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Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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die massive Wand zu finden.
    Die Trostlosigkeit des Gelasses ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, wo er sich befand. Ein Verlies wie dieses paßte zu dem düsteren Gebäude, das er vor weniger als einer halben Stunde zum ersten Mal zu sehen bekommen hatte.
    Er befand sich in der Gewalt der Herrlichen. Seine Karriere als Befreier der Unterdrückten war beendet.
     

 
9.
     
    Eine Stunde war vergangen. Nichts hatte sich gerührt. Ashley Bannister, der von der Mentalität der Qahiren nur wußte, daß sie auf grausame, unmenschliche Art und Weise verzerrt war, begann, mit der Möglichkeit zu rechnen, daß man ihn hier eingesperrt hatte, um ihn sang- und klanglos verkommen zu lassen. Gewiß doch empfanden Wesen, die mit anderen intelligenten Geschöpfen wie mit Schachfiguren spielten, keine Gewissensbisse, wenn sie einen gefährlichen Gegner einsperrten und verhungern oder verdursten ließen.
    Seine Gedanken verloren sich. War das das Schicksal, das sie verdient hatten, nachdem sie zwanzig Millionen Jahre lang durch das Universum gekreuzt waren? Was für eine Frage! Als ob es eine Autorität gäbe, die über Verdienst und Unverdienst entschied und die Bürger des Kosmos entsprechend entlohnte. Hatte Napoleon verdient, einsam auf St. Helena zu sterben? Welch ein Unsinn. Wenn ihm nichts Besseres einfiel, mochte er das Nachdenken ebensogut an den Nagel hängen.
    Er versuchte, es sich in einer Ecke auf dem Boden bequem zu machen. Der Boden war kalt und feucht. Wenn er hier sitzenblieb, würde er sich das Reißen holen. Ob Tajsa und ihre Qahiren wußten, was das Reißen war? Er zweifelte, daß es in ihrer Welt noch Krankheiten gab. Wahrscheinlich besaß jeder Qahire einen Medo-Aspekt, der über seine körperliche und geistige Gesundheit wachte.
    Geistige? Darüber konnte man unterschiedlicher Meinung sein. Ein Psychiater, dem das Verhalten der Qahiren zu Ohren gekommen wäre, hätte sie wahrscheinlich samt und sonders in ein Sanatorium für Geistesgestörte überwiesen. Geistige Gesundheit war relativ. Was dem einen sein Tick, war dem anderen sein Dogma. Es gab keine Absoluta, was Geisteshaltung und Mentalität betraf.
    Ashley stand auf. Der Boden war zu kalt. Er beugte sich nach vorne und klopfte mit flachen Händen auf den Hintern, um die Feuchtigkeit zu entfernen, die seine Kleidung dort aufgesogen hatte. Dann sah er in die Höhe – auf die Kante zwischen Wand und Decke, dorthin, woher in seiner Unterkunft in Manhattan Keplers Stimme gekommen war.
    »Kepler, du bist nicht etwa doch hier?« sagte er.
    »Fast hätte ich verzweifeln mögen«, antwortete eine dunkle, freundliche Stimme. »Ich dachte schon, du kämest nie auf den Gedanken, nach mir zu fragen.«
    »Wer bist du?« erkundigte sich Ashley überrascht. »Nicht Kepler – oder …?«
    »Nein, nicht Kepler. Sein Freund. Kepler ist in Gefahr. Er hat mir aufgetragen, mich um dich zu kümmern.«
    »Kepler in Gefahr?« fragte Ashley erschreckt. »Was ist los?«
    »Die Herrliche hat erkannt, daß ihre Spielpläne nur deswegen nicht den gewünschten Erfolg erzielten, weil eine ganze Reihe von Aspekten es unternahmen, gegen ihre Absichten zu agieren. Der erste, auf den ein Verdacht fiel, ist natürlich unser gemeinsamer Freund Kepler. Nur er konnte dafür verantwortlich sein daß du am Hof der Herrlichen auftauchtest. Aber es müssen mehr Aspekte als nur Kepler mitgearbeitet haben, als die Neophi ihre Gedanken in die Gehirne der Qahiren übertrugen, die die Herrliche als Gäste geladen hatte.«
    »Kepler ist ein Strolch«, sagte Ashley amüsiert. »Die ganze Zeit über tat er so, als wäre er der einzige, der ein wenig Verständnis für unsere Lage aufbrachte.«
    »Am Anfang war er es auch«, sagte die freundliche Stimme. »Er war der einzige, der es wagte, Kontakt mit euch aufzunehmen. Das muß damit zusammenhängen, daß er der älteste unter uns ist. Er fühlt sich euch am meisten verwandt. Aber seinen Argumenten konnten sich einige von uns nicht verschließen, und selbst diejenigen, die Kepler nicht überzeugen konnte, waren bereit, den Qahiren gegenüber Stillschweigen zu bewahren.«
    »Moment mal«, begehrte Ashley auf. »Das kommt alles ein wenig zu schnell für mich. Kepler der älteste? Besitzt das emotio-psionische Multiplex ein Alter, über das es sich selbst Rechenschaft ablegt?«
    »Es ist ein Multiplex, Ashley Bannister«, antwortete die Stimme im Tonfall eines Schulmeisters, der einem begriffsstutzigen Schüler die Lösung des Problems zum drittenmal

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