Eine Zuflucht aus Rosen
einem prächtigen Schlachtross hier einritten. Er benutzte einen Stock beim Gehen und täuschte ein leichtes Hinken vor. Sie gaben Acht, dass ihre Kleider schmutzig waren, und Clem trug seine Tunika verkehrt herum, um die schönen Stickereien zu verbergen.
Bei all ihren Vorkehrungen: Es war gar nicht schwer in die Burg von Tricourten hinein zu gelangen. Wie Gavin vorhergesehen hatte, zollten die Wachen einem Mann und einer Frau nur wenig Beachtung – nur eine Gruppe von zwei oder mehr Männern hätte ihre Aufmerksamkeit erregt. Mit rauer Stimme und fehlerhafter Sprache erklärte Clem, dass sie unterwegs zu einem Kloster waren, wo seine Schwester – Tricky – einer berühmten Äbtissin dienen sollte, und dass sie nur ein Lager für eine Nacht bräuchten. Die Wachen nickten sie mit einem knappen Blick herein.
Tricky lief schnell neben Clem her und streifte ihn leicht, als er ein wenig zu schnell lief – für einen Mann mit einem verletzten Bein ... aber sie verkniff sich ihn darauf hinzuweisen. Sie war ebenso erpicht wie er, ihre Mission hier zu erfüllen und Gavin und die anderen hier herein zu lassen ... aber zugleich drückte die Aufregung ihren Herzschlag nach oben und ihre Nerven lagen blank. Und sie war mit Clem zusammen – der sich geweigert hatte, sie alleine losziehen zu lassen – der sogar seinem Herrn befohlen hatte zurückzubleiben, damit er sie begleiten könnte. Vielleicht war der Mann nicht ganz so holzschädelig wie sie angenommen hatte.
Sie überquerten den Burghof und gingen auf etwas zu, was wie der Haupteingang zur Halle aussah, als Tricky plötzlich eine vertraute Gestalt bemerkte, welche die Halle gerade verließ. „Rohan!“, keuchte sie auf und schob die Hand sogleich Clem vor seinen Magen. Rohan – der Verräter – würde Clem sicherlich erkennen ... und vielleicht auch sie selbst.
Ohne lange zu fackeln, packte sie Clem bei der Tunika und – indem sie den Schwung von Clem mit ausnutzte – trieb sie ihn auf die Mauer eines Gebäudes dort zu. Er zog sie mit sich und sie krachte ihm in die Arme und auf einmal rangelten ihre Münder wild miteinander. Clem bewegte sich, rollte sich an der Mauer lang, bis sie eingeklemmt war, zwischen seiner herrlichen Schwere und den groben Holzplanken von etwas, was wie Stall roch.
Irgendwann löste er sich wieder von ihr und drehte den Kopf in die Richtung, in die Rohan entschwunden war. „Ich hatte den völlig vergessen“, sagte er zwischen zwei heftigen Atemzügen. „Der Schweinehund. Eigentlich sollte ich mich hier und jetzt um den Kerl kümmern...“
„Nein, Clem“, Tricky zupfte ihn am Ärmel, „wir müssen Madelyne finden, wir müssen weiterhin wachsam sein, wegen Rohan, aber ich möchte keine Zeit mehr verlieren. Wir müssen sie finden und ebenso einen Weg, wie wir Gavin in die Burg einschleusen.“
„Ja“, erwiderte er und wandte sich wieder ihr zu. Seine Augen bohrten sich in die ihren. „Tricky, glaubt bloß nicht, dass Ihr meinem Zorn wegen diesem schwachsinnigen Plan hier entgangen seid ... ich werde mit Euch noch ein paar Worte wechseln müssen, wenn all das hier hinter uns liegt.“
Sie konnte nicht anders als zu ihm hoch lächeln, und stupste ihn mit dem Finger leicht auf die Nasenspitze. „Clem, mein Süßer, ich wäre wirklich sehr enttäuscht, wenn Ihr einer derartigen Drohung nicht nachkommen solltet ... eine gehörige Abreibung von Euren Lippen sollte nur eine von vielen anderen Folgen unserer Beziehung sein.“ Ihr kokettes Lächeln und das Gurren in ihrer Stimme musste ihm wohl eine ganz andere Nachricht übermittelt haben, als er erwartet hatte. Sie hätte schwören könne, dass sein Gesicht tiefrosa wurde.
Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt das hier weiter auszubauen. Tricky und Clem kamen überein sich zu trennen, die Halle und auch die äußeren Anlagen der Burg zu erkunden, und sich in einer Stunde wieder bei den Ställen zu treffen.
„Gebt auf Euch Acht“, sagte er zu ihr, die dunklen Augen bohrten sich in die ihren. Dann krümmte Clem sich wieder über dem Stock zusammen und humpelte los, um die Ställe zu untersuchen und die anderen Außengebäude.
Tricky betrat die Große Halle und entdeckte da, dass Leibeigene damit fertig waren, von den Tischreihen die Teller und Platten des Mittagsmahles abzutragen. Sie versuchte sich unter den Dienern zu tarnen, indem sie ein Tablett ergriff und einem der anderen Leibeigenen folgte, aber plötzlich sprangen ihr zwei Männer ins Auge, die an dem Ehrentisch
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