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Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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neuen Namen und nannten sich selbst ›Qahiren‹, nach ihrem Anführer. Unsere einzige Hoffnung waren die Bewußtseine, die nach Qahirs Revolte in das Multiplex eingingen. Würden sie sich die Beschränkungen gefallen lassen, die sie selbst formuliert hatten? Aber auch da wurden wir enttäuscht. Der Herrliche sorgte dafür, daß alle, bevor sie in die Unvergänglichkeit eingingen, sich einer mentalen Behandlung unterzogen, die die Stabilität des Multiplexes – so nannte er unseren neuen, unterprivilegierten Zustand – gewährleistete.
    Die nachfolgenden Generationen schufen weitere Sicherheitsvorkehrungen, die uns vollends zu nützlichen Idioten degradierten. So entstand eine Vorrichtung, mit deren Hilfe der jeweilige Herrliche jeden beliebigen Aspekt einfach abschalten konnte. Das Abschalten bedeutet, daß die in dem Aspekt vereinigten Bewußtseine sterben. Es ist ganz klar, daß kein Bestandteil des Multiplexes es mehr wagte, sich gegen die Qahiren aufzulehnen. Der Tod ist das ultimate Übel für einen, der sich vorgenommen hat, als körperloses Bewußtsein bis in alle Ewigkeit zu leben.«
    »In jüngster Zeit aber sind etliche Akte der Unbotmäßigkeit geschehen«, bemerkte Ashley. »Kepler zum Beispiel handelte durchaus nicht immer im Interesse der Qahiren. Und auch dieses Gespräch fände wahrscheinlich nicht die Billigung der Herrlichen.«
    »Du beobachtest richtig«, antwortete Newton. »In jüngster Zeit ist neue Hoffnung in unser Dasein gekommen; und es werden Dinge gewagt, die bisher völlig undenkbar waren. Der Mensch ist zurückgekehrt!«
    Ashley dachte über diese Worte eine Zeitlang nach. Ein seltsames Gefühl hatte von ihm Besitz ergriffen. Die Aspekte, beseelt von Bewußtseinen, deren körperliche Existenz vor wer weiß wie vielen hunderttausend oder gar Millionen Jahren zu Ende gegangen war, besaßen vermutlich mehr Ähnlichkeit mit Menschen seiner Art als mit den Qahiren. Es war verständlich, daß sie aus der Rückkehr der CONQUEST mit ihrer dreitausendköpfigen Besatzung Zuversicht schöpften. Er war stolz auf das Vertrauen, das die Träger einer über alle Begriffe fortgeschrittenen Zivilisation in ihn und seine Mitmenschen setzten. Gleichzeitig aber empfand er Ungewißheit. War er selbst nicht der lebende Beweis, daß man den Qahiren nicht beikommen konnte?
    »Ich fürchte mich davor, daß wir eure Hoffnung enttäuschen«, sagte er zu Newton.
    »Unsinn!« antwortete der Aspekt. »Der Kampf hat erst begonnen.«
    »Du sprachst davon, daß Kepler Gefahr droht. Hat Tajsa vor, ihn abzuschalten?«
    »Ihn und diverse andere Aspekte. Wenn sie mir auf die Schliche kommt, bin auch ich selbst nicht sicher.«
    »Das scheint dir nicht allzuviel Sorgen zu bereiten.«
    »Im Augenblick nicht«, gab Newton zu. »Ich weiß, daß Tajsa für den Rest des Tages wichtige Pläne hat die sie davon abhalten, sich mit uns zu beschäftigen. Während sie anderweitig beschäftigt ist, werden die Dinge sich hoffentlich weiterentwickeln, so daß es ihr später unmöglich ist, etwas gegen die rebellischen Aspekte zu unternehmen.«
    »Was für eine Entwicklung müßte das sein?« fragte Ashley verwundert.
    »Eine solche, die die Aspekte davon überzeugt, daß sich die Herrschaft der Qahiren dem Ende zuneigt.«
    Überrascht sah Ashley auf.
    »Das klingt, als hättest du einen Plan«, sagte er.
    »Plan? Nein. Pläne zu machen, das ist eure Sache. Mir verbietet mein loyalisierter Inhibitor, gegen die Qahiren zu planen. Aber Informationen kann ich dir geben.«
    »Kannst du mich aus diesem Loch befreien?« wollte Ashley wissen.
    »Ich könnte dafür sorgen, daß die hyperenergetische Riegelfunktion der Tür einer vorübergehenden Störung unterliegt. Aber was wirst du dann anfangen, wenn du draußen bist?«
    »Ich weiß es nicht. Das muß der Augenblick ergeben.«
    Newton zögerte ein paar Sekunden, als müsse er sich erst einen inneren Stoß geben. Dann begann er:
    »Laß dir über meinen Freund Lukas erzählen. Lukas tritt nicht oft in Erscheinung, und dennoch ist er einer der wichtigsten Aspekte im Haushalt der Herrlichen.«
     
    Seine Zelle, das hatte er von Newton erfahren, befand sich in einer Tiefe von zweihundert Metern unter der Erde, im ältesten Teil der Riesenburg, die vor Tajsa schon zahllosen anderen Herrlichen als Residenz gedient hatte. Jetzt näherte Ashley sich der Erdoberfläche. Über Treppen und Rampen und durch Antigravschächte hatte er sich in die Höhe gearbeitet. Je weiter er vordrang, desto mehr verlor

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