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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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auszog und zudeckte. Ich ließ die Nachttischlampe an, weil die Kleine in Panik geriet, wenn sie in der Dunkelheit aufwachte und niemand da war. Auch ließ ich die Tür einen Spalt breit offen, damit sie uns gegebenenfalls hören konnte.
    Edvard war voll in Fahrt. Das Gemüse – Entschuldigung, die Paprika St. Croix brutzelte vor sich hin, die Teller standen auf der Wärmeplatte, und der Grill lief auf Hochtouren; Chefkoch Bornheimer goß gerade den Mangobrei in einen kupfernen Tiegel.
    „Du betreibst ja einen ganz schönen Aufwand. Man könnte annehmen, du möchtest jemanden erobern“, sagte ich.
    „Wir haben Gäste, mein Schatz. Wäre es dir lieber, ich würde Pizza bestellen?“ Edvard hielt inne und ließ den Kochlöffel sinken. „He, Professor. Du hast überhaupt keinen Grund zur Eifersucht.“
    „Interessant, daß du das Thema Eifersucht erwähnst. Ich habe nichts dergleichen geäußert.“
    Er stützte sich auf den hölzernen Kochlöffel und nahm eine drohende Gebärde an. Sehr verdächtig.
    Ich legte den Finger auf meine Lippen: „Nicht vor Hannah!“
    „Wo ist sie eigentlich?“
    „Im Bett.“
    „Hast du mit ihr Zähne geputzt und sie gewindelt?“
    „Nein. Sie ist an meiner Schulter eingeschlafen.“
    „Kein Wunder. Wir sind heute nachmittag einmal quer durch den Englischen Garten und haben einen riesigen Schneemann gebaut.“
    „Mit dem bißchen Schnee?“
    „Na gut, es war ein kleiner Schneemann. Jedenfalls ist das Mittagsschläfchen heute ausgefallen. Aber ohne Zähneputzen kommt sie mir nicht ins Bett.“
    „Edvard. Sie schläft.“
    „Das ist mir egal. Ich lasse mir später keine Vorwürfe machen, wenn sie beim Zahnarzt sitzt und heult. Gehst du mit ihr, oder deckst du lieber den Tisch?“
    Ich schaute ihm in die Augen, er starrte zurück. Ein unerbittlicher Blick. Meine Vorstellung von Ordnung genügt Edvard nie; ich decke den Tisch, und kaum drehe ich mich um, rückt er Besteck, Servietten und Gläser in die „perfekte“ Position. Das macht mich wahnsinnig, also entschied ich mich für die Alternative.
    „Zähneputzen.“
    „Aber los. Die werden jeden Moment hier sein.“ Edvard schob mich aus der Tür. Kurz bevor er sich auf das Geschirr stürzte, lächelte er mich an und gab mir einen Kuß.
    Im Schlafzimmer drang zartes Schnarchen an mein Ohr. Ich setzte mich zu Hannah ans Bett und deckte sie langsam ab. Sie lag völlig entspannt da, ihr Körper war schwer. „Komm her, Süße! Wir müssen noch Zähne putzen.“
    Hannah blinzelte, weinte vor Schreck und umklammerte meinen Hals. Aber schon im nächsten Moment war sie wieder eingeschlafen, und die Umklammerung löste sich wie von selbst.
    „Schätzchen. Der große Häuptling hat ein Machtwort gesprochen, und du hilfst mir besser, sonst krieg ich Stunk.“
    Sie murmelte etwas Quengeliges, ließ sich aber brav das Nachthemdchen überziehen. Dann nahm ich sie auf den Arm, trug sie ins Badezimmer und setzte sie auf die Toilette.
    „Mach noch mal Pipi“, sagte ich und hielt sie an der Schulter fest. Aber natürlich kam da nichts. Dann stellte ich sie auf den Hocker und drückte ihr die Zahnbürste in die Hand. Sie stand schlaftrunken vor dem Waschbecken. Ich wollte etwas Zahnpasta auf die Bürste drücken, da zog sie sie weg und heulte auf. „Nein!“
    „Okay, okay. Hier, du kannst es selber machen.“ Ich gab ihr die Tube und legte meine Hand auf ihren Rücken, weil ich Angst hatte, daß sie umkippen würde. Sie bewegte sich in Zeitlupe.
    Eklats vor dem Einschlafen sind mir lästig. Außerdem stand mir noch das Windelproblem bevor. „Du wirst schon noch lernen, dich mit mir gegen Edat zu verbünden“, flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie zog die Schulter nach oben, um mir zu bedeuten, daß sie in Ruhe gelassen werden wollte. Ich ließ sie los.
    Ihre Bewegungen wurden immer langsamer, bald konnte Hannah den Kopf nicht mehr halten, also bürstete ich einmal über die obere und einmal über die untere Zahnreihe und flößte ihr etwas Wasser ein, dann setzte ich das Wickelbrett auf die Wanne und Hannah darauf.
    „Leg dich zurück, mein Schatz“, sagte ich, zuversichtlich, daß sie vor Müdigkeit nichts merken würde. Aber Hoffnung ist eine Illusion. Hannah riß die Augen auf und hatte schon den Schrei auf den Lippen.
    „Schsch! Schätzchen, warte!“ sagte ich und hob sie hoch. „Du willst doch nicht ins Bett machen. Deshalb machen wir etwas, damit du besser schlafen kannst.“ Es war wichtig, das Wort „Windel“ zu vermeiden.

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