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Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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deutlich, wie eine neue Empfindung sich in den emotionellen Strom der Verachtung mischte. Es fiel ihm schwer, sie zu deuten. Sie enthielt Haß neben Gleichgültigkeit, Hohn neben überheblichem Selbstvertrauen, erniedrigenden Spott vor dem Hintergrund selbstsicherer Aggressivität. Vor allen Dingen aber war es ein Empfinden von solch durchschlagender Intensität, daß selbst Ashley, das unbeabsichtigte Opfer, sich unwillkürlich nach einer Deckung umsah, in der er sich vor den Denkern solcher Gedanken verstecken könne.
    Die Wirkung auf die Qahiren war ungleich stärker. Panik brach aus. Etliche von Tajsas Gästen liefen davon. Andere drängten sich um den schwebenden Thron und bedrängten die Herrliche, dem Spuk ein Ende zu machen. Mit der Verachtung, die die Menschen der CONQUEST ausstrahlten, hätten sie womöglich fertig werden können. Aber die unbeschreibliche, fremdartige Emotion, die von den Gehirnen der Moch-Ti ausging, zwang sie in die Knie.
    Er beobachtete Tajsa. Von ihr, der Herrlichen, erwartete er, daß sie die Übersicht bewahrte, daß ihr die Kontrolle über die Lage nicht entglitt. Mein Gott, die Technik der Qahiren war so unendlich überlegen, daß es nur eines einzigen Zurufs, eines Knopfdrucks bedurfte, um alles abzuschalten, was Tajsa und ihre Gäste belästigte.
    Was er statt dessen sah, war ein hilfloses weibliches Wesen, das letzten Endes die Fassung verlor und schließlich die Gäste anschrie:
    »Seht zu, daß ihr nach Hause kommt! Fort mit euch! Ich brauche Ruhe.«
    Allgemeines Geschrei hob an. In diesem Augenblick glich die Horde der Qahiren nichts mehr als einer Schafherde, unter die der Blitz gefahren war. Der einzige, der einigermaßen den Verstand bewahrte, war der junge Mann, der vor dem Bougainvilleen-Busch gesessen hatte. Er trat vor den Thron hin und beschwerte sich mit klagender Stimme:
    »Du tust uns unrecht, Herrliche. Wir sind hier, weil du uns gerufen hast. Wir können dich nicht verlassen, solange du deinen Mcheza-Aspekt nicht ausschaltest.«
    Tajsa besann sich.
    »Du hast recht«, sagte sie fahrig und tastete nach einer Schaltleiste, die am Rand ihres Sitzes angebracht war. »Geht in Frieden; aber geht schnell!«
    Im nächsten Augenblick war der Himmel mit kleinen, flaumigen Wolken bevölkert, jenen Illusionen, mit denen die Technik der Qahiren den Transportprozeß verbrämte, und auf jeder Wolke befand sich einer von Tajsas Gästen. Die Wolken schossen nach verschiedenen Richtungen davon. Der Thron senkte sich zur Erde. Tajsa stand auf. Ein kühler Wind blies mit einemmal über die Rasenfläche. Die Gäste waren verschwunden. Ashley sah sich um. Geblieben war der Busch mit den tiefvioletten Blüten. Er gehörte der Wirklichkeit an, ebenso wie der Fiktivwelt, in der er sich noch vor wenigen Sekunden befunden hatte. Aber der Wind war wirklich, und die gelbgrüne, halb vertrocknete Farbe des Rasens, der vor Augenblicken noch in saftigem Grün gestrotzt hatte, war wirklich. Wirklich war auch das schloßartige Gebäude, das sich hinter bisher unsichtbaren Bäumen erhob. Die Szene hatte sich verändert. Aus dem freundlichen Garten, in dem die Herrliche ihre Gäste unterhalten hatte, war der düstere Hinterhof eines northumbrischen Herrensitzes geworden. Nur der Busch mit den violetten Blüten verbreitete noch einen vagen Anflug sonniger Atmosphäre. Der Rest war trübe und kalt.
    Verschwunden waren die Bilder, die noch vor kurzem in der Luft geschwebt hatten. Die psionische Verbindung mit Manhattan war abgerissen. Ashley spürte nichts mehr von der Verachtung, die den Gehirnen seiner Mitmenschen entströmte, nichts mehr von den seltsamen Emotionen, die die Gemüter der Moch-Ti bewegten.
    Tajsa war aufgestanden. Nachdenklich stand sie vor ihrem Thron. Sie führte ein Selbstgespräch. Ashley verstand kein Wort. Mit der Pseudowirklichkeit war seine Kenntnis der qahirischen Sprache erloschen.
    Es fiel Ashley nicht schwer, unbemerkt bis in die Nähe des großen Hauses zu gelangen. Er wollte wissen, was aus den Gästen geworden war, die vorhin vor lauter Panik über die Moch-Tischen Mentalimpulse Reißaus genommen hatten. Keplers Warnung lag ihm im Sinn: Er würde von hier nur entkommen können, wenn wenigstens einer von Tajsas Gästen noch anwesend war. Er verstand den Mechanismus im großen und ganzen, ohne sich über die Einzelheiten den Kopf zu zerbrechen. Kepler hatte Zugriff zu den Priparnak-Aspekten gewöhnlicher Qahiren, aber nicht zu denen der Herrlichen. Auf dem Umweg über

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