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Einen solchen Himmel im Kopf: Roman (German Edition)

Einen solchen Himmel im Kopf: Roman (German Edition)

Titel: Einen solchen Himmel im Kopf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi , Stephanie Gleißner
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ich.
    Sie reagierte nicht. Sie hatte sich gebückt und streichelte eine Katze, die ihr um die Beine strich.
    »Johanna?«
    »Hm? Was denn?«
    »Ich habe mich gerade bei dir entschuldigt.«
    »Ja, ist gut«, sagte sie. »Ja, ist gut«, sagte sie auch, als ich erklärte, dass ich den Zeitungsausträgerjob hinschmeißen würde und von nun an auch wieder zu Hause schliefe.
    »Meine Eltern wollen das«, sagte ich entschuldigend.
    Es klang genauso falsch wie ihr »Ja, ist gut«.
    Im Sommer, an den wenigen heißen Tagen, die sich nicht schon am späten Nachmittag verdunkeln und in Blitz und Donner und Hagel enden, an diesen Tagen, die man an einer Hand abzählen kann, stehenHinterlandmänner im Morgengrauen, wenn das Gras schnittig ist, mit Sensen in der Endmoränenlandschaft. Am Vormittag liegt das gemähte Gras noch in feuchten Klumpen schwer auf den Hügeln, doch schon gegen Mittag sind die Halme auf der oberen Seite bräunlich versengt. Dann fahren Heugabeln und Rechen in die Haufen, zerstreuen sie und wenden die feuchte Unterseite nach oben. An diesen seltenen sehr heißen Tagen genügen ein paar Stunden, um aus schwerem Gras flirrendes Heu zu machen. Es ist so leicht, ein kleiner Windstoß, der Vorbote eines Unwetters, genügt, er trägt feine Heugespinste durch die Luft, sie verfangen sich in den Ästen der Bäume. Ich folgte ihnen und dachte an dein Haar, Johanna. Noch im Frühjahr nach dem ersten Tauwetter hingen sie als hässliches gelbbraunes Lametta an den noch kahlen Bäumen, und ich dachte an dein Haar, Johanna, ich dachte an dein Haar an manchen Tagen im Herbst. Sie schwebten über Wiesen, man nannte es Altweibersommer. Und ich träumte von deinem Skalp, Johanna. Ich träumte, wie er ihn dir genommen hat, wie du vor ihm auf den Knien lagst, den Kopf in seinem Schoß, dein Gesicht zwischen seinen Schenkeln. Hat er ihn dir genommen? Hat er dich geschoren, am Morgen, als die Frösche noch immer an ihren unsinnigen Laichgewässern festhielten und starben? Geschoren, wie ein Tier? Und ich träumte von deinem Skalp, und ich hatte Angst all die Jahre,dass ich darauf stoßen würde, an meine Tür genagelt, sobald ich nicht mehr damit rechnete und anfing, glücklich zu sein.

22.
    Sie war entschlossen. Sie trug ein weit ausgeschnittenes weißes T-Shirt, durch den dünnen Stoff sah man den schwarzen BH.
    »Keine Sorge, Frau Murr, wir werden bei Katharina übernachten. Sie hat das angeboten. Wir feiern ja in ihren Geburtstag rein, und nach zwölf fährt da kein Zug mehr. Die haben ein großes Haus mit mehreren Gästezimmern. Es ist also kein Problem.«
    Es ging alles sehr schnell, meine Mutter hatte keine Zeit, Einspruch zu erheben, Johanna packte meine Hand und zog mich durch die Tür.
    »Entschuldigen Sie, Frau Murr«, sagte Johanna und lächelte, »wir müssen uns jetzt beeilen, sonst verpassen wir den Zug.«
    »Was hast du vor, Johanna?«
    »Was wohl? Es ist der dritte Samstag im Monat, hast du das vergessen?«
    Sie ließ meine Hand nicht los. Als wir an den Alten auf den Bänken vor der Kirche vorbeigingen, schrie sie ihnen zu: »Jetzt habt ihr wieder was zu reden!«
    Ihre Ausgelassenheit war mir nicht geheuer. Wirwaren uns in den Wochen zuvor aus dem Weg gegangen, hatten uns nur noch in der Schule gesehen. Sie hatte wieder mit Luise herumgestanden. Einmal hatte ich sie sogar laut auflachen hören. Es hatte mir einen Stich versetzt, doch ich war auch erleichtert gewesen. Nichts schien unwahrscheinlicher als diese Neuauflage unserer Samstagnächte. Vielleicht ist es ihre Art, sich zu versöhnen, dachte ich und machte alles, was sie auch machte. Ich trank den Wodka schneller als sonst, beugte mich weit aus dem Zugfenster, mein Haar wehte ihr ins Gesicht. Es war eine warme Sommernacht.
    »Schau mal, Johannisfeuer!«, rief sie. Ich wollte alles richtig machen und machte wie sie ein begeistertes Gesicht.
    Johanna marschierte an der Garderobenschlange vorbei auf die Tanzfläche. Sie zog ihre Jacke nicht aus, sie hatte nicht vor, lange zu bleiben. Zielstrebig steuerte sie eine Gruppe wippender Männer an. Sie tapsten mit Bierflaschen in der Hand und hängenden Köpfen am Rand der Tanzfläche herum. Johanna drängte sich zwischen sie, nahm einem der Männer die Zigarette aus der Hand, machte einen exaltierten Zug und schnippte sie dann auf den Boden. Die Männer staunten. Johanna überließ ihre Wahl dem Zufall. Den, der sich als Erstes wieder gefangen hatte und sie leicht an der Hüfte berührte, um sie zu einem

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