Einfach? Leben - humorvolle Kurzgeschichten (German Edition)
wandten sich zu ihnen um.
Daniel spuckte den Schluck Kaffee aus, den er soeben genommen hatte, und besudelte seinen Bildschirm damit. »W-was?« Er schaute sich um und bemerkte, wie die anderen Mitarbeiter nur die Köpfe schüttelten und sich dann wieder ihrer Arbeit zuwandten. Wusste etwa
jeder
davon?!
»Komisch ... ich dachte, du weißt es schon. Du hast doch kein Problem damit, oder?«
Die Frage kam etwas unerwartet und Daniels Augen vergrößerten sich, als die Räderchen in seinem Kopf ratterten.
Hatte
er ein Problem damit? Generell war es kein Thema, mit dem er sich wirklich beschäftigt hatte. Die immerwährenden Debatten über gleichgeschlechtliche Ehen gingen fast spurlos an ihm vorbei und sonst wurde er noch nie mit dem Thema konfrontiert. Peter war immer noch Peter und es konnte ihm wohl egal sein, mit wem er ausging, allerdings ...
»Kein Problem, aber was, wenn er ... du weißt schon.«
»Was denn?«
»Na ja, was wenn er plötzlich ... ähm ... auf mich steht? Das wär doch ein bisschen komisch, oder?«
Zuerst starrte ihn Heinz nur an, doch dann fing er an zu lachen. Sein ganzer Körper schüttelte sich. »Das wird kaum passieren«, sagte er schließlich, nachdem er sich beruhigt hatte.
»Warum nicht?«
»Du bist bestimmt nicht sein Typ, Daniel. Du hast Peters Freund noch gar nicht gesehen, oder?« Heinz stand auf und ging zu Peters Schreibtisch herüber. Dort holte er ein eingerahmtes Foto und reichte es Daniel. Es zeigte Peter, der vor einem See stand. Ein muskulöser, braun gebrannter Mann hatte seinen Arm um seine Schultern gelegt und beide grinsten glücklich in die Kamera.
»Siehste?«, sagte Heinz. »Der Peter steht eher auf so richtig gut aussehende Typen. Für dich würde er sich nie interessieren.«
Daniel blieb stumm und musterte den durchtrainierten Mann auf dem Foto, bevor er an sich heruntersah. Sein dicker Bierbauch prangte über den Hosenbund hinaus. Das obligatorische weiße Hemd, das er jeden Tag trug, war so weit über seine Wampe gespannt, dass etwas blasse Haut durch die kleinen Lücken zu sehen war.
Heinz klopfte Daniel auf die Schulter. »Bist du jetzt beruhigt? Ich meine, nur weil jemand auf Männer steht, muss er ja nicht
jeden
attraktiv finden, ne?«
***
Nach Feierabend schlenderte Daniel durch die Straßen Berlins und betrachtete interessiert die vielen Menschen, die ihm entgegenkamen. Mehrere hatten Einkaufstaschen in den Händen und keiner von ihnen, weder Männer noch Frauen, würdigten Daniel auch nur eines Blickes, als sie vorbeihasteten. Im Vorbeigehen sah Daniel sein Spiegelbild in einem der vielen Schaufenster. Ein dicker Mann mit hängenden Schultern und braunem, dünnem Haar starrte zurück. Er blieb stehen, schaute abermals an sich herunter und schlug sich mit der geöffneten Handfläche auf seinen dicken Bauch. Das Fett wobbelte.
In seiner Jugend war er mal der attraktivste Mann der ganzen Gegend gewesen! Musste er es sich wirklich sagen lassen, dass diese Zeit mit Anfang dreißig endgültig vorbei war? Und konnte er das einfach so akzeptieren? Bei den meisten Frauen hatte Daniel keine große Chance mehr ... musste er aber auch nicht haben. Er war schließlich verheiratet! Dass allerdings auch die Männer sich nicht für ihn interessierten, wollte er sich aber nicht einreden lassen. Ehrgeiz packte ihn und Daniel stellte sich aufrechter vor dem Fenster hin. Schultern zurück, Bauch rein. Erneut schlug er sich auf die Wampe und betrachtete sein Spiegelbild.
Wobbel, wobbel.
... vielleicht ließ er den Hamburger heute mal aus.
***
Das Wochenende verging schnell und am Montag kam Peter lächelnd in das Büro hinein. Er hatte etwas Farbe bekommen und begrüßte seine Kollegen, die weit weniger glücklich aussahen.
Daniel betrachtete das Schauspiel währenddessen von der Kaffeemaschine aus, wo er an einer frisch gebrühten Tasse nippte. Auch er hatte sein Wochenende sinnvoll genutzt und sich ein paar Gedanken über seine Garderobe gemacht. Anstelle des weißen Hemds trug er an diesem Tag ein Schwarzes mit roter Krawatte. Als Peter in seine Richtung schaute, lehnte Daniel sich an den Tisch neben der Kaffeemaschine, zog seinen Bauch ein und machte eine betont lässige Handbewegung mit zwei Fingern zum Gruß. Ja,
das
musste Wirkung zeigen!
Peter runzelte die Stirn, öffnete kurz den Mund und machte dann eine etwas abrupte Handbewegung zurück, die mehr danach aussah, als wollte er eine lästige Fliege verscheuchen. Ohne auch nur einen
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