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0486 - Der unheimliche Shaolin

0486 - Der unheimliche Shaolin

Titel: 0486 - Der unheimliche Shaolin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Er war alt geworden. Die langen Jahre des Lebens hatten ihn gezeichnet wie die Ringe eines Baumes. Er wirkte zart, mager, die Askese hinterließ Spuren, doch wer ihn genauer anschaute, sah in seinen Augen einen Blick, der etwas von dem verriet, was er einmal gewesen war.
    Ein harter Kämpfer und Shaolin!
    Man hatte seinen Namen gefürchtet. Wer von seinen Feinden ihn aussprach, tat es nur im Flüsterton und schaute sich dabei um, ob er auch nicht beobachtet wurde.
    Durch seine Hände war viel Blut vergossen worden. Noch jetzt sah er die Bilder des öfteren im Traum.
    Er sah die sterbenden Männer, sah Blut fließen und Körper unter schweren Hieben zusammenbrechen.
    Irgendwann, als die Schreie der Leidenden zu grell wurden, kam ihm die Erleuchtung. Der Erhabene hatte sich ihm offenbart, und Lin Cho zog daraus die Konsequenzen.
    Er legte die Waffen ab und sprach seinen Schwur. Gleichzeitig sprach er das Gelübde der Keuschheit, verabschiedete sich von seinem Volk, ging in die Einsamkeit der Berge, um so zu leben, wie es dem Erhabenen gefiel. Sein Platz war in einem alten Drachenkloster, in dem auch der Drachengott verehrt worden war.
    Eine Manifestation des Bösen, doch unter dem Einfluß des Erhabenen hatte es bei ihm einen Sinneswandel gegeben, so daß er jetzt auf einer anderen Seite stand.
    Durch ihn hatte Lin Cho viel erfahren. Er wußte von Dingen, die andere nicht einmal ahnten. Es war ihm gelungen, Blicke in mystische Welten zu werfen, wo die Götter herrschten und die Seelen der verstorbenen Gerechten ihre Ruheplätze gefunden hatten, um einzugehen in den großen Kreislauf, der das Schicksal der Welten und des gesamten Universums bestimmte.
    Aber die Erde war schlecht.
    Die Besatzer gaben keine Ruhe. Immer öfter fielen sie in das Land ein, um es zu erobern. Sie töteten die Männer, vergewaltigten die Frauen und verschleppten die Kinder. Sie bildeten die Jungen zu Kriegern aus, die Mädchen wurden Sklavinnen, sie verkauften sie an andere Völker, bevor sie mordend und plündern weiterzogen.
    Manchmal zogen sie sich auch wieder zurück in ihre Steppen, die im Westen lagen, wo die Welt noch eine schlimme Barbarei erlebte und nichts von dem Erhabenen wußte.
    Wäre sein Schwur nicht gewesen, so hätte er sich in den Kampf gestürzt und unter den Horden aufgeräumt. So blieb ihm nichts anderes übrig, als den Todesschreien zu lauschen.
    Nie mehr eine Waffe anfassen!
    Nie mehr eine Kreatur, ob Mensch oder Tier töten!
    Lin Cho geriet in Zweifel, wenn er die Schreie der Verletzten hörte. Sein inneres Gleichgewicht war aufgewühlt worden, in seinem Körper rauschte das Blut, und als er sich abwandte, zeigte sein Gesicht die Furchen der Qual, die er spürte.
    Er hatte kein Licht angezündet. Im Dunkel der spartanischen Zelle blieb er stehen. Noch immer brandete der Kampfeslärm zu ihm hoch. Er hörte das Klirren der Schwerter und manchmal ein dumpfes Schlagen, wenn Pferdehufe über den harten, trockenen, staubigen Boden hämmerten.
    Und noch ein Geräusch vernahm er.
    Es war ein schweres, langgezogenes Ächzen, ein Hilfeschrei im Wind. Das letzte Aufbäumen eines Mannes gegen den Tod. Der Krieger mußte es geschafft haben, den Weg zum Kloster zu finden.
    Nur wenige kannten ihn. Bisher waren auch die Barbaren noch nicht bis an die gelbbraunen Mauern gelangt, aber das konnte sich sehr schnell ändern.
    Der Mönch mit dem zerfurchten Gesicht wartete noch einen Augenblick vollster Konzentration, um sich umzudrehen und die Zelle zu verlassen.
    Obwohl er es eilig hatte, ging er gemessenen Schrittes. Es ziemte sich nicht für einen Reinen, Eile zu zeigen. Er würde noch rechtzeitig kommen, das wußte er.
    Auch in der Nacht kehrte in die vom blakenden Fackellicht erfüllten Gänge keine Stille ein. Das dumpfe Murmeln der leise gesprochenen Gebete war Tag und Nacht zu hören. Die Mönche wechselten sich dabei ab. Das Rattern der Gebetsmühlen begleitete ihre heiligen Gesänge.
    Niemand begegnete dem unheimlich wirkenden Shaolin, als er die Stufen der Treppen hinabeilte, um das große Tor zu erreichen. Durch einen schmalen Ausgang verließ er die schützenden Wände des Klosters. Er durchquerte den Innenhof, der mit blauen Schatten gefüllt war und an einigen Stellen vom Licht des Mondes gestreift wurde. Das Gestell über dem tiefen Brunnen bestand aus altem Holz. Wenn der Wind dagegenfuhr, ächzte es.
    Hier brannte kein Licht. Die hohen Schutzmauern umgaben das Kloster und griffen in die Finsternis hinein.
    Das große Tor

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