Eine Zuflucht aus Rosen
kurz mit ihr zu sprechen.“
„Meine Zofe hat nach Euch schicken lassen?“ Madelyne spürte, wie die Röte ihr in die Wangen stieg und sie entzog ihm ihre Hand und faltete die Hände dann vor ihrem Bauch. Was auch immer Tricky mit einem derart kühnen Plan vorgehabt hatte, sie würde von Madelyne die Leviten gelesen bekommen, und nicht zu knapp. Solch eine Unverfrorenheit war nicht zu dulden, nicht einmal von der ewig strahlenden Tricky. „Bitte nehmt meine Entschuldigung an, Lord Reginald, die Einmischung meiner Zofe–“
„Nicht doch! Sie traf keine Schuld. Sie hat nur auf ein Schreiben geantwortet, dass ich schickte, als ich Euch gestern beim abendlichen Mahle nicht sah.“ Sein Lächeln war sanft und freundlich. „Ich habe lediglich Eure Anwesenheit vermisst und wünschte mir eine Gelegenheit, bald einmal im Garten mit Euch zu lustwandeln.“
Verwirrung machte sich in Madelyne breit und sie wusste nicht wohin mit den Augen – alles, nur nicht in jene warmen, forschenden, blauen Augen. „Lord Reginald, ich–“
„Vergebt mir, Mylady, aber seid Ihr fertig mit Eurer Novene? Ich hätte Euch zuerst fragen sollen – es war nicht meine Absicht, Eure Gebete zu unterbrechen.“
Angesichts seiner Beunruhigung gestattete sie sich ein kleines Lächeln. „Ich habe meine Gebete nun viele Male vorgebracht ... ob sie erhört werden, muss noch abgewartet werden.“ Ihr Lächeln erstarb und sie tastete nach dem Rosenkranz, der ihr am Gürtel um ihrer Taille hing.
„Sicherlich seid Ihr hungrig. Eure Zofe schien ob Eurer fortgesetzten Abwesenheit etwas beunruhigt und war voller Sorge, dass Ihr das morgendliche Fasten noch nicht gebrochen habt.“ Jetzt ergriff er erneut ihren Arm und zog ihn in die Wärme seines Ellbogens hinein. „Bitte, lasst mich dabei helfen, Euch etwas zu essen zu finden.“
„Meinen Dank, Lord Reginald, aber um die Wahrheit zu sagen, steht mir der Sinn nicht nach Essen. Heute will ich fasten.“
„Und auch meinen Dank an Euch, D’Orrais.“
Die tiefe Stimme, die aus den Schatten der Kapelle hervorkam, machte, dass Madelyne das Herz in die Kehle sprang und dort auch verblieb. Wild schlagend. „Gav–Lord Mal Verne“, sagte sie, als sie sich zu ihm umdrehte – wobei sie Lord Reginalds Arm erneut ihre Hand entzog.
Mal Verne trat vor und an seinem versteinerten Gesicht konnte sie ersehen, dass er wütend war. Als er aber sprach, waren seine Worte schlicht und ruhig. „Ich danke Euch in der Tat, D’Orrais“, wiederholte er, „dafür, dass Ihr Euch um die Sicherheit der Lady Madelyne gekümmert habt. Auch wenn sie unter dem Schutz des Königs – und auch unter meinem – steht“, hier warf er ihr einen kurzen, vielsagenden Blick zu, „so scheint sie doch der Anleitung zu bedürfen, um davon abzulassen, allein und nach Belieben durch die Burg zu spazieren.“
Lord Reginald nickte kurz mit dem blonden Kopf und blickte dann zu Madelyne, als wolle er sich vergewissern, dass es in Ordnung sei, sie mit Gavin zurückzulassen. „Ich wusste nicht, dass der König ein solches Interesse an der Lady Madelyne hat.“
Gavins Augen blickten ihn unverwandt und kühl an. „So ist es. Der König und ich selbst haben ein großes Interesse an ihrem Wohlergehen ... und ebenso gibt es andere Parteien, die ein Interesse daran haben, dass es ihr nicht so gut ergehe. Ich warne Euch daher, dass sie sehr gut bewacht sein wird, bis zu der Zeit, da man einen dauerhaften Beschützer für sie erwählt hat.“
Jetzt drehte er sich um, um Madelyne direkt anschauen zu können, und seine Worte waren für sie bestimmt. „Habt Ihr Euer Gebet beendet, Mylady? Falls nicht, so würde ich darum bitten, dass Ihr das in der Abgeschiedenheit Eurer Gemächer tut. Kommt mit mir.“ Gavin wartete ihre Zustimmung nicht ab. Er packte sie am Handgelenk – wenn auch sanft – und ihr blieb keine Wahl, als ihm zu erlauben, sie an den Ort zu geleiten, den er für sie im Sinn hatte.
Dieser Ort war außerhalb der Kapelle, draußen wo die Sonne heiß niederbrannte und Leibeigene, Ritter, Händler und Pagen auf ihren Botengängen in dem großen Burghof von Whitehall hin und her eilten. Madelyne blinzelte rasch, als ihre Augen wässrig wurden, weil sie sich an die Helligkeit gewöhnen mussten. Sie stolperte, während Gavin sie sanft über den zertrampelten Boden zog. Er hielt nicht an, noch sprach er mit ihr – oder mit irgendjemandem sonst – bis sie wieder im Wohnturm waren. Er führte sie durch die Säle und Hallen, bis sie
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