Einfach? Leben - humorvolle Kurzgeschichten (German Edition)
der Nähe von Gerdas Familie gewesen war. Sollte es wirklich so enden? Sollten die letzten grauenhaften Tage wirklich der Rest seines Lebens gewesen sein?
»Hansi, was hängste denn hier so rum?«, fragte eine Stimme und fast ließ Hans los, nur um ihr zu entkommen. Bernd stand auf der Klippe und hatte wieder dieses dümmliche Grinsen, das er immer aufsetzte, wenn er etwas brüllend komisch fand. »Bin dir gefolgt und dann warste plötzlich weg! Musst auch gucken, wo du hinläufst, ne?«
»Sei ruhig und zieh mich lieber hoch!«, sagte Hans.
Bernd schüttelte den Kopf. »Na, wieso lässt du nicht einfach los? Sind doch nur nen paar Meter! Viele Kids verwenden den Platz hier zum Springen, weißte?«
Zum ersten Mal blickte Hans nach unten und tatsächlich! Mehr als fünf Meter konnten das nicht sein. Erst fühlte er Erleichterung und dann Wut. Mit einem früheren Blick nach unten hätte er sich die Reflexionen über sein Leben ersparen können.
Auf ein Bad hatte er dennoch keine Lust. »Zieh mich einfach hoch, ja?«
Statt ihm eine helfende Hand zu reichen, legte sich Bernd auf den Bauch und schaute zu Hans herunter. »Weißte, ich denke wir sollten reden«, sagte Bernd. »Du läufst ja sonst immer weg, ne? Das is auch ’ne tolle Chance, um dir von meinem Urlaub in Indien zu erzählen. Die haben da dieses tolle Fest. Werfen mit Farbpulver oder so. Richtig kapiert hab ich das nich, aber war super sich mal richtig schön einzusauen. Oh, und die indischen Frauen! Eine schöner als die andere! Ich kann dir da Sachen erzählen –«
Hans ließ los.
***
Durchnässt und auf quietschenden Sohlen ging er zehn Minuten später den Weg zum Ferienhaus hinauf. Wenn sein Blick auch nur einen kleinen Teil seiner Wut widerspiegelte, dann sollte eigentlich jeder im Umkreis von drei Kilometer Reißaus nehmen. Dennoch lief Bernd neben Hans her und redete auf ihn ein.
»Ey, ich hab ja gesagt, du sollst dich nicht bewegen! Riesenfische sehen dich dann nicht, denk ich. Oder gilt das nur für Dinos? War aber echt cool, wie der dich gejagt hat! Dieser Urlaub ist ein echtes Abenteuer, nich?«
Hans sagte nichts mehr.
Auch die nächsten Tage ignorierte er jeden um sich herum und ließ sich von den Blagen beklettern, schlagen, kitzeln oder was auch immer sie sonst noch wollten. Den Rest der Zeit schloss er sich einfach in seinem Zimmer ein, barrikadierte die Balkontür und wartete.
Nur so überstand er seinen Urlaub, ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden und kam wieder sicher nach Deutschland zurück.
***
Ein paar Tage später war alles wieder beim Alten: Hans war zurück in seiner Heimat. Er arbeitete hart, verdiente gutes Geld, ging mehrmals die Woche mit seiner Frau essen und genoss die Ruhe.
Bis er dann eines Tages nach Hause kam und seine strahlende Ehefrau ihn begrüßte.
»Schatz, es ist großartig!«, sagte sie mit einem Lächeln. »Meine Eltern haben das große Haus direkt nebenan gekauft. Sie werden alle nächste Woche einziehen! Die ganze Familie!«
Hans ließ sich scheiden.
Ende
Das wahre Leben
Sarah kaute auf ihren Nägeln herum, während sie sich weiter vorlehnte. Ihr Hintern rutschte fast vom Sofa, und doch waren ihre Augen starr auf den flimmernden Bildschirm gerichtet.
»Virginia, unsere Liebe hat keine Chance!«
, flüsterte der südländische Schauspieler und richtete seine muskulöse Brust, die nur durch ein halb aufgeknöpftes Hemd verdeckt war, direkt in die Kamera hinein.
»Ich bin dein Halbbruder. Deine Mutter hatte vor 23 Jahren eine Affäre mit meinem Vater, dem damaligen Stallknecht.«
Die vollbusige, blonde Schauspielerin schluchzte und Sarah tat es ihr gleich.
»Aber Frederico! Ich liebe dich! Es kann doch nicht alles vorbei sein! War unsere Liebe etwa nur ein wunderschöner Traum?«
»Ich werde dich immer lieben, Virginia! Doch dem Schicksal können wir uns nicht entziehen.«
Sarah nahm sich ein Taschentuch aus einer Box und schnaufte sich laut die Nase.
»Ich werde eine Zeit lang ins Ausland gehen. Versuche nicht, mich aufzuhalten!«
Er wandte sich um und wollte gerade zur Tür hinausgehen, als diese aufgerissen wurde. Pablo, Fredericos Vater, trat hinein.
»Es ist eine Tragödie!«
, stöhnte er und sowie Frederico als auch Virginia schlugen die Hände vor die Münder.
»Maria! Sie hatte einen Unfall und liegt im Koma!«
Die Szene endete mit dramatischer Musik und einer Vorschau der nächsten Folge, in der Fredericos böser Zwillingsbruder Virginia
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