Einfach mehr Charisma
Durch seine Auftritte als Redner hat er Menschen an relevanten Positionen auf sich aufmerksam gemacht, die ihn ungeachtet seiner Biografie als Persönlichkeit akzeptiert haben und die bereit waren, seinen Wahlkampf um die Präsidentschaft zu unterstützen. In einem komplexen Geflecht von Interessen wurde Barack Obama, der Präsidentschaftskandidat, „erschaffen“, aber ausschlaggebend für den Wahlsieg war letztendlich das Charisma von Obama. Die Wirkung, die er auf allen multimedialen Kanälen zustandebrachte, ist einzig und allein der Person zu verdanken, die sich mit Unterstützung von Medien- und „Ausstrahlungsprofis“ auf die wesentlichen Charisma-Faktoren konzentrierte. Auch nach seinem Einzug ins Weiße Haus hörte er nicht auf, an dem konsistenten Bild zu arbeiten, das er in der Öffentlichkeit zeigt. Wobei man bei ihm tatsächlich nie den Eindruck hat, dass er schauspielert oder inszeniert, er vermittelt das Gefühl, den Menschen, die er trifft, wirklich nahe sein zu wollen.
Obama hat sich gegen alle – negativen – Vorurteile in die Position der einflussreichsten Politikerpersönlichkeit der Welt gebracht. Und würde man die Präsidenten der Vereinigten Staaten auf einer Charisma-Skala einordnen, stünde Barack Obama zweifellos sehr weit oben. – Am unteren Ende fände sich rückblickend übrigens ein weißer, männlicher Amerikaner, der jenen, die ihn unterstützten, auf den ersten Blick als „der perfekte Präsident“ erschienen war. Warren G. Harding, von nahezu klassischer Schönheit, von vollendeter Höflichkeit und stilsicher gekleidet, wurde mehr auf den Präsidentenstuhl gehievt als er sich selbst darum bemüht hatte. Doch er blieb politisch blässlich, seine Reden waren voller Sinnfehler und Versprecher, um ihn herum blühten Korruption und Steuerhinterziehung, und er verstarb 1923, nur zwei Jahre nach Amtsantritt, überraschend an einem Schlaganfall. Harding sollte als der miserabelste Präsident, den die USA je hatten, in die Geschichte eingehen, jener Mann, der einen seiner Anhänger bei einer Wahlkampfveranstaltung zu dem Ausruf veranlasst hatte: „Verdammt, der Mann sieht einfach aus wie ein Senator!“ Malcolm Gladwell, Autor von Blink! , spricht in diesem Zusammenhang von der „Warren-Harding-Falle“, dem vorschnellen Urteil, in das wir so oft tappen, wenn wir uns von unseren unbewussten Denkprozessen, ausgelöst von unseren Vorurteilen, leiten lassen.
Gladwell schildert beispielsweise den Fall eines Autoverkäufers, der seine Kollegen in der Anzahl der Verkaufsabschlüsse haushoch übertrifft. Der Grund: Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, Menschen nicht nach ihrem Äußeren zu beurteilen. Während seine Kollegen die hereinkommenden Interessenten sofort taxieren und deren Kaufkraft anhand ihres Outfits einschätzen, behandelt er jeden gleich zuvorkommend und vorurteilsfrei und verkauft auf diese Weise wesentlich mehr Autos als seine Kollegen.
Aufgabe
Von welchen Vorurteilen werden Sie beeinflusst?
Setzen Sie sich an einem sonnigen Tag in ein Straßencafé an einer belebten Einkaufsstraße und beobachten Sie die Menschen, die an Ihnen vorübergehen. Suchen Sie Ihnen interessant erscheinende Menschen aus und überlegen Sie:
Warum finden Sie diese Person interessant?
Woran machen Sie Ihr Urteil fest?
Welche Vorerfahrungen setzen Sie ein, welche Vorurteile spielen dabei eine Rolle?
Was genau beurteilen Sie wie und warum?
Überlegen Sie:
Woher kommen Ihre Vorurteile – die positiven wie die negativen?
Wie wirken sich Ihre Vorurteile auf die Einschätzung von Menschen aus?
Wie werden Sie ab sofort hinsichtlich Ihrer Vorurteile reagieren?
Charisma und Status
Menschen, die in einer Gruppe einen hohen Status einnehmen, haben besonders starke – unbewusste – Wirkung auf andere. Ein hoher Status drückt sich unter anderem in folgenden Zeichen aus: eine aufrechte Haltung, großzügige, ausladende Gesten, ein langsamer Gang. Der Statusträger hält beim Sprechen den Kopf ruhig, ein klassisches „Königsverhalten“. Er erlaubt sich Pausen, ist frei von Hast, nicht in Hetze. Und – ein sehr wichtiges Merkmal – er kann frei über seine Zeit verfügen. Was keine Aussage über sein Arbeitspensum ist, sondern bedeutet, dass er nicht einer übergeordneten Kontrolle seiner Zeit unterliegt wie zum Beispiel Zeiterfassungssystemen und Stechuhren.
Jede Begegnung ist ein Statusspiel, ein Wechselspiel des Hebens und Senkens des gegenseitig gezeigten oder zugestandenen Status. Wer wem
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