzung der CONQUEST war in zwei Teile gespalten. Die Spaltung hatte sich schon bald nach dem Start des Schiffes bemerkbar gemacht. Auf der einen Seite waren die, denen das Führen der CONQUEST oblag, und auf der anderen jene, die entlang des Broadways wohnten, der Straße, die den Äquator der Innenkugel bildete, und weiter nichts zu tun hatten, als sich für die Rückkehr zur Erde bereit zu halten. Naturgemäß waren die letzteren in der Mehrzahl. Sie machten annähernd achtzig Prozent der Besatzung aus. Sie waren diejenigen, an denen der Geist des Abenteuers wirkungslos vorübergegangen war. Sie hatten sich ihr eigenes Leben geprägt und betrachteten den Broadway, auf dem entweder infolge der Beschleunigung des Schiffes oder der Rotation der Innenkugel stets normale Erdschwere herrschte, als ihre Welt, außerhalb deren es wenig Beachtenswertes gab. Selbst an den aufregenden Ereignissen auf Kronos, dem Planeten der lebenden Steine, hatten sie sich kaum beteiligt. Ashley Bannister war nicht
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