Einfach. Alles. Merken
verschiedene Arten unterscheiden: in Faktenwissen und in Verstehenswissen.
Zusammenhänge zu erkennen und aus diesen eine Vorstellung zu entwickeln (zu verstehen) ist ein komplexer und vielschichtiger Vorgang. Dinge, die wir einmal verstanden haben, bleiben extrem lange im Hirn hängen. Wenn Sie ein Buch über Verbrennungsmotoren lesen, ins Technikmuseum gehen, um dort Modelle von Motoren zu studieren, und einem Mechaniker über die Schulter schauen, werden Sie irgendwann das Prinzip verstanden haben. Einmal kapiert, sitzt dieses Wissen fest im Langzeitgedächtnis. Sie rufen es ab, indem Sie es aus dem Kopf rekonstruieren – zum Beispiel, wenn Sie jemandem erklären, wie ein Motor funktioniert.
Gleiches gilt für lange zurückliegende Mathestunden: Sie erinnern sich vielleicht nicht spontan, wie viel Grad die Summe der Winkel in einem Dreieck beträgt, aber mit Stift, Papier und ein paar Minuten Nachdenken können Sie dieses Wissen rekonstruieren, und Ihnen wird wieder einfallen, dass die Summe 180 Grad ist.
Der Vorteil von Verstehenswissen ist die lange Haltbarkeit im Kopf. Sein Nachteil besteht darin, dass mit Merktechniken nicht nachgeholfen werden kann, wenn etwas nicht begriffen wird. Entweder das Thema wird verstanden oder eben nicht. Diese Form der Intelligenz kann keine Merktechnik verändern.
Anders verhält es sich mit dem Faktenwissen. Es geht schwerer in den Kopf, ist schneller wieder aus diesem verschwunden und lässt sich durch Logik oder Rekonstruktion nicht zurück ins Bewusstsein zerren. Die Tatsache, dass das Empire State Building in New York 381 Meter hoch ist, können Sie nicht logisch aus dem Gebäude ableiten. Selbst nach dreißig Runden um das Fundament werden Sie der Zahl keinen Schritt nähergekommen sein.
Die Menge an abstrakten, gehirnunfreundlichen Informationen nimmt zu. Das kindliche „Warum?“ wird von Lehrern immer seltener beantwortet. „Das ist eben so!“ Fakt! Studierende der Veterinärmedizin müssen für Klausuren technische Daten (Größe, Form, Vermehrungsgeschwindigkeit) von Parasiten auswendig lernen. Angehende Juristen und Mediziner fragen gar nicht, warum sie etwas lernen müssen, sondern nur, wann der Prüfungstermin ist.
Ein Gipfel der Faktisierung ist das Erreichen des so genannten „optimalen Ordnungsgrades“ des Deutschen Instituts für Normung e.V. in Berlin. In DIN-Normen wird alles Erdenkliche mit absoluter Präzision geregelt, durchnummeriert, vermessen und sortiert. So zum Beispiel DIN 13164, die den Inhalt von Verbandskästen regelt. Oder in DIN 13050, wo Begriffe aus dem Rettungswesen definiert werden: Hier lernen wir, dass es einen Unterschied gibt zwischen technischen Rettungsmitteln (Krankentransportwagen) und Rettungsmaterial (Medizinprodukten) – das ist Wissen, das gelernt und nicht verstanden werden will. Wenn Sie alle Normen auswendig lernen wollen (später vielleicht), finden Sie diese bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_DIN-Normen .
Zurück in die praktische Welt: Neue Autos lassen sich ohne Studium der Gebrauchsanweisungen nicht mehr fahren. Auch das Bedienen von Maschinen und Computern ist alles andere als logisch. Die Anordnung der Buchstaben auf einer Tastatur ist weder finger- noch gehirnfreundlich: Der amerikanische Erfinder Christopher Latham Sholes hat die Belegung vermutlich 1868 entwickelt. Logisch wäre es, die am häufigsten benutzen Buchstaben unter den Fingern in Grundstellung zu positionieren. Sholes Anordnung ist genau das Gegenteil: Die häufigsten Buchstabenfolgen sind weit voneinander getrennt, um damals das Verhaken der Hämmer einer mechanischen Schreibmaschine zu vermeiden. Die Technik hatte Vorrang! Obwohl bekannt ist, dass die heutige Tastatur ungesund für Hände, Arme und Muskulatur ist, und obwohl durch eine andere Anordnung der Tasten schneller geschrieben werden könnte, und obwohl es bei einem Computer das Hammerproblem nicht mehr gibt, geht es dem Tippen wie den Merktechniken: Irgendwie hat sich die bessere Lösung nicht durchgesetzt. Und wir lernen Tippen durch reichlich Wiederholen. Schauen Sie in ein Lehrbuch für Maschinenschreiben und zählen Sie, wie oft dort ein Buchstabe geübt wird, bis er sitzt. Wenn Sie anders schreiben wollen, schauen Sie sich die Dvorak-Tastatur bei Wikipedia an unter: http:// de.wikipedia.org/wiki/Dvorak-Tastaturbelegung .
Zum weiten (Trümmer-)Feld des Faktenwissens gehören auch:
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Telefon- und Geheimnummern von Kreditkarten: Im letztgenannten Fall ist
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