Einfach sexy
war.
Julia mochte nicht über ihre Verwandten nachdenken – sie hatte keine – oder darüber, dass ihre Quasifamilie, bestehend aus ihren Freundinnen Kate und Chloe, schneller heiratete, als sie die Geschenke kaufen konnte. Sie erhob sich von dem riesigen Schreibtisch mit den geschwungenen Beinen, unter dem sie als Kind manchmal zusammengekauert eingeschlafen war, während sie auf die Rückkehr ihres Vaters gewartet hatte.
Erinnerungen, die zu Herzen gingen und zu Tränen rührten. Sie vermisste ihren Vater sehr. Aber genau wie Ben Prescott war sie kein Weichei und ließ sich nicht so leicht unterkriegen.
Julia holte tief Luft und wischte sich rasch über die Wangen. Sie tröstete sich damit, dass sie mit dem Verkauf von KTEX TV, des Hauses in den Bergen, der Oldtimersammlung ihres Vaters, aller Aktien und Wertpapiere und eines Großteils ihres Schmucks die Schulden von Philippe Boudreaux ausgleichen und immerhin noch genug übrig behalten konnte, um die nächsten zwei Monate ihre Rechnungen zu bezahlen. Sie durfte gar nicht daran denken, aber sie würde auch das Haus verkaufen müssen. Allerdings machte sie jeder Makler darauf aufmerksam, dass die Annoncierung eines Hauses so kurz vor den Ferien ein sicheres Indiz für einen Notverkauf sei. Und ein solcher Verkauf würde weniger Geld einbringen. Wenn sie noch bis zum Frühjahr durchhielte, würde sie mit Sicherheit einen besseren Preis erzielen.
Das bedeutete also noch warten, sich den eigenen Lebensunterhalt verdienen und somit beweisen zu müssen, dass sie als Produzentin kreativ für KTEX tätig werden konnte.
Julia ging zur Tür. Sie trug ihre heiß geliebte weiße Wickelbluse und eine hellgrüne Jeans mit Leopardendruck, dazu Sandaletten mit hohen Absätzen, aus denen ihre knallig pinken Fußnägel hervorlugten. Tja, das Leben als verwöhntes, reiches Mädchen war jetzt vorbei. Hosen für fünfhundert Dollar müsste sie sich in Zukunft abschminken.
Sie legte den Kopf schief und ließ den Gedanken auf sich wirken.
»Na wenn schon«, murmelte sie zu sich selbst, »ist mir doch egal.«
Merkwürdig, sie hatte immer geglaubt, das viele Geld und den eigenen Sender zu vermissen. Und ihr Luxusleben. Doch am meisten vermisste sie ihren Vater.
Sie trug ihr hüftlanges, dunkles glattes Haar offen. Irgendwann würde sie es abschneiden lassen müssen. Sie konnte doch nicht ewig lange Haare tragen. Aber mit siebenundzwanzig fand sie sich noch jung genug dazu.
Gerade als sie die Tür erreichte, klingelte es zum dritten Mal. Chloe und Sterling standen auf der Treppe. Sterlings Wangenmuskulatur zuckte ungeduldig, während Chloe in ihrer Handtasche nach einem Schlüssel wühlte. Aber es war wie immer Ben, der Julia magisch anzog.
Er lehnte vor der halbhohen Ziegelmauer an der Haustreppe und sah aus, als ginge ihn das alles nichts an. Im Prinzip wirkte er genauso »glücklich« über den Lauf der Ereignisse wie Julia.
Er musterte sie ausgiebig und hob anerkennend eine Braue, als er ihre Hose bemerkte. Der Typ konnte sie zwar nicht ausstehen, hätte aber vermutlich nichts dagegen einzuwenden gehabt, ihr die Escada-Leopardenjeans herunterzureißen und eine heiße Nummer mit ihr zu schieben.
Bei der Vorstellung durchfuhr Julia ein frivoles Prickeln. Ihr letzter Sex lag schon eine ganze Weile zurück.
»Ich dachte schon, du hättest vergessen, dass wir kommen«, sagte Chloe angestrengt lächelnd.
»Gute Güte, nein, Süße. Ich hatte nur vergessen, dass ich niemanden mehr habe, der an die Tür geht«, meinte Julia herzerfrischend offen.
Sterling schien ein bisschen peinlich berührt, schließlich war er es gewesen, der ihr den Sender abgekauft hatte. Dennoch war Julia überzeugt, dass er ihr einen überaus fairen Preis für
KTEX gezahlt hatte, von dem Jobangebot ganz zu schweigen. Er mochte ein skrupelloser Unternehmensleiter sein, aber für Chloe tat er alles. Jetzt musste Julia nur noch allen und sich selbst beweisen, dass sie den Job auch verdient hatte.
»Kommt rein.« Julia trat beiseite.
Sterling hob eine schwere Segeltuchtasche hoch.
»Lass mich das doch machen, Sterling«, murrte Ben.
»Verflucht, Ben, der Arzt hat gesagt, dass du nichts Schweres heben sollst. Es sei denn, du willst wieder ins Krankenhaus.«
Das brachte den Nörgler zum Schweigen.
Sterling und Chloe eilten ins Haus. Ben stieß sich von der niedrigen Mauer ab und wollte ihnen folgen.
»Freut mich, dass du gekommen bist«, sagte Julia, obwohl sie selbst davon keinesfalls überzeugt
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