Eine wie Alaska
den Hintern biss. Hinkend rannte ich weiter. Mein Hintern brannte wie Feuer, und mein erster Gedanke war: Was zum Teufel ist in Schwanenspucke, das so höllisch brennt?
Die dreiundzwanzigste Schnur war noch ein Blindgänger, was uns eine Minute kostete. Doch inzwischen brauchte ich die Minute. Ich konnte nicht mehr. Das Brennen an der linken Arschbacke verwandelte sich in einen dumpfen Schmerz, der jedes Mal, wenn ich links auftrat, schlimmer wurde; ich rannte wie eine waidwunde Gazelle auf der Flucht vor einem Rudel Löwen. Das Tempo – unnötig zu erwähnen – hatte beträchtlich nachgelassen. Seit wir am See vorbei waren, hatten wir nichts mehr vom Adler gehört, doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass er aufgegeben hatte. Er wollte uns in Sicherheit wiegen, aber darauf fielen wir nicht rein. Wir waren unbesiegbar heute Nacht.
Wir hatten noch drei Schnüre übrig, doch wir hofften, wir hatten dem Colonel bereits genug Zeit verschafft. Nach ein paar Minuten erreichten wir den Creek. Hier draußen war es so dunkel und so still, dass das Rauschen des Bachs ohrenbetäubend wirkte. Noch lauter war allerdings unser Keuchen, als wir uns in den lehmigen Kies am Ufer warfen. Erst jetzt wagte ich, Takumi anzusehen. Er hatte Kratzer im Gesicht und an den Armen, und der Fuchs hing schief über seinem linken Ohr. Auch meine Arme waren blutig und von tiefen Kratzern übersät. Vage erinnerte ich mich an bösartiges Dornengestrüpp, doch ich spürte keinen Schmerz.
Takumi zog sich Dornen aus dem Bein. »Der Fuchs ist hundemüde«, stöhnte er lachend.
»Der Schwan hat mir in den Hintern gebissen«, konterte ich.
»Ich hab’s gesehen.« Er grinste. »Bis aufs Blut?« Ich tastete meine Hose ab. Kein Blut, was ich mit einer Zigarette feierte.
»Mission vollbracht«, sagte ich.
»Pummel, mein Freund, wir sind voll krass unschlagbar.«
Wir wussten nicht genau, wo wir waren, weil der Bach so viele Schleifen machte, und so folgten wir etwa zehn Minuten dem Bachbett flussaufwärts und bogen dann links ab, weil wir uns ausrechneten, dass wir halb so schnell gingen, wie wir gerannt waren.
»Du meinst links?«, fragte Takumi.
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Der Fuchs meint links. Also links.« Und tatsächlich, der Fuchs brachte uns direkt zur Scheune.
»Geht’s euch gut?«, rief Lara schon von Weitem. »Ich hab mir Sorgen gemacht. Ich hab gesehen, wie der Adler raus gerannt ist. Er hatte nur einen Schlafanzug an. Er sah ziemliech wütend aus.«
»Wenn er da schon wütend war, will ich ihm jetzt nicht begegnen«, sagte ich.
»Warum habt ihr so lange gebraucht?«
»Wir haben einen kleinen Umweg gemacht«, erklärte Takumi. »Außerdem läuft Pummel wie eine alte Frau mit Hämorriden, weil der Schwan ihm in den Hintern gebissen hat. Wo sind Alaska und der Colonel?«
Plötzlich hörten wir Schritte, Gemurmel und knackende Äste. In null Komma nichts hatte Takumi unsere Schlafsäcke und Rucksäcke gepackt und hinter den Heuballen versteckt. Wir flüchteten aus der Scheune und versteckten uns im hüfthohen Gras. Er ist uns bis zur Scheune gefolgt , dachte ich. Wir haben es verbockt.
Doch dann erkannte ich die Stimme des Colonels, klar und deutlich und ziemlich genervt. »… weil es die Liste der Verdächtigen um dreiundzwanzig Personen dezimiert! Warum hast du dich nicht einfach an den Plan gehalten? Verflucht, wo sind denn alle?«
Wir kehrten in die Scheune zurück, etwas verlegen, dass wir überreagiert hatten. Der Colonel setzte sich auf einen Heuballen und legte den Kopf in die Hände. Er dachte nach.
»Na ja, noch haben sie uns nicht erwischt«, sagte er dann, ohne aufzublicken. »Also schön. Bitte sagt mir, dass wenigstens der Rest nach Plan gelaufen ist. Lara?«
Sie fing an. »Ja. Gut.«
»Geht’s auch ein bisschen genauer?«
»Ich hab getan, was du aufgeschrieben hast. Ich hab miech hienter dem Adlerhorst versteckt, bies ich sah, wie er hienter Miles und Takumi her ist, und dann bien ich hienter die Schlafsäle gelaufen. Und dann bien ich in Keviens Ziemmer eingestiegen. Ich hab das Zeug in sein Gel und in die Spülung getan, und dann hab ich dasselbe in Jeffs und Longwells Ziemmer gemacht.«
»Das Zeug?«, fragte ich.
»Unverdünnte, extrastarke blaue Haarfarbe Nummer fünf«, sagte Alaska. »Die ich von deinem Zigarettengeld gekauft habe. Auf nasses Haar aufgetragen hält sie Monate.«
»Wir haben ihnen die Haare blau gefärbt?«
»Technisch gesehen«, sagte der Colonel, der immer noch in seinen
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