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Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Lineal gezogener Kanal seinen Weg bahnte.
    Die Städte waren verschwunden – aber das wußten sie schon, seitdem sie auf ihre Radionachrichten keine Antwort bekommen hatten. In sechs oder mehr Millionen Jahren schien die alte Erde von größeren Katastrophen verschont geblieben zu sein. Das Bild, das sie aus dem Raum bot, war noch immer dasselbe, wie es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den Apollo-Astronauten aufgenommen wurde: ein blau-grün-brauner Ball, überlagert vom reinen Weiß der Wolkenfelder.
    »Wir haben festen Orbit«, meldete Bob Koenig. »Perigäum achtzehn-null-null Kilometer.«
    Ashley Bannister musterte den Freund. Er wirkte mürrisch. Bob Koenig war von knapp mittlerer Größe, dafür muskulös, breitschultrig und nahezu stiernackig gebaut. Er war die wahre Seele der Expedition, mit seiner Aufgabe noch mehr verwachsen als Ashley. Er war die perfekte Ergänzung für den Kommandanten – ein Glücksgriff der Psychologen, die die Schlüsselpositionen der Mannschaft nach den bewährtesten Kriterien ihrer Kunst besetzt hatten. Der hochgewachsene, schlanke, dunkelhaarige Bannister war der besonnene, meist schweigsame Typ. Koenig dagegen war der Aufsässige, der stets Unzufriedene, der Vorlaute. Bob Koenig machte sich, wenn er zornig war, in fünf Minuten mehr Feinde, als Ashley Bannister in einem Jahr zusammenbrachte. Dennoch war er im Grunde genommen jedermanns Freund; denn sobald er sich beruhigt hatte, besänftigte er entweder die aufgescheuchten Gemüter, oder deren Besitzer erkannten von selbst, daß ihnen die Abfuhr zu Recht erteilt worden war. Ashley Bannister dagegen hatte kaum Freunde.
    »Also, wo landen wir?« fragte Koenig knurrend.
    »Da, wo wir gestartet sind«, entschied Bannister. »Tombstone, New Mexico.«
    »Was sollen wir dort?«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Nein, verdammt.« Koenig sah bitter vor sich hin, dann schüttelte er den Kopf. »Mir wird so … so unheimlich zumute, wenn ich mir eine Erde ohne Menschen vorzustellen versuche.«
    »Es geht uns allen so«, bestätigte Ashley Bannister.
    Bob Koenig manövrierte die CONQUEST in Position für den Landeanflug. Das Manöver nahm mehrere Stunden in Anspruch, während denen das große Schiff die Erde etliche Male umrundete. Die Detailbeobachtung ergab nichts Neues. Es existierten keine Anzeichen der Besiedlung.
    In New Mexico, das zu diesem Zeitpunkt weit hinter dem östlichen Horizont lag, ging es auf Mittag, als Bob Koenig die Bugaggregate für eine Brenndauer von einer halben Minute abfeuerte und die Geschwindigkeit der CONQUEST damit auf einen deutlich suborbitalen Wert verringerte. Das schwere Schiff sank langsam in die Tiefe. Die Sonne ging auf. Ein Rütteln fuhr durch den stählernen Koloß, als ihn die Ausläufer der irdischen Atmosphäre in Empfang nahmen. Die Temperatur auf der Außenhülle kletterte auf einen Wert von neunhundert Grad Celsius.
    »Drift«, sagte Bob Koenig plötzlich. »Etwas zieht uns in südöstliche Richtung.«
    Er nahm eine Reihe von Schaltungen vor. In der Ferne tauchte die Westküste des amerikanischen Kontinents auf. Zur Rechten sah Ashley Bannister die langgestreckte Landzunge von Baja California.
    Er begegnete Bob Koenigs Blick und erkannte die totale Ratlosigkeit in den Augen des Freundes.
    »Mein Gott«, ächzte Koenig. »Es geht nichts mehr … absolut nichts!«
     

 
2.
     
    Die Stille des Entsetzens herrschte in der großen Zentrale. Bob Koenig hatte es aufgegeben, an den Kontrollen zu hantieren. Die CONQUEST war ein Fahrzeug ohne Antrieb, ohne Steuer. Ashley Bannister verfolgte den Kurs seines Schiffes mit Hilfe der wenigen Geräte, die noch funktionierten. Die Sinkgeschwindigkeit war normal. Die Temperatur der Außenhülle hatte abzunehmen begonnen. Alles verlief genau nach Plan – nur die Flugrichtung hatte sich verändert. Die mäandernde Linie tief unter der CONQUEST war der Rio Grande. Weit im Osten tauchte die Küste des Golfs von Mexico auf.
    Ashley griff zum Mikrophon. Er vergewisserte sich, daß seine Stimme nur in der Zentrale zu hören sein würde. Es hatte keinen Zweck, die Menschen am Broadway zu beunruhigen.
    »Wir haben Grund zur Beunruhigung«, sagte er mit fester Stimme, »aber nicht zur Panik. Wir wissen nicht, welche Kraft uns eingefangen hat, aber es ist offenbar ihre Absicht, uns sicher zu Boden zu bringen. Wir haben keine Möglichkeit mehr, den Flug unseres Fahrzeuges zu beeinflussen. Bleibt an euren Plätzen und beobachtet die Instrumente, soweit sie

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