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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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und der Brand des Turms der Pendragons.«
    Pendragon schüttelte den Kopf in respektvoller Belustigung. »Und was es sonst nicht alles sein könnte«, sagte er. »Kennen Sie denn nicht jene Art von Halbmenschen oder Halblöwen oder Halbhirschen, die in der Heraldik durchaus geläufig sind? Könnte nicht diese Wellenlinie durch das Schiff eine jener Parti-per-pale- Linien sein, gezickzackt, wie man sie wohl nennt? Und obwohl das dritte Ding nicht so besonders heraldisch aussieht, wäre es doch heraldischer anzunehmen, es sei ein mit Lorbeer statt mit Feuer bekrönter Turm; und es sieht aus, als sei es gerade das.«
    »Aber es erscheint doch reichlich merkwürdig«, sagte Flambeau, »daß es so genau zu der alten Legende paßt.«
    »Ach«, sagte der skeptische Weltumsegler, »Sie wissen ja nicht, wieviel von der alten Legende sich aus diesen alten Figuren entwickelt haben mag. Und außerdem ist es nicht die einzige alte Legende. Unser Fanshaw, der sich für solche Dinge sehr interessiert, wird Ihnen sagen, daß es noch andere Versionen der Geschichte gibt, und sehr viel entsetzlichere. Eine Variante schreibt meinem unseligen Vorfahr zu, daß er den Spanier in zwei Teile gehauen habe; und das paßte ebenfalls zu dem hübschen Bildchen. Eine andere schreibt unserer Familie liebenswürdigerweise den Besitz eines Turmes voller Schlangen zu und erklärt damit diese kleinen, sich windenden Dinger. Und eine dritte Theorie unterstellt, daß die gezackte Linie am Schiff einen stilisierten Blitz darstellen soll; aber schon das zeigt, wenn man es denn ernsthaft untersucht, auf wie kurzen Beinen diese unglücklichen Zufälligkeiten wirklich wandeln.«
    »Wieso, was meinen Sie?« fragte Fanshaw.
    »Zufälligerweise«, erwiderte der Gastgeber kühl, »steht fest, daß es bei keinem der zwei oder drei Schiffbrüche in meiner Familie, von denen ich weiß, Donner und Blitz gab.«
    »Oh!« sagte Father Brown und sprang von dem kleinen Tisch herunter.
    Es folgte ein Schweigen, in dem sie das endlose Murmeln des Flusses hörten; dann sagte Fanshaw in zweifelndem und vielleicht enttäuschtem Ton: »Dann glauben Sie also nicht an die Geschichten vom Turm in Flammen?«
    »Da sind natürlich diese Geschichten«, sagte der Admiral und zuckte mit den Schultern, »von denen einige, was ich gar nicht bestreiten will, sich auf so ehrbare Beweise stützen, wie man sie für solche Fragen nur bekommen kann. Irgend jemand sah hier in der Gegend einen Feuerschein, wissen Sie, als er durch den Wald nach Hause wanderte; irgend jemand, der landeinwärts auf der Hochebene seine Schafe hütete, glaubte, er habe eine Flamme über dem Turm der Pendragons schweben gesehen. Na ja, aber ein nasser Haufen Schlamm wie diese verdammte Insel ist nun wirklich der letzte Ort, an dem man einen Brand vermuten sollte.«
    »Was ist das für ein Feuer da drüben?« fragte Father Brown mit sanfter Plötzlichkeit, wobei er auf die Wälder am linken Flußufer zeigte. Das brachte sie alle etwas aus der Fassung, und der phantasiereichere Fanshaw hatte sogar einige Schwierigkeiten, seine zurückzugewinnen, als sie eine lange dünne Säule blauen Rauches lautlos ins ersterbende Abendlicht aufsteigen sahen.
    Dann brach Pendragon wieder in ein spöttisches Lachen aus. »Zigeuner!« sagte er. »Sie lagern da seit rund einer Woche. Meine Herren, Sie werden Hunger haben«, und er wandte sich um, um ins Haus zu gehen.
    Aber die abergläubische Lust des Liebhabers von Altertümlichem in Fanshaw bebte noch nach, und er sagte hastig: »Aber, Admiral, was ist das zischelnde Geräusch nahe der Insel? Das klingt sehr nach Feuer.«
    »Das klingt mehr nach dem, was es ist«, lachte der Admiral, als er voranschritt; »das ist nur ein vorbeifahrendes Kanu.«
    Noch während er sprach, erschien der Butler, ein hagerer Mann in Schwarz, mit sehr schwarzem Haar und einem sehr langen gelben Gesicht, in der Tür und verkündete, das Abendessen sei aufgetragen.
    Das Speisezimmer war so schiffsmäßig wie eine Kabine an Bord; aber die Ausstattung entsprach eher einem modernen als einem elisabethanischen Kapitän. Zwar hingen da tatsächlich drei altertümliche Entermesser wie Trophäen über dem Kamin, und eine vergilbte Weltkarte aus dem 16. Jahrhundert mit Tritonen und auf eine gekräuselte See hingetupften kleinen Schiffen. Aber die traten auf der weißen Täfelung weniger hervor als einige Kästen mit seltsam bunten südamerikanischen Vögeln, sehr fachmännisch ausgestopft, mit phantastischen

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