Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
Vom Netzwerk:
den Gast würde er mit dessen Mcheza-Aspekt eine kurzdauernde Fiktivwelt erschaffen und Ashley nach Manhattan zurückholen. War jedoch kein Gast mehr vorhanden, dann konnte Kepler nicht mehr in die Domäne der Herrlichen eindringen, und Ashley war auf sich selbst angewiesen.
    Ashley schenkte dem riesigen Gebäude nur geringe Beachtung. Es machte einen ungewöhnlich düsteren Eindruck, ganz im Gegensatz zu der luftigen, tropischen Behausung, die Pellgon sein eigen nannte. Die massive, finstere Architektur warf ein eigenartiges Licht auf den Charakter der Bewohnerin dieses Gebäudes.
    Er brauchte nicht lange zu suchen. Vor sich hörte er Gemurmel. Er drückte sich vorsichtig gegen die Wand des Gebäudes und spähte um die Ecke. In einer Nische, über der eine realistisch gestaltete, steinerne Harpyie thronte, kauerte ein völlig verstörter Pellgon und brabbelte auf Qahirisch vor sich hin. Seine Augen waren unnatürlich geweitet und dennoch blicklos. Er schien dem Wahnsinn nahe. Als Ashley nach ihm griff und ihn auf die Beine zog, gab er einen quiekenden Schreckenslaut von sich. Er starrte den Mann von der CONQUEST an wie eine Ausgeburt der Hölle und zitterte am ganzen Körper.
    »Wir kennen uns, nicht wahr?« spottete Ashley. »Du hast von mir nichts zu fürchten, solange du dich vernünftig benimmst. Zieh dein Obergewand aus.«
    Pellgon gehorchte voller Angst. Seine Hände waren so unstet, daß Ashley ihm helfen mußte, die Schlaufen zu lösen, mit denen der weiße Umhang auf der Vorderseite geschlossen war. Unter der Tunika kam Unterkleidung zum Vorschein, deren großflächige, bunte Muster Ashley ein spöttisches Lächeln entlockten. Pellgon begann zu sprechen; aber in seiner Verwirrung sprach er Qahirisch, so daß Ashley kein Wort verstand.
    »Du wirst dich schon an meine Sprache erinnern müssen«, sagte er, während er dem Qahiren mit Hilfe des Obergewandes die Hände fesselte. »Du beherrschtest sie perfekt, weißt du noch? Damals, als du uns auf der Insel besuchtest?«
    Schließlich gewann Pellgon einen Teil seines inneren Gleichgewichtes zurück.
    »Was hast du vor?« fragte er besorgt, auf Englisch.
    »Ordnung schaffen«, war Ashleys knappe Antwort. »Wir sind nicht zwanzig Millionen Jahre durchs Weltall geflogen, um einer Horde dekadenter Laffen als Spielobjekt zu dienen.«
    »Du bist ein Narr«, knirschte der Qahire. »Seit unvordenklichen Zeiten stellen die, die sich auf diesen Planeten verirren, unser einzig ernst zu nehmendes Amüsement dar. Wenn es niemand mehr auf diese Welt verschlüge, müßten wir vor Langeweile sterben. Das große Schicksal weiß – es geschieht heutzutage schon viel zu selten, daß jemand hier landet. Die Legende weiß von Zeiten, in denen wir pro Jahr mehrmals Besuch bekamen.«
    »Was habt ihr mit all den Unglückseligen gemacht?« fragte Ashley bitter.
    »Wir haben sie laufenlassen«, antwortete Pellgon. »Ihre Nachkommen sind noch überall zu finden.«
    »Wie viele sind es insgesamt?«
    »Woher soll ich das wissen? Sobald sie das Leistungsziel der Prüfung verfehlen – und es gibt niemand, der es je erreicht hat –, sind sie für uns ohne Interesse.«
    »Etliche hunderttausend? Ein paar Millionen vielleicht?« beharrte Ashley.
    »Kann sein.«
    »Und ihr seid achthundert. Was, glaubst du, wird aus euch werden, wenn sich eure Spielobjekte miteinander vereinigen und einen Aufstand veranstalten?«
    Pellgon schüttelte den Kopf. »Das wird nie geschehen«, meinte er verächtlich. »Es fehlen ihnen die Mittel der Kommunikation. Außerdem sind sie so verschiedenen Ursprungs, daß sie einander nicht verstehen.« Er schien über etwas nachzudenken. Plötzlich wurde er ernst, nachgerade besorgt. »Der Aufstand – du hast … das ist nicht etwa dein Plan?« fragte er.
    »Oh doch«, antwortete Ashley. »Genau das ist mein Plan. Glaub mir, die Willkürherrschaft der Qahiren liegt in den letzten Zügen.«
     
    Tajsa stand noch da, wo er sie verlassen hatte: vor ihrem Thron, in ein Selbstgespräch vertieft. Sie sah auf, als Ashley mit seinem Gefangenen den Rasenplatz betrat.
    Für Ashley war dieser erste Augenblick der Begegnung von nicht zu überschätzender Bedeutung. Wie würde sie reagieren? Erkannte sie ihn wieder? Sie war freundlich gewesen – damals, als sie ihn aus der CONQUEST in ihre Pseudo-Wirklichkeit holte und sich mit ihm unterhielt, bis der Konzil-Aspekt auftauchte und sie auf ihren Fehler aufmerksam machte. Wie würde sich dieses zweite Zusammentreffen anlassen? Er

Weitere Kostenlose Bücher